# taz.de -- Treffen mit Ampel-Regierung: Immo-Lobby überrepräsentiert
       
       > Die Ampelregierung trifft sich doppelt so oft mit der Immo-Lobby wie mit
       > Mieterorganisationen. Redebedarf gab es etwa mit dem FDP-Justizminister.
       
 (IMG) Bild: Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesbauministerin Klara Geywitz
       
       BERLIN taz | Der große Einfluss der Immobilien-Lobby lässt sich in konkrete
       Zahlen fassen: Seit Beginn der Scholz-Regierung im Dezember haben
       hochrangige Ampel-Vertreter*innen 28-mal persönliche Gespräche mit
       Lobbyist*innen der Immobilienwirtschaft geführt. Mit
       Mieterorganisationen sprach die Ampel hingegen nur 14-mal – halb so oft.
       Das geht aus zwei der taz vorliegenden Antworten auf schriftlichen Fragen
       der Bundestagsabgeordneten Caren Lay (Linke) hervor.
       
       Laut Antworten der Bundesregierung traf sich allein Bauministerin Klara
       Geywitz (SPD) zehnmal persönlich mit Lobbyist*innen von
       Immo-Interessensverbänden und Wohnungskonzernen. Zusammen mit ihren
       Staatssekretären kommt das Ministerium gar auf 24 Gespräche. Aber auch in
       den FDP-Ministerien für Finanzen und Justiz gab es auf höchster Ebene
       mehrfach persönlichen Austausch mit der Immolobby.
       
       Nun ist Lobbyismus nicht per se böse, sondern in Demokratien ein normaler
       Teil politischer Entscheidungsprozesse. Idealerweise sollte der Abgleich
       mit verschiedenen Interessensgruppen zum bestmöglichen Gesetz und gut
       informierten Entscheidungen führen. Schwierig wird es jedoch, wenn ein
       Ungleichgewicht der Interessen besteht oder gar Grenzen zur Korruption
       überschritten werden – man erinnere sich in der vergangenen Legislatur etwa
       an die [1][Maskendeals der CDU].
       
       In der noch jungen Amtszeit der Ampel hatte die Immobilienwirtschaft
       offenbar besonderen Redebedarf mit dem Justizminister Marco Buschmann (FDP)
       und dessen Staatssekretär Benjamin Strasser. Und zwar just, nachdem
       Bauministerin Geywitz eine überarbeitetes Baugesetz vorgelegt hatte, [2][um
       das kommunale Vorkaufsrecht zugunsten von Mieter*innen zu reformieren].
       
       ## Lobbyisten-Treffen wegen Vorkaufsrecht?
       
       Am Freitag, dem 28. April, verschickte das Bauministerium einen ersten
       Reformentwurf [3][zur Abstimmung an andere Ministerien]. Gleich am nächsten
       Werktag, Montag, dem 2. Mai, traf Justizminister Buschmann den
       Spitzenverband der Immobilienwirtschaft ZIA. Vier Tage später, am 6. Mai,
       traf sich dessen Staatssekretär Strasser zudem noch mit dem VDIV, dem
       Spitzenverband der Immobilienverwalter. Wohl nicht zufällig versucht die
       FDP seit Bekanntwerden des Entwurfs die [4][Reform des Vorkaufsrechts zu
       blockieren] – mit noch ungewissem Ausgang.
       
       Die Linken-Politikerin Lay nannte die Lobby-Gespräche im Justizministerium
       „pikant“. Generell träfen sich die Ampel-Vertreter*innen in einem
       bedenklichen Ausmaß mit Immobilien-Lobbyisten, sagte Lay der taz. Sie
       verwies darauf, dass es in der vergangenen Koalition von Union und SPD
       unter Kanzlerin Angela Merkel in den ersten sechs Monaten bei den genannten
       Ministerien nur je ein Lobby-Gespräch gegeben hätte.
       
       Insgesamt hätten sich Minister*innen in der gesamtem Legislatur nur
       fünfmal mit der Immo-Lobby getroffen, zusammen mit Staatssekretären 56-mal.
       Die Ampel käme in den ersten sechs Monaten bereits auf die Hälfte der
       Treffen. Entsprechend kritisierte Lay das Ungleichgewicht zu
       Mieterinteressen: „Statt Vonovia und der Immobilienlobby den roten Teppich
       auszurollen, sollten endlich Sorgen und Interessen der Mieter mehr Gehör
       finden.“
       
       Tatsächlich zeigt sich seit der Einführung des [5][Lobbyregisters] Anfang
       des Jahres ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Wirtschaft und
       zivilgesellschaftlichen Akteuren: Laut einer Auswertung der Linken
       lobbyieren für die Immo-Wirtschaft 142 Personen mit einem jährlichen Budget
       von über 8 Millionen Euro. Demgegenüber haben Mieterorganisationen nur bis
       zu 11 Lobbyist*innen im Bundestag, finanziert mit 100.000 Euro
       jährlich.
       
       1 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Korruption-und-Lobbyismus-in-der-CDU/!5825271
 (DIR) [2] /Urteil-des-Bundesverwaltungsgericht/!5814508
 (DIR) [3] https://www.sueddeutsche.de/politik/geywitz-gesetzentwurf-vorkaufsrecht-1.5575538
 (DIR) [4] /Mietenkrise-und-Verdraengung/!5847825
 (DIR) [5] https://www.lobbyregister.bundestag.de/startseite
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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