# taz.de -- Streitgespräch über ein Verbot der AfD: „Wir brauchen eine Atempause“
       
       > Die AfD wird immer radikaler. Hilft jetzt nur noch ein Verbot? Marco
       > Wanderwitz von der CDU und Sebastian Fiedler von der SPD streiten
       > darüber.
       
 (IMG) Bild: Soll diese Partei verboten werden? Überklebtes Wahlplakat 2021 in Berlin
       
       wochentaz: Herr Wanderwitz, Sie wollen ein AfD-Verbotsverfahren auf den Weg
       bringen und suchen dafür Mitstreiter im Bundestag. Warum ist das der
       richtige Weg? 
       
       Marco Wanderwitz: Es hat ja einen guten Grund, dass uns das Grundgesetz die
       Möglichkeit zu einem Parteiverbot gibt: Weil eine wehrhafte Demokratie
       gegen ihre größten Feinde auch ganz scharfe Schwerter führen muss. Ich bin,
       auch durch Erfahrungen aus meiner sächsischen Lebenswirklichkeit, zu dem
       Ergebnis gekommen, dass die AfD mittlerweile unzweifelhaft rechtsradikal
       ist. Dass sie wirklich Böses im Schilde führt und das auch ernsthaft
       betreibt. Deshalb ist das Verbotsverfahren der richtige Weg. Und da neben
       der Bundesregierung und dem Bundesrat auch der Bundestag, zu dem ich
       gehöre, einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen kann,
       sammle ich dort Unterstützer. Der Antragsentwurf liegt hier vor mir.
       
       Wären Sie dabei, Herr Fiedler? 
       
       Sebastian Fiedler: Nein, Stand heute bin ich nicht dabei – aus juristischen
       und politischen Gründen. Ich bin kein Verfassungsjurist, aber nach allem,
       was ich weiß, darf man durchaus Zweifel haben, ob ein solches Verfahren
       erfolgreich wäre. Für ein Verbot reicht es nicht, wenn sich eine Partei
       gegen die Menschenwürde, Demokratie und den Rechtsstaat richtet. Da
       müssten, bildlich gesprochen, schon Waffenarsenale im Keller liegen – es
       muss ein aggressives Vorgehen gegen den demokratischen Rechtsstaat
       nachgewiesen werden können. Aber selbst der Verfassungsschutz hat die AfD
       erst in zwei Bundesländern als erwiesen rechtsextrem eingestuft. Man kann
       also alles andere als siegesgewiss nach Karlsruhe gehen. Und ein
       erfolgloses Verfahren wäre eine Katastrophe.
       
       Schon 2017 scheiterte ein NPD-Verbotsverfahren. Das
       Bundesverfassungsgericht attestierte der Partei zwar, verfassungsfeindlich
       zu sein – aber zu durchsetzungsschwach, um die Demokratie wirklich
       angreifen zu können. 
       
       Wanderwitz: Es stimmt, man kann nicht sicher sein und ein nicht gelingendes
       Verfahren wäre eine ziemliche Katastrophe. Aber in der Abwägung würde ich
       dieses Risiko eingehen. Ohne Verbotsverfahren werden wir die AfD nicht mehr
       los. Jetzt haben sie nur einen Landrat und einen Bürgermeister. Aber ich
       fürchte, der erste Ministerpräsident in einem ostdeutschen Bundesland ist
       nicht mehr fern. Zu einer absoluten Mehrheit könnten zum Beispiel in
       Thüringen gut 40 Prozent reichen, wenn SPD, FDP und Grüne an der
       Fünfprozenthürde scheitern. Ich höre jetzt oft, bei diesen
       Zustimmungswerten für die AfD kann man ein Verbot nicht mehr machen. Vorher
       aber hieß es, das ist alles noch beherrschbar. Ich befürchte nur, die Zeit
       dazwischen hat es nie gegeben.
       
       Fiedler: Es darf aber doch nicht der Eindruck entstehen, dass wir mit einem
       Verbotsverfahren den bequemeren Weg wählen, weil wir es anders nicht
       hinbekommen.
       
