# taz.de -- Schreiben in Krisenzeiten: Überall brennt's, ich bin im Büro
       
       > Rechtsextreme Netzwerke, ein zerstörter Planet, die Welt in der
       > Dauerkrise. Unsere Autorin fragt sich: Was ist der richtige Weg darüber
       > zu schreiben?
       
 (IMG) Bild: Ausgebrannt: Die Krisen dieser Welt überfordern
       
       OK. Hier sind wir also schon wieder: Alle zwei Wochen [1][erscheint diese
       Kolumne], und jedes Mal, wenn ich mich äußern darf, dominiert ein weiterer
       Auswuchs von Menschenverachtung den Diskurs. Dann sitze ich hier mit meinen
       3.000 Zeichen Platz – und nichts passt da rein.
       
       Wahrscheinlich macht es nicht mal Sinn, hier auszusprechen, was genau nun
       der Anlass für diesen Einsteig ist: Wer weiß, welche Gewalttaten noch
       verübt werden, bis diese Zeitung durch den Druck ist oder mit welchen
       faschistischen Netzwerken wir uns beschäftigen, wenn die
       [2][Online-Redaktion] aus der Frühstückspause ist. Oder der Planet ist
       verbrannt. Wer weiß.
       
       Es ist nicht so, dass ich denke, dass wir nichts zu besprechen hätten –
       ganz im Gegenteil. Ich weiß nur nicht, wie uns eine Kolumne dabei helfen
       kann. Ich selbst lese immer weniger Meinungsbeiträge. Mir ist nach
       Reportagen und Analysen und nach politischer Philosophie.
       
       Der Planet brennt und ich sitze in einem Büro. Die Themen dieser Tage
       passen selten in eine Spalte und sie passen eindeutig nicht auf eine
       [3][Instagram]-Kachel. Verkürzungen und Zuspitzungen führen zu noch mehr
       Polarisierung und Spaltung. Ich kann das nicht mehr sehen und ich will kein
       Teil davon sein.
       
       ## Mehr Fragen als Antworten
       
       Ich will gerade weder provokant noch witzig sein. Ich habe mehr Fragen als
       Antworten. Am liebsten würde ich mich mit einem Stapel Bücher zurückziehen.
       Lesen, nachdenken, mich mit Genoss*innen austauschen, die gerade
       ebenfalls auf der Suche nach Orientierung sind. Mir ist klar, dass das
       Eskapismus ist. Und dafür haben wir keine Zeit. Wenn „nie wieder“ jetzt
       ist, dann ist jetzt Zeit zu handeln und nicht zum Lesen.
       
       Ich halte es auch nicht für das richtige politische Klima, um
       Zeitungsspalten mit Befindlichkeiten zu füllen. Und doch nimmt persönliche
       Überforderung, Angst, Wut, Müdigkeit einen großen Platz in mir ein. Diese
       Überforderung und all die Gefühle sind politisch, denn sie sind ganz klar
       keine Hormonsache oder etwas, das sich therapieren lässt, sondern den
       äußeren Umständen geschuldet.
       
       In dieser Stadt der Zugezogenen, in einem interkulturellen und
       internationalen Kulturbetrieb tätig zu sein bedeutet, dass die Krisen
       dieser Welt sehr nahe kommen. Kriege in der Ukraine, dem nahen Osten oder
       dem Sudan, Repressionen im Iran, Erdbeben in der Türkei und Hochwasser im
       Ahrtal betreffen meinen Freundeskreis. Antisemitische Übergriffe finden
       direkt vor meiner Haustür statt. Es fällt mir schwer, Worte zu finden, die
       den öffentlichen Diskurs weiterbringen, und gleichzeitig ganz persönlich zu
       trösten und zu helfen. Es verschlägt mir die Sprache.
       
       Geschreibsel von Schreibenden, die sich darüber aufregen, dass sie was
       schreiben müssen, ist nervig zu lesen. Ich höre deshalb an dieser Stelle
       auf zu jammern. Vielleicht fühlt es sich auch nur merkwürdig an zu
       arbeiten, während [4][andere meine Deportation planen]. Also falls ihr das
       hier lest, während ihr gerade eure Jobs nicht richtig machen könnt: I feel
       you.
       
       11 Jan 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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