# taz.de -- Koalitionsoptionen der Grünen: Jamaika ist keine Reise wert > Eine Jamaika-Koalition mag kurzfristig verlockend scheinen. Für eine > ökologische Erneuerung ist sie aber sicher nicht die richtige Paarung. (IMG) Bild: Natürlich müssen die Grünen jetzt machttaktisch agieren Es gibt eine ganze Kaskade verlockender Argumente für [1][Jamaika], bei den Grünen werden sie von der Spitze weg eifrig erzählt: Olaf Scholz muss um die FDP werben, warum sollte nicht ein waidwunder Armin Laschet um die Grünen buhlen dürfen? Im Koalitionsvertrag könne deshalb mehr ausgehandelt werden als in einer Ampel, ein Tempolimit, eine grüne Bundestagspräsidentin, Herzensministerien. Will Robert Habeck nicht Finanzminister werden? Bei Jamaika könne der Armin zu dem Christian ([2][Lindner]) sagen, rück mal zur Seite, der Robert muss es werden. All diese reizenden Phantasien der grünen Königsmacher:innen, die nun aussuchen dürfen, wer unter ihnen Kanzler wird, haben nur einen Schönheitsfehler: sie führen politisch und moralisch in die Irre. Der ökologische Umbau des Landes mit Jahrhundertfragen, wie wir heizen, essen, produzieren und uns fortbewegen, ist eine Generationenaufgabe, keine, der man mit kurzfristigem Machtpoker gerecht wird. Und ein Koalitionsvertrag ist bekanntermaßen geduldig. Nur: Die Union führt mit Laschet ein Politiker an, der am Tag nach der Wahl das Klima als Herzensthema bloß peinlich inszeniert. Mit Lindner steht der FDP ein Mann vor, der nicht nur Politik für die Wohlhabenden macht, sondern sich auch als Türsteher einer Austerität begreift, mit der der Umbau nicht zu finanzieren ist. Kurzum: selbst, wenn die Grünen sich teuer verkauften und ein paar Schlüsselministerien erpressten – wie soll mit diesem Bündnis ein Aufbruch gelingen, der doch eher noch radikaler als gedacht erfolgen muss? Und vor allem: wo bliebe die Sozialpolitik? Die Klimafrage ist auch eine Klassenfrage. Den ökologischen Umbau muss man sich leisten können, in Bochum und Görlitz ebenso wie in Schwabing und Prenzlauer Berg. Schon im Wahlkampf war es ein schmerzhafter Fehler der Grünen, die soziale Spaltung des Landes zwar pflichtschuldig, nicht aber emotional zu adressieren. Da konnte [3][Annalena Baerbock] 99 Mal von Kindergrundsicherung und der alleinerziehenden Mutter sprechen. Die Grünen haben's nicht gespürt und das hat man gespürt. ## Grüne Tempomacherin gesucht Olaf Scholz hingegen kann man viel vorwerfen, emotionale Abstinenz ebenso, wie kommunikativen Autismus, aber er hat immerhin verstanden, dass es das eine (Klimapolitik) nur mit dem anderen (sozialer Gerechtigkeit) geben kann – und umgekehrt. Trotzdem bräuchte auch Scholz jetzt dringend eine grüne Tempomacherin. Natürlich müssen die Grünen jetzt machttaktisch agieren, Jamaika auszuschließen wäre naiv. Aber mindestens ebenso sehr müssen sie den Blick in die Zukunft richten. Es geht um nachhaltige Erfolge beim Bauen eines anderen, neuen, klimaneutralen Landes. Die nächste Regierung muss dabei möglichst viele Menschen mitnehmen. Ein Bündnis der Besserverdienenden aus Union, FDP und Grünen ist dafür ganz sicher nicht die richtige Paarung. 27 Sep 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Aktuelle-Nachrichten-zur-Bundestagswahl/!5803740 (DIR) [2] /FDP-bei-der-Bundestagswahl/!5803241 (DIR) [3] /Wahlergebnis-der-Gruenen/!5803103 ## AUTOREN (DIR) Barbara Junge ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Annalena Baerbock (DIR) Christian Lindner (DIR) Jamaika-Koalition (DIR) GNS (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) CDU/CSU (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) FDP (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Polen (DIR) CSU (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Grün-gelbe Sondierungen nach der Wahl: Innenminister Robert Habeck? Für den Fall, dass Christian Lindner in einer Ampel aufs Finanzministerium besteht, liebäugelt Robert Habeck mit dem Innenministerium. Ein grüner Tabubruch. (DIR) Machtkampf in der Union: Laschet wird zur Last Kanzlerkandidat Armin Laschet verliert auch im Streit um den Fraktionsvorsitz. Doch noch immer hofft er, eine Jamaika-Koalition anzuführen. (DIR) Machtfrage bei den Grünen: Habeck will's wissen Eigentlich tun die Grünen-ChefInnen Robert Habeck und Annalena Baerbock gern so, als stünden sie über Machtfragen. Diese Erzählung implodierte. (DIR) Gespräche zwischen FDP und Grünen: Gelb trifft Grün Grüne und FDP möchten sich zu Vorsondierungen treffen. Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Und bei welchen Themen knirscht es? Ein Überblick. (DIR) FDP-Erfolg bei Erstwähler:innen: Eine Sache für Profis Weil viele Erstwähler:innen für die FDP stimmten, müssen sie Spott ertragen und werden von rechts beklatscht. Beides ist falsch. (DIR) Versagen von Union und Grünen: Schwarze Republik am Ende Schwarz und Grün hätten es unter sich ausmachen können. Weil beide versagt haben, müssen sie nun mit Olaf Scholz um ein gepflegtes Weiter-so verhandeln. (DIR) Aktuelle Nachrichten zur Bundestagswahl: Laschet wankt weiter Dem CDU-Chef droht die Entmachtung, doch immerhin der Streit um den Fraktionsvorsitz scheint abgewendet. CSU-Chef Söder hatte zuvor Scholz zum Wahlsieg gratuliert. (DIR) Polens Reaktion auf Bundestagswahl: Skepsis im Nachbarland Die Bundestagswahl wird in Polen mit Spannung verfolgt. Die SPD gilt als „Russlandversteher“, ihr Wahlsieg besorgt deshalb viele. (DIR) CSU nach der Wahl: Auftrag? Angebot! Die CSU will im Bund weiter mitregieren. Doch am Tag nach der historischen Wahlniederlage klingt Parteichef Markus Söder nicht mehr ganz so forsch. (DIR) Aktuelle Nachrichten zur Bundestagswahl: „Da treffen Welten aufeinander“ Lindner kündigt „Vorsondierungen“ mit den Grünen an. Laut Habeck werden die nicht einfach: In der Sozial- und Wirtschaftspolitik lägen beide Parteien weit auseinander.