# taz.de -- Rasen sprengen verboten: Der Sommer wird trocken
       
       > In Norddeutschland sind die Böden trocken, die Waldbrandgefahr steigt.
       > Ein Experte erklärt, warum ein trockener Sommer allein kein Problem ist.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Acker zeigt sich die Trockenheit: Hier sind die obersten Bodenschichten schon staubtrocken
       
       HAMBURG taz | Zurzeit ist es [1][warm und trocken] – und das hat bereits
       Konsequenzen: In Mecklenburg-Vorpommern brennt der Wald, im Landkreis
       Ludwigslust-Parchim. Ein Dorf wurde sogar evakuiert. Am Mittwoch konnten
       die Bewohner*innen von Volzrade aber in ihre Häuser zurückkehren, die
       Flammen breiten sich nicht weiter aus.
       
       In Niedersachsen warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Kreisen wie
       Celle, Uelzen und Nienburg vor hoher bis sehr hoher Waldbrandgefahr. Wegen
       der anhaltenden Trockenheit heißt es in Nienburg zudem fortan bis Ende
       September: Wenn das Thermometer die 24-Grad-Marke erreicht, dürfen
       Bewohner*innen Grünflächen wie Gärten, Parks sowie land- und
       forstwirtschaftliche Flächen zwischen 11 Uhr und 19 Uhr nicht mehr aus der
       öffentlichen Wasserversorgung und hauseigenen Brunnen beregnen.
       
       Das teilte die Verwaltung mit. Niedrige Grundwasserstände sind Schuld:
       Diese seien bereits an vielen Messpunkten noch niedriger als die
       historischen Tiefstände aus dem sehr trockenen Jahr 2018. Der Regen im
       vergangenen Winter und Frühjahr habe nicht ausgereicht.
       
       Im Landkreis Harburg gilt bereits seit mehr als 30 Jahren die Regel: Bei
       über 25 Grad ist die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen und
       Sportplätze zwischen 12 Uhr und 17 Uhr nicht erlaubt.
       
       ## Wetter soll sich so schnell nicht ändern
       
       Mit seinem Problem ist der Kreis Nienburg nicht allein in Niedersachsen:
       Auch im Landkreis Lüneburg werden Einschränkungen bei der Wassernutzung
       geplant, wie eine Sprecherin der Deutschen Presseagentur mitteilte.
       Genauere Details sind bisher nicht bekannt. Die Mehrheit der
       niedersächsischen Landkreise und Städte hat bisher noch keine Maßnahmen
       ergriffen.
       
       Aber was, wenn es weiterhin so trocken bleibt? Größere Niederschläge
       blieben seit Wochen aus. Das Wetter soll sich laut Vorhersage des DWD auch
       in der laufenden Woche im Norden erst einmal nicht ändern.
       
       In Schleswig-Holstein sieht der Verband der Energie- und Wasserwirtschaft
       für den gesamten Sommer trotzdem keinen Grund zur Sorge. Der Verband
       vertritt die Interessen von rund 50 kommunalen Stadt- und Gemeindewerken
       sowie Versorgungsunternehmen. Die Trinkwasserversorgung bleibe für private
       Haushalte und Unternehmen stabil und sicher, heißt es in einer Mitteilung
       des Verbandes. Begründet wird das damit, dass man das Wasser aus sehr
       tiefen Brunnen fördere.
       
       Während in Nienburg mit Verboten gearbeitet wird, um Wasser zu sparen,
       setzt man in Hamburg offenbar auf Freiwilligkeit. So haben am vergangenen
       Freitag die Umweltbehörde und der Trinkwasserversorger Hamburg Wasser die
       [2][Kampagne „Wertvoll – unser Trinkwasser]“ gestartet.
       Verbraucher*innen sollen für ihren Wasserverbrauch sensibilisiert
       werden. Zum Beispiel mit dem sehr naheliegenden Tipp: kürzer zu duschen.
       