       Wanderwitz: Wir würden ja nicht beschließen, einen politischen Mitbewerber
       zu verbieten. Sondern wir leiten ein rechtsstaatliches Verfahren ein, an
       dessen Ende das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Wir brauchen eine
       Atempause für die Demokratie. Die AfD in den Parlamenten treibt uns jeden
       Tag vor sich her. Sie hat Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
       die 24 Stunden am Tag vom Steuerzahler bezahlt das Internet und die
       Parlamente mit rechtsradikalen Inhalten fluten.
       
       Fiedler: Herr Wanderwitz, Ihr Parteifreund Norbert Lammert hat einmal
       sinngemäß den klugen Satz gesagt: Demokratische Rechtsstaaten – er
       ergänzte: insbesondere gut funktionierende Rechtsstaaten – sind gegen das
       Wahlverhalten der eigenen Bevölkerung nicht gefeit. Für dieses
       Wahlverhalten sind aber alle Parteien verantwortlich. Wir müssen Konzepte
       anbieten, die überzeugen – hier und jetzt. Natürlich versucht die AfD, den
       Staat von innen heraus anzugreifen, aber der Rechtsstaat ist wehrhaft.
       
       Wanderwitz: Der Rechtsstaat war nicht in der Lage, die AfD-Politikerin
       [1][Birgit Malsack-Winkemann aus dem Richteramt zu entfernen], jetzt muss
       sie sich bald [2][wegen Terrorverdachts vor Gericht] verantworten.
       
       Fiedler: Das stimmt. Aber wir hatten [3][an anderer Stelle eine
       Rechtsprechung, nach der der ehemalige AfD-Abgeordnete Jens Maier jetzt
       nicht mehr auf einem Richterstuhl sitzt.] Gerade erst haben wir im
       Bundestag festgelegt, dass bei Schöffinnen und Schöffen das Bekenntnis zur
       freiheitlich demokratischen Grundordnung ganz klar sein muss. Wir haben
       [4][das Gesetz zu den parteinahen Stiftungen] auf den Weg gebracht, womit
       es nun eine aktive Verfassungstreue braucht, um finanziert zu werden – für
       alle Parteien. Und bei dieser Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats würde ich
       gerne noch nachschärfen.
       
       Wo denn? 
       
       Fiedler: Wir müssen eine Lücke beim Verfassungsschutz schließen und ihn in
       die Lage versetzen, bei der Finanzierung von nicht gewaltorientiertem
       Extremismus hinzugucken. Bisher kann er das, vereinfacht gesprochen, nur
       bei der Terrorismusfinanzierung. Eine zusätzliche Befugnis zur Überwachung
       von Extremismusfinanzierung ist aber nicht nur für die Aufklärung des
       Rechtsextremismus, sondern etwa auch beim Islamismus relevant. Wenn wir
       über Schwerter des Rechtsstaats sprechen, dann haben wir das noch nicht
       ausgepackt. Gerade bei der AfD ist oft unklar, woher ihre Gelder kommen,
       vielleicht auch aus Russland oder anderswo.
       
       Wanderwitz: Absolut, das sehe ich auch so.
       
       Die Frage ist: Reicht das? 
       
       Fiedler: Ich habe nicht gesagt, dass das reicht. Ich habe Beispiele
       genannt, die zeigen, dass wir durchaus etwas tun. Aber wir haben eine
       Partei, die schon jetzt bundesweit 20 Prozent der Wählerstimmen auf sich
       vereint, in manchen Bundesländern deutlich mehr. Das Verfahren würde Jahre
       dauern. In dieser Zeit würde sich die AfD noch mehr in die Opferrolle
       begeben, als sie das ohnehin schon tut.
       
       Wanderwitz: Ich glaube auch, dass sie noch ein bisschen lauter schreien
       würden. Aber es wäre nur ein weiterer Teil der AfD-Erzählung, dass wir sie
       undemokratisch aus dem Weg räumen wollen. Und ich bin überzeugt, dass die
       AfD im Grunde große Angst vor dem Verbotsverfahren hat.
       
