# taz.de -- Schwedendemokraten auf Social Media: Stimmungsmache via Trollfabrik
       
       > Die Schwedendemokraten nutzen offenbar systematisch soziale Netzwerke, um
       > Hetze zu verbreiten. Die Partei wiegelt ab und sieht sich als Opfer.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen Parteichef Jimmy Åkesson: „SD trollt die Arbeiter“
       
       STOCKHOLM taz | Die [1][rechtsextremen Schwedendemokraten] betreiben
       offensichtlich systematisch Stimmungsmache mit anonymen
       Social-Media-Konten. Und sie weigern sich, ein solches Vorgehen als
       problematisch anzuerkennen. Eine Undercover-Recherche des TV4-Programms
       Kalla fakta sorgt nun für Aufregung im schwedischen Politikbetrieb.
       
       Zuerst erklärte Parteichef Jimmy Åkesson die Schwedendemokraten zum Opfer
       einer „gigantischen Manipulierungsaktion des gesamten linksliberalen
       Establishments“. Dann lenkte er ein und verharmloste den Fall. Selbst aus
       der Pressekonferenz von Ministerpräsident Ulf Kristersson (Die Moderaten)
       und Bundeskanzler Olaf Scholz bei dessen Schweden-Visite war der
       „Trollfabrik“-Skandal die einzige Schlagzeile: „Das sind ernste Vorwürfe“,
       sagte Kristersson. Die Schwedendemokraten müssten sich erklären. Solche
       anonymen Konten könnten gefährlich sein. Seine Koalition mit
       Christdemokraten und Liberalen [2][hatte sich nach der Wahl 2022] vom
       Wohlwollen der Schwedendemokraten abhängig gemacht, um ihre Politik
       durchsetzen zu können.
       
       Kalla fakta spricht von mindestens 23 Konten, denen man eine direkte
       Verbindung zur Kommunikationsabteilung der Partei habe nachweisen können,
       unter anderem das Facebook-Konto Politiskt inkorrekt mit 86.000 Followern.
       Dort wird unter anderem diskreditierendes Material über andere Parteien
       sowie rassistische Hetze verbreitet. „Da sitzen ein paar Computernerds in
       der Kommunikationsabteilung und machen satirische Videos, ich sehe da
       keinen Skandal“, spielte Åkesson dies herunter. In Undercover-Aufnahmen ist
       zu hören, dass die Partei von ihrer „Trollfabrik“ spricht und davon, wie
       man junge Leute in sozialen Medien „auf die richtige Gedankenspur bringt“.
       „Skandalös“ fand Åkesson nur das Vorgehen des Kalla-fakta-Journalisten.
       
       ## Verhaltenskodex wurde abgeschmettert
       
       Nach einem Krisentreffen am Donnerstag versuchte man sich zunächst in
       vorsichtiger Entwarnung: SD habe versprochen, 45 Posts, die gegen die drei
       Regierungsparteien selbst gerichtet waren, zu löschen, und habe sich für
       sie entschuldigt, das sei doch schon etwas, hieß es. Bei den Liberalen, die
       parteiintern am meisten über die SD-Abhängigkeit streiten, brodelt es
       weiterhin. Sie fordern ein Gesetz gegen anonyme Social-Media-Propaganda.
       
       Nach dem jüngsten Krisentreffen am Montag war zunächst die Rede von einem
       Verhaltenskodex, den alle Parteien unterschreiben sollten. Darin sollten
       alle Abstand von Fake-Konten in sozialen Medien, Gewaltaufrufen und
       irreführenden Inhalten nehmen. Eine „ausgestreckte Hand“ nannte
       Liberalen-Generalsekretär Jakob Olofsgård den Vorschlag. Doch die
       Schwedendemokraten bleiben dabei: Sie wollen ihre Trollkonten behalten, wie
       sie erneut bekräftigten. Man wolle schließlich seine politische Botschaft
       unters Volk bringen, für jedes gelöschte Konto werde man ein neues
       eröffnen.
       
       Aus den Oppositionsparteien von Zentrum bis ganz links kommen nun empörte
       bis wütende Reaktionen: Grenzen seien überschritten worden, man habe davor
       gewarnt, mit dieser Partei zusammenzuarbeiten. Vertreter*innen von
       Grünen und Sozialdemokraten forderten zuletzt eine stärkere Reaktion von
       Kristersson: Es sei Zeit, [3][dem Verhalten der Schwedendemokraten] einen
       Riegel vorzuschieben.
       
       22 May 2024
       
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