# taz.de -- Brandbrief an Verkehrsminister Wissing: Bezirke wollen den Verkehr regeln > Die zwölf VerkehrsstadträtInnen wollen potenzielle Gefahrenstellen > entschärfen dürfen – bevor es zu Unfällen kommt. Dafür braucht es eine > Rechtsreform. (IMG) Bild: Mehr Verkehrssicherheit für alle: Die Bezirke wollen unabhängiger werden BERLIN taz | Ob die zwölf Berliner VerkehrsstadträtInnen bald zum Kaffeetrinken in der Invalidenstraße erwartet werden? „Über eine Einladung würden wir uns sehr freuen!“, hat das Dutzend aus acht Grünen, drei CDUlerInnen und einer Linken an [1][Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)] geschrieben – als Schlussformel eines Briefs, der nur im Ton zu verbindlich ist, um als „Brandbrief“ bezeichnet zu werden. „Wir appellieren an Sie“, heißt es da, „dass Sie die Reform des Straßenverkehrsrechts zügig umsetzen“ – denn: „StVG und StVO passen nicht mehr in den vorsorgenden Ansatz, den moderne Verkehrspolitik selbstverständlich haben sollte“. Das Straßenverkehrsrecht behindere das Ziel, „Straßen sicherer zu machen, allen Verkehrsteilnehmenden ihren sicheren Raum zu geben“, gerade Kindern und Älteren. Die Bezirksämter stünden vor Ort in der Verantwortung, als Straßenbaulastträger müssten sie politische Beschlüsse konkret umsetzen. Die bundesrechtlichen Regelungen torpedierten das aber, denn: „An vielen Stellen dürfen wir erst aktiv werden, wenn detailliert nachgewiesen ist, dass an genau dieser Stelle bereits Unfälle passieren oder eine Gefahrenlage besteht.“ Das, so die LokalpolitikerInnen, sei angesichts des damit verbundenen personellen Aufwands ein bürokratisches Ungetüm und ein Anachronismus. Die Mobilitäts-Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Kristian Ronneburg und Niklas Schenker, unterstützen den Vorstoß: „Nur wenn die Kommunen genug Handlungsmöglichkeiten – personell, finanziell, rechtlich – haben“, könnten sie einen effektiven Beitrag zur Verkehrswende leisten. „Wie viele schwere Unfälle im Straßenverkehr müssen noch passieren, bis der Bundesgesetzgeber versteht, dass wir keine nachsorgende, sondern eine vorsorgende und vorausschauende Verkehrspolitik brauchen?“ ## Hoher Verwaltungsaufwand Worum es konkret geht, beschreibt Mittes Verkehrsstadträtin der taz anhand eines Beispiels: „Gemäß der StVO und den entsprechenden Verwaltungsvorschriften können wir keine Fußgängerüberwege in Tempo-30-Zonen anlegen“, so Almut Neumann (Grüne). Es gebe Ausnahmeregelungen, die man anwenden könne, etwa [2][weil eine Schule in der Nähe] liege. „Diese Hürden sind nicht unüberwindbar. Aber sie erzeugen viel unnötigen Verwaltungsaufwand.“ Man greife auch zu Mitteln, die von den Restriktionen der StVO nicht betroffen sind: „Im Nebenstraßennetz machen wir jetzt zum Beispiel möglichst viele Kreuzungen sicherer, indem wir dort Radabstellanlagen schaffen“, so Neumann. Das ist unkomplizierter, weil es keine Eingriffe in den fließenden Verkehr sind. Ihr Fazit: „Wir nutzen unsere Spielräume aus, aber wir wollen insgesamt schneller sein. Dafür brauchen wir die Reform.“ 7 Oct 2022 ## LINKS (DIR) [1] /Gesetz-fuer-Verkehrswende/!5861065 (DIR) [2] /Schulwegsicherheit-in-Berlin/!5879889 ## AUTOREN (DIR) Claudius Prößer ## TAGS (DIR) Volker Wissing (DIR) Fußverkehr (DIR) Verkehrssicherheit (DIR) Tempo 30 (DIR) Verkehrswende (DIR) Fahrrad (DIR) Bettina Jarasch ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Tempolimit auf der Frankfurter Allee: Tempo 30 nicht in Sicht Anwohner:innen wollen ein strengeres Geschwindigkeitslimit auf der Frankfurter Allee. Doch die Verkehrsverwaltung tut sich schwer mit Tempo 30. (DIR) Gesetz für Verkehrswende: Wissing soll liefern 14 Organisationen fordern eine StVO-Gesetzesreform, wie sie im Koalitionsvertrag steht. Kommunen sollen mehr Spielraum bekommen. (DIR) Unfälle von Radfahrern durch Fußgänger: Zusammenstoß an der Bordsteinkante In Hamburg starben zwei Radfahrer nach Kollision mit Fußgängern. Nun gibt es eine Debatte über Verkehrsplanung und zeitgemäße Fuß- und Radwege. (DIR) Aus für Fahrradspur auf Friedrichstraße: Flaniermeile bald mit Konzept Die Mobilitätsverwaltung hat ein Einsehen: Zügiges Radfahren passt nicht zum Konzept der autofreien Friedrichstraße.