# taz.de -- Regierungsberater fordern Klimalabel: Parmesan schlecht, Blumenkohl gut
       
       > Regierungsberater empfehlen, Nahrungsmittel nach ihrem
       > Treibhausgas-Ausstoß zu kennzeichnen. Das stößt auf Kritik – auch von der
       > Biobranche.
       
 (IMG) Bild: Die Herstellung von Parmesankäse verbraucht viel klimaschädliche Milch
       
       BERLIN taz | Berater des Bundesagrarministeriums fordern ein Klimalabel für
       Lebensmittel. Auf der Packung sollte die Höhe des Treibhausgasausstoßes
       künftig anhand eines Farbcodes gekennzeichnet werden, schreibt der
       Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen
       Verbraucherschutz in seinem jüngsten [1][Gutachten]. Parmesan etwa könnte
       dann auf einer Farbskala dunkelrot und mit der Aufschrift „sehr hoch“
       markiert werden, weil für diesen Hartkäse besonders viel klimaschädliche
       Milch nötig ist, wie [2][Musterbeispiele] des an dem Gutachten beteiligten
       Agrarmarketingprofessors Achim Spiller zeigen. Blumenkohl dagegen könnte
       dunkelgrün gekennzeichnet werden.
       
       Die Ernährung verursacht den Wissenschaftlern zufolge etwa 25 Prozent der
       Klimagasemissionen in Deutschland. Diese müssten gesenkt werden, wenn
       Deutschland seine Klimaziele erreichen will. Besonders viel Treibhausgas
       wird für tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milchprodukte ausgestoßen.
       
       Vor allem um den Konsum dieser Warengruppen zu senken, empfehlen die
       Wissenschaftler die „Einführung eines verpflichtenden Klimalabels für alle
       Lebensmittel“. „Es geht darum, dass Konsument*innen ihre Konsummuster
       verändern können, indem sie verschiedene Produktkategorien miteinander
       vergleichen“, erklären die Forscher. Studien zeigten, dass Verbraucher
       derzeit die Klimawirkung von Lebensmitteln unterschätzten.
       
       Zunächst sollten die verschiedenen Nahrungsmittel „mit Durchschnittswerten
       aus den vorliegenden Datenbanken gekennzeichnet werden“. Später könnten
       Unternehmen dann die Mengen speziell für ihre Produkte ermitteln und
       auszeichnen. Klimafreundliche Firmen und Waren hätten dann einen
       Wettbewerbsvorteil.
       
       „Ein Klimalabel wird auch aus EU-rechtlichen Gründen zunächst nur auf
       freiwilliger Basis umsetzbar sein“, schreiben die Autoren. Möglich sei aber
       ein verpflichtendes Siegel auf EU-Ebene. Dieses solle die Bundesregierung
       im Bündnis mit anderen Mitgliedstaaten durchsetzen.
       
       Die Regeln für das Klimalabel müsste dem Vorschlag zufolge der Bund
       festlegen. Doch Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) ließ am Montag der taz
       mitteilen: „Wir halten eine solche Verengung auf das allein durch die
       Herstellung emittierte CO2e (CO2 und äquivalente Treibhausgase) als
       Nachhaltigkeitskennzeichnung für nicht zielführend.“ Dann würde zum
       Beispiel die Grundwasserbelastung unter den Tisch fallen. Der
       Energieaufwand etwa für Äpfel könne „zwischen großen und kleinen Betrieben
       um den Faktor 2 bis 3 unterschiedlich sein.“ Bodensee-Obst beispielsweise
       könne wenig oder weit transportiert werden bis zum Kunden. „Die in
       Deutschland erzeugten Äpfel werden bis ins späte Frühjahr hinein gelagert
       und dabei gekühlt. Der CO2-Fußabdruck steigt damit von Monat zu Monat.
       Entsprechend müsste man eine Kennzeichnung dynamisch anpassen – das ist
       kaum leistbar.“ Das Ministerium prüfe deshalb nur, ob die Klimabilanz in
       eine umfassendere „Nachhaltigkeitskennzeichnung“ aufgenommen werden kann.
       
       Kritik kommt auch vom Deutschen Bauernverband. „Wenn der Vorschlag für den
       Klimaschutz ernst gemeint ist, wäre eine Kennzeichnungspflicht für alle
       Produkte und Dienstleistungen zu diskutieren. Ein Flug nach Mallorca und
       zurück wirkt sich zum Beispiel stärker aus als eine fleischlose Ernährung
       für ein ganzes Jahr“, teilte die Organisation mit.
       
       Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft erklärte, angesichts der
       Klimakrise „ist eine Politik gefragt, die mutig umbaut und nicht mit einer
       Flut von Labeln die Verantwortung auf die Verbraucherinnen und Verbraucher
       abwälzt“. Den Gutachtern zufolge „bietet der Ökolandbau aufgrund der
       niedrigen Erträge produktbezogen hinsichtlich der Klimawirkungen keine
       systematischen Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft“.
       
       24 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.pdf
 (DIR) [2] https://agrardebatten.blog/2020/07/07/klimalabel-auf-lebensmitteln/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Lebensmittel
 (DIR) klimataz
 (DIR) IG
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Sehnsucht Sommer
 (DIR) Vegetarismus
 (DIR) Vegetarismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Was Lebensmittel kosten müssten: Der wahre Preis der Wurst
       
       Wissenschaftler haben kalkuliert, was Lebensmittel kosten würden, wenn man
       Umweltschäden einpreist. Rewe will das in einem Markt testweise angeben.
       
 (DIR) Konsumkritik und CO₂-Kompensation: Nicht gut, aber ein Anfang
       
       CO₂ zu kompensieren ist besser als nichts und beruhigt das Gewissen. Aber
       warum nur beim Fliegen? Es könnte Vorbild für andere Ökosünden sein.
       
 (DIR) Debatte um CO2-Preis für Tierprodukte: Der echte Preis des Bratens
       
       Sechs Jahre nach der Veggieday-Diskussion tun die Grünen es wieder: Sie
       wollen Fleisch und tierische Produkte nach CO2-Verbrauch bepreisen.
       
 (DIR) CO2-Steuer auf Fleisch: Es geht um die Wurst
       
       Die Grünen wollen, dass für Lebensmittel ein vom Treibhausgasausstoß
       abhängiger Zuschlag erhoben wird. Eine Wende nach dem Veggieday-Flop.