       Fiedler: Aber in den USA sehen wir ja, dass Gerichtsverfahren den
       Rechtsaußen nicht unbedingt schaden müssen. Dort laufen strafrechtliche
       [5][Verfahren gegen Trump und es stärkt ihn]. Ich habe Sorge, dass das hier
       auch so wäre. Deshalb überwiegt bei mir die Skepsis. Außerdem diskutieren
       Sie nur das bestmögliche Szenario, Herr Wanderwitz. Ein schlechteres wäre,
       dass sich die AfD durch das Verfahren weiter radikalisiert. Und ich würde
       nicht ausschließen, dass durch weitere Krisen – im Osten, bei der
       wirtschaftlichen Entwicklung oder Arbeitslosigkeit – dann noch ganz andere
       Bekloppte zusammenkommen, wie wir das in der Coronazeit gesehen haben. Dann
       würde ein reines AfD-Verbot auch nichts helfen.
       
       Wanderwitz: Es ist zu befürchten, dass sich die AfD durch ein
       Verbotsverfahren noch weiter radikalisiert. Aber das würde nicht den großen
       Unterschied machen. Für mich bleibt die Abwägung: Was kann ich gewinnen und
       welche Gefahren lauern auf dem Weg dahin?
       
       Herr Wanderwitz, sehen Sie das aggressive Vorgehen der AfD eher, weil Sie
       aus Sachsen kommen – und nicht aus NRW wie Herr Fiedler? 
       
       Wanderwitz: Ja, das ist bei uns schon deutlicher zu sehen. In Sachsen steht
       die AfD bei 35 Prozent, vielerorts bestimmt sie den Ton und der ist
       brachialer als im Westen. Der AfDler bei mir zu Hause hat 2019 bei der
       Aufstellungsversammlung zur Bundestagswahl gesagt, dass man die, die jetzt
       in den Parlamenten sitzen, jagen und erlegen muss.
       
       Fiedler: Das hat [6][Alexander Gauland] so ähnlich auch gesagt.
       
       Wanderwitz: Genau. Und dann hat der Mann aus meiner Heimat noch dazu
       gesagt, dass man sie rausschlagen muss aus den Parlamenten. So etwas findet
       man bei fast allen, man muss nur ein bisschen googeln. Die Moderaten in der
       AfD sind alle aufgefressen worden. [7][Maximilian Krah, den
       AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl,] den kenne ich seit 30 Jahren,
       wir waren mal gemeinsam in der Jungen Union. Da war das ein anderer Mensch.
       
       Fiedler: Ich glaube, bei der Bewertung der AfD haben wir keine zwei
       Meinungen.
       
       Wanderwitz: Ich erlebe in Sachsen regelmäßig bei Veranstaltungen, auch mit
       unserem Ministerpräsidenten, dass uns brennender Hass entgegenschlägt, wir
       werden angeschrien und bedroht. Da bin ich froh, dass vor der Tür eine
       Hundertschaft zwischen denen und uns steht. Das ist schon etwas, das sich
       in etwa anfühlt, wie ich mir den Beginn der 30er Jahre vorstelle.
       
       Aber die vor der Tür, das sind doch vor allem Leute der rechtsextremen
       Kleinpartei Freie Sachsen, oder? 
       
       Wanderwitz: Ja, aber auch AfD-Mitglieder. Und wenn es gegen uns Demokraten
       geht, legen die eh zusammen. Die AfD saugt ja alles auf, was es im
       rechtsradikalen Spektrum gibt. Nehmen wir diesen Herrn [8][Halemba im
       bayerischen Landtag], der im Gästebuch seiner Burschenschaft mit „Sieg
       Heil“ unterschrieben haben soll. Auch diese Leute sind in der AfD dezidiert
       willkommen. Da will man noch den letzten Hitler-Wiedergänger abholen, um am
       Ende das Land umzukippen.
       
