# taz.de -- Regierung vereinbart Lieferkettengesetz: Menschenrechte achten
       
       > Die Bundesregierung will deutsche Unternehmen dazu verpflichten,
       > Menschenrechte bei Lieferanten im Ausland durchzusetzen. Verbände können
       > klagen.
       
 (IMG) Bild: Das Lieferkettengesetz soll Kinderarbeit und Hungerlöhne bei ausländischen Zulieferern eindämmen
       
       BERLIN taz | Erstmals werden deutschen Unternehmen strikte gesetzliche
       Pflichten für die weltweite [1][Einhaltung der Menschenrechte] auferlegt.
       Dass sie sich auf den Entwurf für das Lieferkettengesetz geeinigt haben,
       gaben Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Arbeitsminister Hubertus Heil
       (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag bekannt.
       
       Das Lieferketten- oder auch Sorgfaltspflichtengesetz [2][beschäftigt die
       Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD seit Jahren.] Es geht darum, dass
       in Deutschland sitzende, produzierende und verkaufende Unternehmen mehr
       Verantwortung für die Zustände in ihren ausländischen Zulieferfabriken
       übernehmen sollen. Dort sind die sozialen und ökologischen Bedingungen oft
       schlecht.
       
       „Das ist das bislang stärkste Gesetz in der Europäischen Union“, sagte
       Heil. „Die Menschenrechte werden weltweit besser geschützt“, so Altmaier,
       „aber die deutsche Wirtschaft soll nicht schlechter dastehen.“ Deshalb soll
       das Gesetz zwar Anfang 2022 in Kraft treten, aber erst ab 1. Januar 2023
       von zunächst rund 600 Unternehmen mit mehr als 3.000 inländischen
       Beschäftigten umgesetzt werden. Von Anfang 2024 an gilt es auch für
       Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen. Das betrifft etwa 2.900
       Firmen. „Der Mittelstand fällt also nicht darunter“, sagte Altmaier.
       
       Laut Heil müssen hiesige Unternehmen künftig ihre Lieferkette untersuchen
       und dies in Risikoberichten dokumentieren. Dabei gibt es jedoch
       Abstufungen. Die höchsten Standards gelten im eigenen Betrieb. Dann folgen
       etwas abgeschwächt die direkten Zulieferer. Um die Zustände bei deren
       Vorlieferanten müssen sich die hiesigen Firmen nur kümmern, wenn es einen
       Anlass zur Sorge gibt.
       
       ## Bei Verstößen drohen Bußgelder
       
       Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn bei
       Frankfurt/Main, eine nachgeordnete Behörde des Wirtschaftsministeriums,
       wird die Dokumente der Firmen überprüfen und bei Bedarf Kontrollen im In-
       und Ausland durchführen. Halten Unternehmen die Regeln nicht ein, drohen
       ihnen „Zwangs- und Bußgelder“, so Müller. Bei deutlichen Verstößen können
       Betriebe zur Strafe sogar für drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen
       in Deutschland ausgeschlossen werden.
       
       Während Müller und Heil den Arbeiter:innen der Zulieferfabriken
       ursprünglich den Gang zu deutschen Gerichten erleichtern wollten, hat
       Altmaier das verhindert. Eine verschärfte zivilrechtliche Haftung gibt es
       im Gesetzentwurf nicht. Allerdings sollen Gewerkschaften, Bürgerrechts- und
       Entwicklungsorganisationen künftig die Möglichkeit bekommen, im Namen von
       ausländischen Geschädigten vor hiesigen Gerichten zu klagen. Diese Drohung
       dürfte Firmen anspornen, das Gesetz einzuhalten.
       
       12 Feb 2021
       
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