# taz.de -- Senat präsentiert Lärmschutzplan: Mit Tempo 30 zur Stille
       
       > Der Hamburger Senat will mit nächtlichen Tempolimits für mehr Ruhe
       > sorgen. Doch das Beschließen des Plans bedeutet noch nicht dessen
       > Umsetzung.
       
 (IMG) Bild: Wird wohl keine „Ruheinsel“: Kreuzung unter der Sternbrücke
       
       HAMBURG taz | Drei Jahre herrschte auf Seiten des Senats Stille darüber,
       was er weiter gegen den Lärm in der Stadt unternehmen will. Nun hat
       Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) den neuen Lärmaktionsplan vorgestellt.
       
       Gleich einen ganzen Strauß an Maßnahmen stellte Kerstan am Dienstag vor –
       von der Festlegung sogenannter „Ruhiger Gebiete“ über zusätzliche
       Tempolimits in der Nacht bis hin zu restriktiveren Maßnahmen gegen den
       Fluglärm. Der Fokus jedoch ist klar: „Es gibt in Hamburg Umweltprobleme,
       die wir nicht überhören können und dürfen und deren Hauptverursacher der
       Straßenverkehr ist“, sagte Kerstan.
       
       Gegen den Straßenlärm sollen weitere nächtliche Tempo-30-Zonen an
       vielbefahrenen Straßen entstehen. 2013 waren erstmals nächtliche
       Tempo-30-Gebote auf einigen vielbefahrenen Straßen beschlossen worden. Im
       Laufe der Jahre kamen weitere Straßen hinzu, in denen es mit mindestens 60
       Dezibel zu laut ist – lauter sogar, als es nachts in einem Gewerbegebiet
       zulässig wäre.
       
       Nun sollen ab dem kommenden Jahr 20 Abschnitte hinzukommen, ab 2024 nochmal
       weitere 65. „Wir schaffen damit eine spürbare Verbesserung für mehr als
       35.000 Bürgerinnen und Bürger“, sagt Kerstan.
       
       ## Von „Ruhigen Bereichen“ und „Ruheinseln“
       
       In Hamburg sind 107.000 Menschen am Tage durch den Straßenverkehr
       Lautstärken von über 65 Dezibel ausgesetzt. Nachts sind es sogar 130.000
       Menschen, die von Lautstärken über 55 Dezibel betroffen sind. Die
       ausgewählten Abschnitte liegen dabei überwiegend im zentrumsnahen und
       verkehrsreichen Stadtteilen, etwa in Hamm, Winterhude oder auf St. Pauli.
       
       Lob kommt dafür von Christian Popp. Der Gründer der Beratungsfirma
       Lärmkontor begleitet seit Jahren die Lärmmaßnahmen in Hamburg kritisch.
       „Die Maßnahmen sind deutlich besser und umfangreicher geworden“, sagt Popp.
       Dass der Senat auf Tempolimits als Instrument setzt, sei richtig.
       
       Dazu dürfen sich lärmgeplagte Hamburger:innen von nun an über zwei neue
       Begriffe freuen: Mit der Festlegung sogenannter „Ruhiger Bereiche“ sollen
       Erholungsgebiete lärmarm bleiben. Darunter fallen vor allem Parks und
       Naturschutzgebiete mit einer Fläche von mehr als 50 Hektar, die der
       Erholung dienen. Für „Ruheinseln“, also kleinere Flächen, soll dies
       ebenfalls künftig gelten. Maßnahmen in deren Umgebung dürfen dann keine
       Lärmzunahme nach sich ziehen.
       
       Beim Fluglärm gibt es vom Senat keine Neuerungen – der restriktive Umgang
       bei Verspätungen, die zu Starts und Landungen in der Nacht führen, werde
       aber fortgesetzt, heißt es.
       
       ## Hamburg ist ohnehin im Verzug
       
       Doch das Beschließen des Plans bedeutet noch nicht dessen Umsetzung: Bis
       jetzt sind noch nicht einmal alle Temporeduzierungen umgesetzt, die vor
       acht Jahren beschlossen worden waren, räumte Kerstan ein.
       
       Ob die anvisierten zusätzlichen 85 Gebiete mit nächtlichem Tempolimit also
       ähnlich lange brauchen, um Realität zu werden, ist offen. Laut Popp liege
       das auch daran, wie engagiert die Innenbehörde dabei vorgehen wird: Sie übt
       die praktische Anwendung des Verkehrsrechts aus, muss also Tempo-30-Zonen
       anordnen und umsetzen.
       
       Ohnehin ist Hamburg beim Lärm schon in Verzug: 2018 hätte der neue
       Lärmaktionsplan kommen sollen. Dies sieht die sogenannte
       Umgebungslärmrichtlinie der EU vor. „Der Autoverkehr ist ein heikles
       Thema“, sagte Kerstan dazu am Dienstag. In alter Senatskonstellation – also
       mit einer deutlich stärkeren SPD als Koalitionspartner der Grünen – hätten
       sich die Parteien nicht auf Maßnahmen einigen können.
       
       Das ist seit der letzten Bürgerschaftswahl im Februar 2020 anders: Das
       Verkehrsressort ist zu Kerstans grünem Parteikollegen Anjes Tjarks
       gewandert – und hat weiter reichende Maßnahmen offenbar einfacher gemacht.
       
       26 May 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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