       Für ein erfolgreiches Verbotsverfahren braucht es laut
       Bundesverfassungsgericht nicht unbedingt Waffen und Gewalt, sondern ein
       planvolles Vorgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung
       abzuschaffen … 
       
       Wanderwitz: Ich beziehe mich vor allen Dingen auf Artikel 1 des
       Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das hat ja auch der
       Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt gerade in den Mittelpunkt gestellt, als
       er die dortige AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft hat. Die übergroße
       Zahl der AfD-Mitglieder vertritt ein Bild vom Menschen und vom Volk, das
       nicht zu unserem Grundgesetz passt. Da soll eine Bundestagsvizepräsidentin,
       Aydan Özoguz, die in Hamburg geboren und deutsche Staatsbürgerin ist, „in
       Anatolien entsorgt“ werden, weil sie einen türkischen Migrationshintergrund
       hat. Die große Frage ist: Glauben wir, dass die AfD in dem Moment, wo sie
       die Möglichkeit hätte, das auch in die Tat umsetzen würde? Die AfD kommt
       etwas schafspelziger daher als die NPD, aber sie ist genauso gefährlich.
       
       Lässt sich dieses planvolle Vorgehen der AfD wirklich vor Gericht beweisen?
       
       Fiedler: Das ist genau die Schwierigkeit. Man muss das dem Gericht ganz
       objektiv in vielen Akten belegen.
       
       Wanderwitz: Wir wissen, dass Rechtsprechung änderungsfähig ist. Insofern
       geht es auch um eine Einschätzungsfrage des Bundesverfassungsgerichts. Es
       ist eben schwer zu sagen, ob es reicht oder nicht. Aber jeder Tag und jede
       Stunde, die wir hier im Bundestag Debatten führen, bestehen daraus, dass
       die AfD unsere Demokratie und ihre Institutionen verächtlich macht. Das ist
       genau das planvolle Vorgehen. Ich schieße die Demokratie so lange
       sturmreif, bis die Wählerinnen und Wähler mich mit solch großen Mehrheiten
       wählen, dass ich sie dann von innen zerstören kann.
       
       Fiedler: Beim Verächtlichmachen des Rechtsstaats sind wir uns einig. Aber
       das ist ja nicht die Frage, sondern die beabsichtigte Abschaffung muss
       belegt werden. Nun kenne ich die vielen Akten nicht, die der
       Verfassungsschutz über die AfD angelegt hat. Aber die Dinge, die dort vor
       Gericht präsentiert werden müssen, sind komplizierter in der Beweisführung,
       als zu sagen, die machen den Rechtsstaat verächtlich. Und natürlich dürfen
       wir nicht nur auf Deutschland schauen, sondern auch nach Europa. In der EVP
       etwa …
       
       … der Europäischen Volkspartei, zu der die CDU gehört.
       
       Fiedler: In der EVP wird das ganz anders diskutiert. Dass Manfred Weber von
       der CSU mit Berlusconi Wahlkampf für eine Postfaschistin macht, das wäre
       hier hoffentlich undenkbar. Aber egal ob in Europa oder bei uns, die
       Strategien sind dem Grunde nach gleich. Die Rechtsextremen leben von den
       Krisen, Angst steht im Mittelpunkt. Wenn wir uns jetzt nicht aktuell mit
       Migrationsfragen zu befassen hätten, wären die Umfragewerte bei 8 Prozent
       
       Wanderwitz: Das glaube ich nicht. Die AfD wäre trotzdem zweistellig,
       natürlich wäre die Bedrohungslage kleiner. Aber das ist sie nicht – und
       wird sie kurzfristig wohl auch nicht. Zu der großen Krise des russischen
       Angriffskriegs in der Ukraine ist jetzt die Krise im Nahen Osten
       dazugekommen. Und wir wissen nicht, was als Nächstes kommt. So lange sitzt
       die AfD im Sauerstoffzelt. Was Europa betrifft: Da haben wir ein schönes
       Beispiel dafür, wie es schon einmal so geklappt hat, wie ich mir das
       vorstelle: das Verbot der Goldenen Morgenröte in Griechenland. Danach haben
       viele deren Wählerinnen und Wähler wieder demokratische Parteien gewählt –
       weil eben die Rechtsradikalen nicht mehr wählbar waren. Zwar gibt es jetzt
       eine neue rechtsradikale Partei, die bei 5 oder 6 Prozent liegt. Aber da
       hat es diese Atempause für die Demokratie gegeben.
       
       Fiedler: Die AfD jetzt zu verbieten, ist doch eine Operation am offenen
       Herzen, das sollten wir uns wirklich gut überlegen.
       
