# taz.de -- Vor der Pressekonferenz mit Jogi Löw: Aktionismus für Anfänger
       
       > Bundestrainer Jogi Löw präsentiert seinen Rettungsplan für
       > Fußballdeutschland. Wagt er den Umbruch oder doktert er nur an Symptomen
       > herum?
       
 (IMG) Bild: Bundestrainer Joachim Löw erklärt am 29. August seine Pläne für die Zukunft der DFB-Elf
       
       Die WM-Kampagne des Deutschen Fußball-Bundes war preisverdächtig. Der
       Verein Deutsche Sprache kürte jetzt den „Sprachpanscher des Jahres“. Aber
       der DFB, der mit dem kruden Slogan „Best Never Rest“ in Russland als
       Titelverteidiger angetreten war, wollte den Preis nicht annehmen. Geradezu
       [1][pikiert reagierte der Verband]. „Ohne Worte, was sich der Verein
       ‚Deutsche Sprache‘ leistet“, erregte sich der DFB via Twitter, „soviel
       Ahnungslosigkeit macht sprachlos!“ Schuld sei doch der Sponsor Mercedes
       gewesen, also die Marketingfritzen dort. Nicht der DFB. Allein dieser Tweet
       lässt tief blicken – auf eine nicht vorhandene Fehlerkultur innerhalb des
       größten nationalen Sportfachverbandes der Welt.
       
       Man kann nur hoffen, dass sich Bundestrainer Jogi Löw nicht hat anstecken
       lassen von dieser Art der Aufarbeitung; dass er #zsmmn mit seiner „Die
       Mannschaft“ in medias res gegangen ist und für sich auch unbequeme Fragen
       beantwortet hat. Das wäre ganz toll, denn am 29. August will er der
       Öffentlichkeit in München mitteilen, wie der deutsche Fußball wieder groß
       werden kann, nachdem er sich bei der Watutinki-WM ja selbst verzwergt hat.
       Die Bilanz: [2][Aus in der Gruppenphase gegen Südkorea], lächerliches
       Aussitzen der Özil-Erdoğan-Affäre und ein unbeholfenes Nachkarten, an dem
       sich der Bundestrainer [3][immerhin nicht beteiligte].
       
       Das war auch schlichtweg nicht möglich, denn Löw war abgetaucht. Er sagte
       fast nichts, nur dies: „Es muss uns wieder gelingen, wie in den Jahren
       zuvor, dass man unseren Spielern die Freude, den Spaß, die Leidenschaft für
       Deutschland zu spielen anmerkt – auf und neben dem Platz.“ Leidenschaft,
       Freude, Spaß, was man halt so sagt. „Sie müssen wieder Gras fressen“, wäre
       auch gegangen. Hat er sogar gesagt, verlautbarte der Spiegel, und man fragt
       sich unwillkürlich: Hat sich Löw womöglich zu lange mit Friedhelm Funkel
       unterhalten?
       
       Der Bundestrainer urlaubte auf Sardinien und in seiner badischen Heimat.
       Die Phasen der inneren Einkehr wurden nur unterbrochen von lästigen
       Terminen in Frankfurt am Main, wo Vertreter des DFB oder der Deutschen
       Fußball-Liga dann doch mal wissen wollten, wie denn die Löw’schen
       Gedankenexperimente aussehen und ob sich daraus womöglich Konkretes für den
       deutschen Fußball ableiten lässt. Die Abgesandten der Vereine und die
       Funktionäre des Verbandes hat der Jogi irgendwie mit einer cleveren
       Hinhaltetaktik überzeugen können.
       
       ## Personalwechsel auf und neben dem Platz?
       
       Aber was wird er in München präsentieren, wenn es wirklich ernst wird? Das
       Aus für Co-Trainer Thomas Schneider und Chefscout Urs Siegenthaler? Einen
       neuen Spielstil unter tatkräftiger Mitwirkung junger Spieler wie Nico
       Schulz, Leroy Sané oder Thilo Kehrer? Das Strickmuster für eine Aussöhnung
       zwischen den „Kartoffel“-Kickern und den „Kanaken“, die sich diese
       Invektive laut Lukas Podolski schon 2016 wie lustige Luftballons um die
       Ohren gehauen hätten? Die Umstrukturierung der Nachwuchsförderung, die zwar
       Kohorten von braven Systemspielern hervorbringt, aber keine echten
       „Dribbler“ (Löw) und „Spezialisten“ (dito), die sich eben nicht in der
       polyvalenten Tiefe des Raumes verlieren?
       
       Reform oder Reförmchen, großer Wurf oder kleines Karo, das ist die Frage
       der Fragen. Und wie man Löw kennt, wird es wahrscheinlich so ein
       Zwischending werden. Er wird Zugeständnisse machen, Selbstkritik üben,
       allen ein Häppchen hinwerfen, nur damit er bald wieder in Ruhe sein
       Espresso-Freiburg-Ding durchziehen kann. So elegant, lässig und ungestört
       wie früher geht das vorerst leider nicht mehr. Der Jogi ist ja jetzt trotz
       seiner Meriten auf Bewährung in der Welt des Fußballs unterwegs. Da muss
       man sich schon mal regen und beispielsweise an einem Fußballwochenende auf
       drei verschiedenen Plätzen erscheinen, in München, Mönchengladbach und
       Düsseldorf.
       
       Löw als Groundhopper? Das war in der Vergangenheit eher nicht sein Metier.
       Dass er sich jetzt auch noch unters Trainervolk mischen will, am 23.
       September bei der internationalen Trainerkonferenz in London, ist Zeichen
       eines Aktionismus, der den Gemütsmenschen Löw fordern dürfte. Aber damit er
       nicht alles auf einmal umkrempeln muss, hat er sich Formen der alten
       Bequemlichkeit erhalten. Mit İlkay Gündoğan arbeitete er die WM und das
       nervenaufreibende Drumherum nur fernschriftlich auf. Der Bundestrainer
       schrieb eine SMS.
       
       28 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/DFB/status/1033074276293910533
 (DIR) [2] /DFB-Team-verliert-gegen-Suedkorea/!5516745
 (DIR) [3] /Kolumne-Press-Schlag/!5520132
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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