# taz.de -- 49 Abgeordnete für Prüfung: „Prüft ein AfD-Verbotsverfahren!“
       
       > Die Rufe nach rechtlichen Schritten gegen die Afd werden lauter. Eine
       > taz-Umfrage zeigt: 49 PolitikerInnen wollen ein Verbotsverfahren prüfen.
       
       BERLIN taz | Seitdem bekannt wurde, dass sich AfDler mit anderen
       Rechtsextremisten [1][in einem Hotel nahe Potsdam] getroffen haben, um
       Pläne einer massenhaften Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund
       aus Deutschland zu diskutieren, ist die Frage wieder voll entbrannt: Wie
       bekämpft man die AfD am besten? Es wird demonstriert und die Frage nach
       einem Verbotsverfahren heftig debattiert. Ein solches Verfahren könnten der
       Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung beim
       Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf den Weg bringen. Die [2][Hürden
       für einen Erfolg] von Parteiverbotsverfahrens aber sind hoch. Entsprechend
       groß ist die Sorge, das Ganze könnte danebengehen.
       
       Nun aber formieren sich im Bundestag Abgeordnete aller demokratischen
       Fraktionen, die zumindest prüfen wollen, wie groß die Erfolgsaussicht eines
       Verbotsantrags wäre. Und manche sind bereits entschieden, dass ein Weg nach
       Karlsruhe richtig wäre. Fünf Prozent der Bundestagsabgeordneten reichen
       aus, um das Thema im Bundestag auf die Tagesordnung zu setzen – das sind 37
       Abgeordnete. Sie könnten beantragen, dass die Bundesregierung die
       Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens prüfen soll. Oder dass der
       Bundestag einen Antrag auf Verbot beschließt. Sie müssten dann in einem
       zweiten Schritt die Mehrheit der Abgeordneten für ihr Anliegen gewinnen.
       
       Die taz hat sich im Parlament umgehört: Die notwendige Zahl an
       Abgeordneten, um das Vorhaben anzuschieben, wäre beisammen. 49
       Parlamentarier*innen sind der Ansicht, dass zumindest geprüft werden
       soll, ob ein Antrag auf ein AfD-Verbot wirklich aussichtsreich wäre. Bei
       SPD, Grünen und Linken ist diese Meinung verbreiteter als bei Union und
       FDP. Bei den Abgeordneten aus den ostdeutschen Bundesländern ist sie –
       anteilig betrachtet – häufiger zu finden als bei denen aus westdeutschen,
       bei Parlamentarier*innen aus Familien mit Migrationsgeschichte
       zahlreicher anzutreffen als bei denen ohne.
       
       Ob sie sich alle fraktionsübergreifend hinter einem gemeinsamen Antrag
       versammeln werden, ist aus vielen Gründen ungewiss. Der CDU-Abgeordnete
       Marco Wanderwitz aus Sachsen sucht seit Längerem Mitstreiter*innen für
       einen Antrag im Bundestag. Wie viele er bereits gefunden hat, will er noch
       nicht sagen.
       
       Käme es tatsächlich zu einem Verbotsantrag in Karlsruhe, bräuchte es am
       Ende eine Zweidrittelmehrheit des verantwortlichen Senats. Das Grundgesetz
       nennt die Voraussetzungen dafür, in Artikel 21 Absatz 2: „Parteien, die
       nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen,
       die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu
       beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden,
       sind verfassungswidrig.“
       
       Was das genau heißt, war lange unklar. Schließlich ist es schon sehr lange
       her, dass das Bundesverfassungsgericht [3][eine Partei verboten] hat: 1952
       wurde die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei
       (SRP) verboten, 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands.
       
       2003 und 2017 scheiterten dagegen zwei Verbotsverfahren gegen die
       rechtsextreme NPD, die sich heute „Die Heimat“ nennt. Beim ersten Mal an
       Verfahrensfehlern, beim zweiten Mal wurde der Partei zwar attestiert, dass
       sie verfassungsfeindliche Ziele vertrat – sie sei aber zu unbedeutend, um
       diese durchzusetzen.
       
       Diesen Punkt könnte man bei der AfD kaum noch behaupten. Nachgewiesen
       werden müsste aber, dass die Partei gezielt die demokratische Grundordnung
       beseitigen will. Das AfD-Programm beweist das wohl nicht, entscheidender
       wären verfassungsfeindliche Äußerungen der Funktionär*innen und
       rechtsextreme Kontakte. Bereits heute führt das Bundesamt für
       Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall. Die Partei
       klagte zuletzt dagegen, im Februar will das Oberverwaltungsgericht Münster
       darüber entscheiden. Die AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und
       Sachsen-Anhalt sind dagegen vom Verfassungsschutz bereits als erwiesen
       rechtsextrem eingestuft.
       
       Die Bundesregierung hatte sich bisher ablehnend gegenüber einem AfD-Verbot
       geäußert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollte zuletzt aber ein
       solches nicht mehr ausschließen. Vorher stehe aber die inhaltliche
       Auseinandersetzung. Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verwies
       [4][aktuell im Stern] auf die hohen Hürden für ein Verbot. Aber: „Sollte
       sicher nachgewiesen sein, dass eine Partei das Land in einen faschistischen
       Staat verwandeln will, gehört sie verboten, egal, wie stark sie ist.“ Stark
       werden könnte die AfD bei den Wahlen in diesem Jahr, bei Kommunalwahlen
       sowie den Wahlen zum Europaparlament und zu den Landtagen in Sachsen,
       Thüringen und Brandenburg.
       
       17 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
 (DIR) [2] /Streitgespraech-ueber-ein-Verbot-der-AfD/!5970996
 (DIR) [3] https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Parteiverbotsverfahren/parteiverbotsverfahren_node.html
 (DIR) [4] https://www.stern.de/politik/deutschland/extremismus--klingbeil-ueber-weidel---sie-ist-eine-rechtsextreme--34372520.html
       
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 (DIR) Konrad Litschko
       
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