       Wanderwitz: Ich dachte auch, wir kriegen die schon klein. Wir machen gute
       Politik, wir reden mit den Menschen, wir vermitteln den Wert der
       Demokratie. Das haben wir auch gemacht – und jetzt steht die AfD bei 20
       plus bundesweit. Und wir haben [9][eine Europawahl] vor der Brust, wo der
       AfD-Mobilisierungsslogan ist, von Herrn Höcke benannt: „Diese EU muss
       sterben, damit das wahre Europa leben kann.“ Nazisprech, ganz bewusst
       natürlich. Und wenn wir Pech haben, wird die AfD da bundesweit stärkste
       Partei. Wir müssen dringend anfangen mit diesem Verfahren, bevor die Sache
       uns über den Kopf wächst.
       
       Das Deutsche Institut für Menschenrechte kommt in einer [10][Analyse zu dem
       Schluss, dass ein Verbot möglich ist.] Der Verfassungsschutz hat aber nur
       zwei AfD-Landesverbände, [11][Thüringen und Sachsen-Anhalt, als erwiesen
       rechtsextrem eingestuft.] Wäre nicht der erste Schritt, dass der
       Verfassungsschutz die ganze Partei als gesichert rechtsextrem einstuft? 
       
       Wanderwitz: Natürlich ist der Verfassungsschutz eine Institution, die eine
       wichtige Rolle spielt. Aber dessen Einstufung hat nur Indiz-Charakter für
       Karlsruhe. Die AfD hat gegen die Einstufung der Gesamtpartei als
       rechtsextremer Verdachtsfall geklagt, die Sache liegt jetzt seit anderthalb
       Jahren beim Oberverwaltungsgericht Münster. Nach den Einlassungen von
       Verfassungsschutzpräsident Haldenwang rund um den letzten AfD-Parteitag
       denke ich schon, dass der Tag der Einstufung der gesamten AfD als erwiesen
       rechtsextrem gar nicht so fern ist. Und da hat mich sehr gefreut, Herr
       Fiedler, dass Ihre Parteichefin Saskia Esken gesagt hat, wenn dieser Fall
       eintritt, dann spricht viel dafür, ein Verbotsverfahren auf den Weg zu
       bringen.
       
       Fiedler: Das entbindet uns trotzdem nicht davon, uns über die politischen
       Notwendigkeiten Gedanken zu machen. Wie können wir Lösungen für die
       Probleme herbeiführen, die die Leute überzeugen? Und ich sehe ein Defizit:
       Es wird viel zu wenig über die teils absurden Inhalte der AfD gesprochen.
       Ein Beispiel: Wenn die Partei einen Austritt aus der EU fordert und
       gleichzeitig den Einsatz von Frontex im Mittelmeer – das passt nicht
       zusammen. Wenn wir immer nur rufen, das sind Rechtsextreme, dann schalten
       viele Menschen inzwischen ab.
       
       Wanderwitz: Aber Sie müssen auch sehen: [12][Laut Mitte-Studie lag der
       Anteil derer, die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben, zuletzt
       bei 8 Prozent] – in den ostdeutschen Bundesländern dürften es doppelt so
       viel sein. Die wählen die AfD, weil sie so rechtsradikal ist. Die werden
       bedient mit der Aussage, unsere Obergrenze bei der Aufnahme von
       Flüchtlingen ist null. Die wollen selbst Leuten in der dritten Generation
       die Pässe wegnehmen oder denen, die anders aussehen oder Muslime sind.
       Diese Menschen können wir nicht abholen, sondern nur dagegenhalten.
       
       Fiedler: Diese Leute habe ich auch nicht gemeint.
       
       Wanderwitz: Aber die sind halt verdammt viele.
       
       Aber deren Einstellungen bekommen Sie auch mit einem Verbot nicht weg. 
       
       Wanderwitz: Beim harten Kern nicht. Aber ich würde ihnen mit dem Verbot
       ihren parlamentarischen Arm aus dem Spiel nehmen. Und ich glaube schon,
       dass ein Verbot bei einer nicht kleinen Zahl von Leuten noch mal etwas
       macht.
       
