# taz.de -- Prozess gegen Gruppe Knockout51: Rechte Landnahme vor Gericht
       
       > Vor Gericht präsentierten sich Angeklagte der rechten Gruppe Knockout51
       > offensiv. Eisenachs Bürgermeisterin spricht von „unglücklichem Bild“
       
 (IMG) Bild: Prozessbeginn gegen die Eisenacher Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout 51“ am 21.08.2023 in Jena
       
       JENA taz | Es dauert am Montag nicht lange, da brechen die Neonazis im
       Publikum in Jubel aus. Im Prozess gegen die rechtsextreme Schlägertruppe
       Knockout 51 hatte Steffen Hammer, Verteidiger des Hauptangeklagten Leon R.,
       zuvor gegen die Anklage ausgeholt. Die Bundesanwaltschaft veranstalte
       „juristisches Harakiri“, polterte er. Die Vorwürfe gegen die Angeklagten
       seien überzogen, die Ankläger folgten damit dem „massiven Druck der
       Öffentlichkeit“ nach einem Kampf gegen rechts, behauptet Hammer. Seine
       Forderung: Das Verfahren müsse „umgehend“ eingestellt werden.
       
       Es ist bezeichnend für diesen Prozess. Seit einer Woche läuft der Prozess
       gegen den Neonazi Leon R. und drei Gesinnungskameraden vor dem
       Oberlandesgericht Thüringen in Jena. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die
       Bildung einer kriminellen Vereinigung vor, Leon R. sei der Rädelsführer
       gewesen.
       
       In Eisenach bildeten sie [1][die rechtsextreme Kampfsporttruppe Knockout
       51,] trainierten dort in der NPD-Zentrale, wollten einen „Nazi-Kiez“
       errichten. Immer wieder sollen sie Linke, Polizisten oder ihnen anderweitig
       Unbequeme verprügelt haben, bis zur Bewusstlosigkeit. Etliche Opfer
       erlitten Knochenbrüche im Gesicht. Am Ende soll die Gruppe laut Anklage
       gezielt Auseinandersetzungen mit Linken gesucht haben, um diese zu töten.
       
       ## Einst Zeuge bei Lina E.
       
       Vor Gericht geben sich die Angeklagten und ihre Unterstützer unbeeindruckt.
       Selbstbewusst sitzen Leon R. und die anderen drei am Montag im Saal, grüßen
       ihre Szenefreunde im Publikum. Knockout 51 war bundesweit gut vernetzt. Die
       Rechtsextremen belegen die allermeisten der wenigen Plätze im Saal – der
       Protest der Linken bleibt erfolglos.
       
       Und die Rechtsextremen bekommen ihr Programm. Verteidiger Steffen Hammer –
       einst Sänger der Rechtsrockband Noie Wert – behauptet, [2][gegen Leon R].
       werde ein unfaires Verfahren geführt. Er begründet dies vor allem mit einem
       anderen Verfahren – dem [3][gegen Autonome um die Leipzigerin Lina E.]
       
       Vor anderthalb Jahren war Leon R. dort noch als Zeuge aufgetreten, weil
       Vermummte 2019 zweimal versucht hatten, ihn in Eisenach anzugreifen. Obwohl
       damals schon Ermittlungen gegen Leon R. liefen, musste er als Zeuge im
       Prozess gegen Lina E. aussagen, auch über Knockout 51, kritisiert Hammer.
       Man habe ihn „ins offene Messer laufen“ lassen. Das verletze die Rechte des
       25-Jährigen, das jetzige Verfahren gehöre eingestellt.
       
       Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus von der Bundesanwaltschaft widerspricht
       deutlich: Die Angaben von Leon R. aus dem Lina-E.-Prozess hätten überhaupt
       keinen Eingang in das hiesige Verfahren gefunden. Tatsächlich hatte Leon R.
       dort Knockout 51 nur als Sportprojekt abgetan.
       
       Auch Richter Martin Giebel äußert Zweifel an dem Antrag, will darüber bis
       zum nächsten Verhandlungstag Mitte September entscheiden. Dann sollen auch
       erste Zeugen geladen werden – von denen es reichlich gibt. Allein zehn
       Gewalttaten der Gruppe listet die Anklage für die Region Eisenach. Weitere
       Angriffe erfolgten auf Coronademos in Berlin, Leipzig oder Kassel.
       Angesetzt sind bereits Prozesstermine bis Ende März 2024.
       
       Dass die Rechtsextremen den Prozess bisher so offensiv dominieren können,
       kritisiert die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss, die es am
       Montag in den Saal schafft. Es sei „unfassbar“, dass die Justizbediensteten
       die Rechtsextremen im Gericht so haben gewähren lassen. „Unabhängige Justiz
       habe ich heute nicht erlebt. Für die rechtsextreme Szene war das ein
       Erfolgserlebnis.“
       
       Auch Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Linke, die ebenfalls
       anwesend ist, spricht von einem „unglücklichen Bild“. Sie wolle mit ihrem
       Prozessbesuch zeigen, dass die Stadt „nicht wegschaut“, sagt sie der taz.
       Die rechtsextremen Aktivitäten seien eine „Katastrophe“ für Eisenach, so
       Wolf. Auch deshalb sei entscheidend, welches Signal der Prozess gegen
       Knockout 51 am Ende aussende.
       
       28 Aug 2023
       
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