# taz.de -- Rechtsaußen-Fraktion im EU-Parlament: Rufe nach der Brandmauer
       
       > Die Rechtsaußen-Fraktion „Patrioten in Europa“ fordert im Europaparlament
       > Posten, mehr Geld und Redezeit. Grüne und S&D wollen die Rechten
       > isolieren.
       
 (IMG) Bild: Geleitet wird die Fraktion „Patrioten für Europa“ von Jordan Bardella vom RN aus Frankreich
       
       BRÜSSEL taz | Unruhe im Europaparlament: Eine Woche vor der
       konstituierenden Sitzung in Straßburg hat sich eine große
       Rechtsaußen-Fraktion [1][der „Patrioten für Europa“] formiert.
       Sozialdemokraten und Grüne fürchten, dass sie das im Juni neu gewählte
       Parlament aufmischen und wichtige EU-Gesetze blockieren könnten – und rufen
       nach einer Brandmauer.
       
       Die neue Fraktion geht auf eine Initiative des ungarischen Rechtspopulisten
       Viktor Orbán zurück. Geleitet wird sie von Jordan Bardella vom
       rechtsextremen Rassemblement National, der auch als neuer Premier in Paris
       im Gespräch war. Sie verfügt nach eigenen Angaben über 84 Abgeordnete aus
       12 EU-Ländern. Damit dürften die „Patrioten“ aus dem Stand drittstärkste
       Kraft im EU-Parlament werden, hinter der konservativen EVP und der
       sozialdemokratischen S&D. Die bisher drittplatzierte liberale „Renew“ fällt
       auf den fünften Platz zurück. Davor liegen noch die „Europäischen
       Konservativen und Reformer“ (EKR), eine weitere rechte Gruppe.
       
       Umstritten ist, was das neue Ranking [2][für die Machtverteilung bedeutet.]
       Die Rechten fordern wichtige Ausschussposten, mehr Redezeit und mehr Geld.
       Doch die drei großen proeuropäischen Fraktionen wollen ihre Macht nicht
       teilen. Inoffiziell haben sie die wichtigsten Parlamentsposten bereits
       unter sich aufgeteilt. Sozialdemokraten und Grüne gehen noch weiter: Sie
       wollen die Rechten nicht nur ausbremsen, sondern isolieren.
       
       „Diese abenteuerliche rechtsextreme Sammelbewegung darf keine
       Ausschussvorsitze bekommen, weil ihr einziges Ziel ist, Europa zu
       blockieren“, sagte Terry Reintke, Co-Fraktionschefin der Grünen. „Die
       Brandmauer nach rechts muss standhaft sein“, forderte die SPD-Politikerin
       Katarina Barley, die bisher Vizepräsidentin des Parlaments war. Man müsse
       sicherstellen, dass niemand mit den Rechten zusammenarbeite. „Dadurch
       werden die Möglichkeiten der neuen Rechten begrenzt, konstruktive Politik
       zu sabotieren“.
       
       ## Meloni macht Dampf
       
       Bisher gab es nur einen sogenannten Cordon sanitaire, eine eher
       unverbindliche Abgrenzung. Sie hat die konservative EVP, der auch
       [3][EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU)] angehört, nicht
       daran gehindert, gemeinsam mit Rechtsaußen-Politikern gegen missliebige
       Umwelt- und Klimagesetze zu stimmen.
       
       Bei der Europawahl sind die Rechten noch stärker geworden als in der
       letzten Legislaturperiode. Die Staats- und Regierungschefs haben das
       ignoriert und die EU-Spitzenposten vor zwei Wochen unter sich aufgeteilt.
       Umso größer wird nun der Druck im Parlament, die rechten Abgeordneten
       mitreden zu lassen.
       
       [4][Dampf machen will vor allem Italiens postfaschistische Regierungschefin
       Giorgia Meloni], die über ihre Partei Fratelli d’Italia die EKR-Fraktion
       steuert – und Frankreichs Nationalistenführerin Marine Le Pen. Nach der
       Niederlage bei der Parlamentswahl in Paris gewinnt sie in Brüssel an
       Einfluss über ihren „Ziehsohn“ Bardella. Dieser brüstet sich damit, die
       Abgeordneten seines Rassemblement National seien nun Teil „einer großen
       Fraktion, die das Kräfteverhältnis in Europa beeinflussen wird“.
       
       Bei den „Patrioten“ stellt seine Partei mit 30 Abgeordneten die größte
       Gruppe. Ungarns Fidesz-Partei kommt auf 10, die österreichische FPÖ auf 6
       Abgeordnete. Weiter außen vor ist dagegen die AfD. AfD-Chefin Alice Weidel
       hatte einen Beitritt zu Bardellas und Orbáns neuer Fraktion zunächst
       ausgeschlossen. „Wir sind in Freundschaft verbunden“ erklärte sie. Doch
       außenpolitisch und „außenwirtschaftlich“ liege man nicht auf einer Linie.
       Vor allem die Ukraine- und China-Politik sorgt für Streit unter den
       Nationalisten.
       
       9 Jul 2024
       
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