       Es gäbe ja auch Alternativen: nur ein Teilverbot von besonders extremen
       Landesverbänden wie der Thüringer AfD. Oder einen Entzug der
       Parteienfinanzierung. Wäre nicht auch das ein gangbarer Weg? 
       
       Fiedler: Finanzen streichen ist aus meiner Sicht ein super Punkt,
       definitiv. Das halte ich für eines der schärfsten Schwerter, die man auch
       nutzen sollte. Beim gescheiterten NPD-Verbotsverfahren hatte das
       Bundesverfassungsgericht diesen Weg ja explizit vorgeschlagen und der wird
       bei dieser Partei ja auch bereits gegangen.
       
       Wanderwitz: Natürlich, alles hilft. Vielleicht kommt am Ende ein Teilverbot
       der AfD heraus. Das kann der Bundestag aber rechtlich bisher nicht in
       Karlsruhe beantragen, sondern das kann nur dort entschieden werden.
       
       Herr Wanderwitz, Sie brauchen 37 Abgeordnete für einen Verbotsantrag. Wie
       viele haben Sie denn schon? 
       
       Wanderwitz: Ich führe viele Gespräche, auch in den Ampelfraktionen. Und wir
       zwei, Herr Fiedler, haben ja jetzt auch gesprochen.
       
       Hat Marco Wanderwitz Sie überzeugt, Herr Fiedler? 
       
       Fiedler: Nein, Stand heute nicht.
       
       Herr Wanderwitz, Ihr eigener Fraktions- und Parteichef, Friedrich Merz, ist
       gegen ein AfD-Verbotsverfahren. 
       
       Wanderwitz: Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass ich ihn für das Thema
       gewinnen kann. Viele Kolleginnen und Kollegen ringen mit dieser Frage. Wir
       sind als Abgeordnete nur unserem Gewissen verpflichtet. Und Gruppenanträge
       im Bundestag sind nicht so selten. Ich sag mal so: Es wird.
       
       19 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Urteil-gegen-Reichsbuergerin/!5922460
 (DIR) [2] /Reichsbuerger-wollten-Bundestag-stuermen/!5951873
 (DIR) [3] /Bundesgerichtshof-bestaetigt/!5960494
 (DIR) [4] /Gesetz-zu-parteinahen-Stiftungen/!5969377
 (DIR) [5] /Betrugsprozess-in-den-USA/!5971718
 (DIR) [6] /Alexander-Gauland/!t5009919
 (DIR) [7] /AfD-waehlt-Krah-zum-EU-Spitzenkandidaten/!5951702
 (DIR) [8] /Minderheitenschutz-in-Bayern/!5967939
 (DIR) [9] /Schwerpunkt-Europawahl/!t5533778
 (DIR) [10] /Studie-zur-AfD/!5939276
 (DIR) [11] /AfD-Sachsen-Anhalt-eingestuft/!5971844
 (DIR) [12] /Rechtsextremismus-Studie/!5958421
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Parteiverbot
 (DIR) Radikalisierung
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Rechtsstaat
 (DIR) wochentaz
 (DIR) GNS
 (DIR) IG
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Schwerpunkt AfD in Berlin
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alice Weidel
 (DIR) CDU
 (DIR) Theodor W. Adorno
 (DIR) AfD Sachsen
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Klima
 (DIR) PKK
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) CDUler Wanderwitz drängt auf AfD-Verbot: „Das ist absolut gerechtfertigt“
       
       Der CDU-Abgeordnete und einstige Ostbeauftragte Marco Wanderwitz begrüßt
       das AfD-Urteil. Er drängt auf einen Verbotsantrag noch vor der Sommerpause.
       
 (DIR) Verletzte Männlichkeit und AfD: Klebrige Kleinstbürgerei
       
       Schluss mit der Verständnishuberei: Wer wissentlich eine rechtsextreme
       Partei wählt, ist ein Rechtsextremist, kein Opfer der Verhältnisse.
       
 (DIR) Soziologe über Wahlen und Geschlecht: „Junge Männer fallen zurück“
       
       Die „Financial Times“ berichtet, dass das Wahlverhalten je nach Geschlecht
       anders ausfällt. Der Soziologe Ansgar Hudde erklärt die Spaltung.
       
