# taz.de -- Rechtsextremer Martin Sellner: Einreisesperre für Sellner?
       
       > Mehmet Daimagüler, Antiziganismusbeauftragter der Regierung, fordert ein
       > Einreiseverbot für Martin Sellner. Das wird nun geprüft.
       
 (IMG) Bild: Propagiert seit Jahren rechtsextreme Vertreibungspläne: Martin Sellner
       
       BERLIN taz | [1][Martin Sellner] gehört wohl zu den umtriebigsten
       Rechtsextremisten Europas, nun steht der 35-jährige Österreicher wieder
       voll im Fokus: Er war laut Correctiv Hauptredner [2][bei einem
       „Geheimtreffen“ von AfDlern und anderen Rechtsextremen] im Novmeber 2023
       bei Potsdam, präsentierte dort einen „Masterplan“ zur „Remigration“, zu
       millionenfacher Vertreibung. Schon zuvor und auch danach reiste er immer
       wieder zu Vorträgen und Netzwerktreffen auch nach Deutschland.
       
       [3][Mehmet Daimagüler], Antiziganismusbeauftragter der Bundesregierung,
       fordert nun, das zu unterbinden – und ein Einreiseverbot für Sellner nach
       Deutschland zu prüfen. „Angesichts der ungeheuerlichen Vertreibungspläne
       von Sellner und seinen Gleichgesinnten muss der Rechtsstaat alle
       rechtlichen Gegenmittel in Stellung bringen“, so Daimagüler zur taz.
       
       Sellner sei nicht erst seit den aktuellen Berichten „als rechter Gefährder“
       anzusehen. „Im Interesse der öffentlichen Ordnung sollte jetzt geprüft
       werden, ob und wie die Einreise von ausländischen Gefährdern wie Sellner
       nach Deutschland untersagt werden kann.“ Die hohen Hürden seien ihm dabei
       bewusst, so Daimagüler. Angesichts der „monströsen Pläne“ der
       Rechtsextremen sei ein Handeln aber „dringend geboten“. Nach
       taz-Informationen forderte Daimagüler dies auch in einem Schreiben an
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein.
       
       ## Innenministerium verweist auf hohe Hürden
       
       Das Ministerium reagierte auf eine taz-Anfrage wortkarg. „Zu etwaigen
       laufenden freizügigkeitsrechtlichen Verfahren gegen Einzelpersonen nimmt
       das BMI grundsätzlich nicht Stellung“, sagte ein Sprecher.
       
       Nach taz-Informationen soll eine Staatssekretärin des Ministeriums aber in
       der nichtöffentlichen Sitzung des Innenausschusses am vergangenen Mittwoch
       im Bundestags auf Nachfrage erklärt haben, ein Einreiseverbot könnte
       geprüft werden. Die Staatssekretärin soll aber auch die hohen Hürden betont
       haben. Auch t-online berichtete darüber.
       
       Ein Einreiseverbot für Sellner könnte letztlich von Landesbehörden verhängt
       werden. Bayern, das die Grenze zu Österreich teilt, ist hier
       aufgeschlossen. Auch dort verwies eine Sprecherin des Innenministeriums
       zwar auf die hohen Hürden und den Bedarf einer „intensiven
       Einzelfallprüfung“. Aber: „Grundsätzlich begrüßen wir die initiierte
       Diskussion.“
       
       Auch in der SPD-Bundestagsfraktion ist man für ein Einreiseverbot für
       Sellner offen. „Rechtsextremisten aus dem Ausland können selbstverständlich
       auch eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland darstellen“,
       sagte die Innenpolitikerin Carmen Wegge der taz. Ein Einreiseverbot sei
       aber weniger eine politische Forderung als eine Exekutiventscheidung, die
       nach klaren Vorgaben ablaufe und mit hohen Hürden versehen sei. „Ich bin
       mir jedoch sicher, dass das Bundesinnenministerium diesbezüglich eine gute
       Entscheidung treffen wird, sofern die rechtlichen Voraussetzungen
       vorliegen“, betonte Wegge.
       
       Druck kommt aus der Opposition. „Martin Sellner bringt alte und neue
       Rechte, bürgerliche Konservative und militante Neonazis zusammen, um eine
       ideologische wie materielle Basis für die Vertreibung von Millionen
       Menschen zu schaffen“, erklärt dort Linken-Innenpolitikerin Martina Renner.
       Er stelle damit zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
       „Ein Einreiseverbot setzt dagegen ein klares Zeichen“, so Renner zur taz.
       „Auch an diejenigen, die Sellners rassistische Agenda verharmlosen.“
       
       ## Sellner zeigte sich zuletzt nervös
       
       Sellner, Vordenker der [4][als rechtsextrem eingestuften Identitären], hat
       bereits Erfahrung in dieser Angelegenheit: [5][Schon 2018 erteilte ihm
       Großbritannien ein Einreiseverbot], als er in London eine Rede halten
       wollte. Er wurde damals am Flughafen festgehalten und musste nach
       Österreich zurückkehren.
       
       Mit dem Kampfbegriff der „Remigration“ geht Sellner schon seit Jahren
       hausieren. Auch in seinem aktuellen Buch, in dem er einen „Regime Change
       von rechts“ propagiert, wird das Vertreibungskonzept als Mittel gegen
       „Überfremdung“ und „ethnokulturelle Cluster“ beworben. Ziel müsse es sein,
       den politischen Willen für solch eine Politik zu schaffen, schreibt
       Sellner.
       
       Der Österreicher selbst versuchte nach den jüngsten bundesweiten
       Großprotesten gegen Rechtsextremismus und die AfD [6][den Begriff der
       „Remigration“ weiter zu pushen]. Jedoch zeigte er sich auch nervös. Es gebe
       derzeit wenige Leute, zu denen „mehr gelogen und gehetzt“ werde als zu ihm,
       klagte er. Erst Anfang Januar war Sellner nach Deutschland gereist und
       hatte sich an [7][Protesten von Rechtsextremen in Dresden] beteiligt,
       welche sich an die Bauernproteste geheftet hatten.
       
       Zuletzt waren bundesweit [8][hunderttausende Menschen gegen
       Rechtsextremismus und die AfD auf die Straße gegangen]. Politisch
       diskutiert wird neben der [9][Prüfung eines AfD-Verbots] auch ein
       [10][Verbot der Parteijugend „Junge Alternative“], die als Verein
       organisiert ist. Zudem gibt es Forderungen, der AfD die
       Parteienfinanzierung zu entziehen.
       
       23 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rechte-Unterwanderung-der-Bauernproteste/!5982919
 (DIR) [2] /Geheimtreffen-mit-Rechtsextremen/!5984871
 (DIR) [3] /Diskriminierung-von-Sinti-und-Roma/!5929965
 (DIR) [4] /Hausprojekt-in-Chemnitz/!5975667
 (DIR) [5] https://www.derstandard.de/story/2000075845184/london-identitaere-kalgen-ueber-einreiseverbot-fuer-sprecher-sellner
 (DIR) [6] /Correctiv-Recherche/!5982563
 (DIR) [7] /Rechte-Unterwanderung-der-Bauernproteste/!5982919
 (DIR) [8] /Demos-gegen-rechts/!5984227
 (DIR) [9] /49-Abgeordnete-fuer-Pruefung/!5986396
 (DIR) [10] /Verbot-der-Jungen-Alternative/!5986893
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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