# taz.de -- Verbot in Frankreich: Graue Wölfe per Dekret aufgelöst
       
       > Frankreich hat die ultranationalistische türkische Organisation Graue
       > Wölfe aufgelöst. Sie schüre Hass und sei an Gewaltaktionen beteiligt.
       
 (IMG) Bild: Schmierereien an einer Gedenkstätte für die Opfer des Genozids an den Armenier*innen in Lyon
       
       PARIS taz | Wie von Innenminister Gérald Darmanin am Montag
       [1][angekündigt], hat Frankreichs Ministerrat am Mittwoch die Aktivitäten
       der extremistischen türkischen Organisation Graue Wölfe offiziell untersagt
       und ihre Auflösung angeordnet.
       
       Bei der in zahlreichen europäischen Ländern agierenden Vereinigung handele
       es sich in Frankreich um „eine besonders aggressive Gruppe“, [2][erklärte]
       Darmanin zur Rechtfertigung seiner Maßnahme, die er nach der Auflösung von
       radikalen islamistischen Vereinigungen nach den [3][jüngsten
       terroristischen Attentaten] aus Sicherheitsgründen als notwendig erachtet.
       
       Die „Grauen Wölfe“ werden für verschiedene Zwischenfälle und öffentliche
       Provokationen im Kontext des armenisch-aserischen Konflikts um Bergkarabach
       verantwortlich gemacht. Ende Oktober hatten mehrere hundert Türken in
       Décines-Charpieu im Osten von Lyon und weiter südlich in Vienne
       demonstriert, um so die armenischen Bewohner herauszufordern oder
       einzuschüchtern.
       
       In Décines wurde in der Nacht auf den 31. Oktober das Mahnmal zum Gedenken
       an den armenischen Völkermord von 1915 beschmiert. „RTE“ (Abkürzung für
       Recep Tayyip Erdogan), „Loup gris“ (Grauer Wolf) und „Nique l'Arménie“ (in
       etwa „Fick Armenien“) war mit gelber Farbe auf die Fassade gesprayt worden.
       Die Koordination der armenischen Organisationen in Frankreich sprach gar
       von einer organisierten „Jagd auf Armenier“.
       
       ## Aktive armenische Diaspora
       
       Schon am 24. Juli hätten türkische „Ultranationalisten“ in Décines eine
       Strafexpedition gegen die dort lebenden Armenier organisiert, berichtet die
       Zeitung Le Monde. In dem Vorort von Lyon stehen zwei armenische Kirchen,
       ein Kulturzentrum mit einem Mahnmal für den Genozid von 1915 und ein
       Radiosender der armenischen Gemeinschaft. Im Konflikt mit Aserbaidschan um
       Bergkarabach unterstützt die Diaspora in Frankreich mit Appellen, Geld,
       Material und auch Freiwilligen die ferne Heimat, während die Türkei
       Aserbaidschan hilft.
       
       Die Bürgermeisterin von Décines, Laurence Fautra, hatte von den zuständigen
       Behörden Schutz der bedrohten Bevölkerung verlangt. Daraufhin wurden
       Militärs zu Straßenpatrouillen entsandt. Die Bilder von bewaffneten
       Uniformierten haben indes vor Ort eher schockiert als beruhigt.
       
       „Wir leben doch nicht in einer Kriegszone, wir haben hier ein Mosaik von
       Kulturen, die bisher in Frieden zusammenlebten“, sagte Fautra, die hofft,
       dass das türkische Konsulat in Lyon seine Landsleute zur Zurückhaltung
       bewegen könne.
       
       Die Zwischenfälle wegen des armenisch-aserischen Konflikts sind für die
       französische Regierung ein Anlass, eine in Europa auch für gewaltsame
       Aggressionen gegen türkische Oppositionelle und ausländische Gegner von
       Erdoğan berüchtigte rechtsextreme Vereinigung zu verbieten. In Frankreich
       war diese allerdings nie als eingetragener Verein zugelassen.
       
       ## Islam im identitären Sinne
       
       Ursprünglich wurden die Grauen Wölfe 1968 von einem türkischen Oberst als
       paramilitärische Organisation im Umfeld der ultranationalistischen Partei
       MHP gegründet. Die Grauen Wölfe sind „eine rechtsextreme türkische Bewegung
       im faschistischen Stil, die auf nationalistischen und ethnischen Elementen
       beruht. Der Islam ist darin eher in einem identitären Sinne von Bedeutung:
       Man ist Türke, also Muslim“, [4][erklärte] Jean Marcou, Professor an der
       Universität Grenoble und Experte für Politik im Mittleren Osten und
       Mittelmeerraum am französischen Radio France-Info.
       
       Heute unterstützen diese Extremisten im In- und Ausland die
       nationalistische Politik Erdoğans. Darum dürfte das jetzt in Paris
       offiziell ausgesprochene Verbot die [5][Spannungen zwischen dem türkischen
       Staatschef und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron] noch
       verschärfen. Erdoğan hatte wegen der Mohammedkarikaturen zu einem
       [6][Boykott französischer Güter] aufgerufen.
       
       4 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tuerkeistaemmige-Rechtsextreme/!5722522
 (DIR) [2] https://twitter.com/GDarmanin/status/1323958183384305667?s=20
 (DIR) [3] /Anschlaege-in-Frankreich/!5724674
 (DIR) [4] https://www.francetvinfo.fr/monde/turquie/qui-sont-les-loups-gris-ce-mouvement-ultranationaliste-turc-que-le-gouvernement-va-dissoudre_4166629.html
 (DIR) [5] /Erdoan-und-die-Mohammed-Karikaturen/!5724499
 (DIR) [6] /Boykottaufrufe-gegen-Frankreich/!5720709
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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