 (DIR) 49 Abgeordnete für Prüfung: „Prüft ein AfD-Verbotsverfahren!“
       
       Die Rufe nach rechtlichen Schritten gegen die Afd werden lauter. Eine
       taz-Umfrage zeigt: 49 PolitikerInnen wollen ein Verbotsverfahren prüfen.
       
 (DIR) Debatte​ um AfD-Mitglieder: Beglaubigte Verfassungsfeinde​
       
       CSU-Chef Markus Söder will AfD-Mitglieder zu Verfassungsfeinden erklären
       lassen. Im öffentlichen Dienst hätten sie dann nichts mehr zu suchen.
       
 (DIR) Geheimtreffen mit Rechtsextremen: AfD-Kader diskutieren Vertreibungen
       
       Einflussreiche AfD-Politiker sollen mit Rechtsextremen einen Plan für
       rassistische Massenvertreibungen diskutiert haben. „Correctiv“ berichtet
       darüber.
       
 (DIR) Union und Demokratie: Nur die CDU! Nur die … CDU??
       
       Wer rettet uns vor der AfD? War Pirna der letzte Warnschuss, der die
       Demokraten zusammenbringt? Diese Hoffnung sollte man nicht haben.
       
 (DIR) Konsens-Sucht in Deutschland?: Moral statt Streit
       
       Um die politische Streitkultur ist es in Deutschland schlecht bestellt. Die
       „Cancel Culture“ befördert diese besorgniserregende Entwicklung.
       
 (DIR) Verfassungsschutz stuft AfD Sachsen ein: Erwiesen rechtsextrem
       
       Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt stuft der Verfassungsschutz den dritten
       Landesverband der AfD als „unzweifelhaft“ verfassungsfeindlich ein.
       
 (DIR) Antrag auf AfD-Verbot: Wanderwitz will abwarten
       
       Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz will ein Gerichtsurteil abwarten. Erst
       danach überlege er einen Verbotsantrag im Bundestag zu stellen.
       
 (DIR) AfD-Verbot und Aktivismus: Die linke Lust am Verbot
       
       Das Zentrum für Politische Schönheit hat ein AfD-Verbot gefordert. Doch
       sind staatliche Strukturen die richtigen Verbündeten gegen Rechtsaußen?
       
 (DIR) Zentrum für politische Schönheit: Der Kanzler und das AfD-Verbot
       
       Satiriker legen Scholz eine gefälschte Rede in den Mund. Die
       Bundesregierung ist verärgert. Die Urheber sprechen von gesteigertem
       Sicherheitsgefühl.
       
 (DIR) Soziologe über Radikalismus der AfD: „Es hat sich etwas verschoben“
       
       Wilhelm Heitmeyer hat sich jahrzehntelang mit autoritären Einstellungen und
       Rechtsextremismus beschäftigt. Wie erklärt er Deutschlands Rechtsruck?
       
 (DIR) AfD-Veranstaltung in Thüringen: Erneut Angriff auf Reporter
       
       Ein Journalist der „Ostthüringer Zeitung“ ist bei einer Parteiveranstaltung
       bedroht und attackiert worden. Die Regierung des Bundeslandes verurteilte
       den Vorfall.
       
 (DIR) Karlsruher Urteil zu Klimafonds: 60-Milliarden-Trick einkassiert
       
       Die Corona-Kredite im Klimafonds waren schlecht begründet, sagt das
       Bundesverfassungsgericht. Es sagt auch: Kredite sind trotz Schuldenbremse
       möglich.
       
 (DIR) Soziologe über deutsches PKK-Verbot: „Vorreiter der Kriminalisierung“
       
       Kein anderer EU-Staat geht so hart gegen die kurdische Freiheitsbewegung
       vor wie Deutschland. Das sagt auch der Soziologe Alexander Glasner-Hummel.
       
 (DIR) Verbot der AfD?: Abgebrühte Liberalität
       
       Extremismus politisch bekämpfen? Muss man sich leisten können. Auf ein
       AfD-Verbotsverfahren zu verzichten hieße, die Leidtragenden im Stich zu
       lassen.