       Kann es in der Hansestadt zu ähnlichen Tiefständen und Beschränkungen wie
       in Nienburg kommen? „Aktuell gehen wir zwar nicht davon aus, dass die
       Wassernutzung in Hamburg behördlich eingeschränkt wird, wir können das aber
       auch nicht ausschließen“, teilt ein Sprecher von Hamburg Wasser mit.
       
       ## Wasserbedarf steigt, wenn es heiß ist
       
       In Bremen bleibt man ebenfalls eher unkonkret: Eine Sprecherin des
       Versorgungsdienstleisters SWB AG, der Bremen und Bremerhaven versorgt,
       sagt: „Eine mehrere Wochen andauernde Warmwetterperiode in Kombination mit
       ausbleibenden Niederschlägen löst schon einen erhöhten Verbrauch in
       Haushalten und Betrieben aus.“ Solange aber vernünftig und sinnvoll mit
       Trinkwasser umgegangen werde, seien keine problematischen Situationen
       erkennbar.
       
       Das Problem mit der Hitze: Der Wasserbedarf der Bevölkerung steigt an
       heißen Tagen tendenziell. So berichtet der Wasserverband Garbsen-Neustadt
       bei Hannover, dass derzeit rund 30 Prozent mehr verbraucht werde als an
       einem durchschnittlichen Sommertag. Gleichzeitig sinken die
       Grundwasserstände.
       
       Ein Blick auf den [3][Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum] für
       Umweltforschung zeigt: Bereits seit Anfang Juni herrscht in
       Norddeutschlands tieferen Bodenschichten schwere, extreme und in Teilen von
       Niedersachsen sogar außergewöhnliche Dürre.
       
       Dabei war der Zeitraum von Dezember bis April sehr nass. Andreas Marx,
       Klimaforscher und Leiter des Dürremonitors, erklärt: „Im tieferen Boden ist
       teilweise trotzdem zu wenig Wasser angekommen. Deswegen haben sich
       Grundwasserstände nicht richtig erholen können.“ Es sei nicht das erste
       Jahr, die Lage sei in Regionen wie die rund um Hannover seit 2018 so.
       
       ## Böden haben immer weniger Zeit zum Auffüllen
       
       Marx hält die Grundwasserversorgung in Deutschland trotzdem für nicht
       gefährdet und erwartet auch für die Landwirtschaft keinen außergewöhnlichen
       Dürresommer. Viele Jahre mit heißen Sommern würden aber irgendwann dazu
       führen, dass Böden weniger Zeit bleibe, sich im Winter mit genügend Wasser
       aufzufüllen – und es komme eben immer öfter zu längeren Hitzeperioden wie
       in den Jahren 2018, 2019 und 2022.
       
       „In Zukunft, wenn die Sommer noch wärmer und heißer werden, wird es
       regelmäßig so sein, dass die Böden im Sommer stärker austrocknen, als sie
       das in der Vergangenheit getan haben“, sagt Marx. Es werde eine
       Herausforderung sein, das Winterwasser in den Sommer zu bringen.
       
       An heißen Tagen den Garten seltener bewässern – das ist die eine Sache.
       Doch was ist mit den Menschen, die keinen Garten, keine kühle Wohnung,
       keinen ständigen Zugang zu Wasser haben? Besonders gefährdet sind
       wohnungslose Menschen.
       
       Was tut Hamburg dafür, diese besser zu schützen und mit Wasser zu
       versorgen? Einen fertigen Hitzeaktionsplan, der Maßnahmen für die
       Bevölkerung vorsieht, ist frühestens für Mitte 2024 geplant, verkündet die
       Hamburger Sozialbehörde. Man verlässt sich auf öffentliche Wasserspender –
       Hamburg Wasser betreibt aktuell fünf – und Hilfseinrichtungen sowie
       Ehrenamtliche.
       
       15 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Drohungen-gegen-Meteorologinnen/!5937563
 (DIR) [2] https://www.hamburg.de/wassersparen/17172822/wertvoll-unser-trinkwasser/
 (DIR) [3] https://www.ufz.de/index.php?de=37937
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Emily Kietsch
       
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