# taz.de -- Vorwürfe gegen Florian Schmidt: Im Visier der Opposition
       
       > Bei den Ermittlungen gegen den Baustadtrat und dem Vorkauf zugunsten der
       > Diese eG geht es um alte Vorwürfe. Doch auch der Rechnungshof hat Kritik.
       
 (IMG) Bild: Xhains Baustadtrat Florian Schmidt
       
       BERLIN taz | Hat Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt
       (Grüne) bei der Ausübung des [1][Vorkaufsrechts zugunsten der
       Genossenschaft Diese eG] rechtswidrig gehandelt und sogar Steuergelder
       verschwendet? Dieser Verdacht steht – mal wieder – im Raum, seit zunächst
       die B.Z. über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Schmidt berichtet
       hatte.
       
       Demnach wurden die nach einer Strafanzeige aus dem letzten Jahr zunächst
       eingestellten Ermittlungen wegen Haushaltsuntreue im Mai wieder
       aufgenommen. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner,
       seien „neue Erkenntnisse vorgetragen worden“, die einen „Anfangsverdacht“
       rechtfertigen.
       
       Laut Schmidts privat hinzugezogenem Rechtsanwalt Jony Eisenberg, der auch
       für die taz tätig ist, gibt es jedoch keinen neuen Sachstand. „Entgegen der
       öffentlichen Darstellung ist die Staatsanwaltschaft bisher nicht weiter
       tätig geworden“, so Eisenberg. Die Staatsanwaltschaft habe demnach gar
       keine Position dazu entwickelt, ob sie Hinweise auf ein strafrechtlich
       relevantes Verhalten von Schmidt sehe; eine Stellungnahme von Eisenberg sei
       „noch nicht bewertet“ worden.
       
       Sicher ist nur: Es gibt eine Anzeige und einen Widerspruch gegen die
       ursprüngliche Einstellung durch die Anwältin Sandra von Münster,
       FDP-Ortsverbandsvorsitzende in Weißensee und aktiv im Vorstand der
       wirtschaftsnahen Volksinitiative Neue Wege für Berlin. Auf Anfrage der taz
       wollte sich von Münster, die auch private Investoren anwaltlich vertritt,
       zu ihren Vorwürfen nicht äußern und sagte lediglich: „Die
       Staatsanwaltschaft muss nun ihren Job machen.“
       
       ## Finanzierung auf Kante
       
       Der Bezirk hatte für sechs Häuser, die an private Investoren verkauft
       worden waren, das Vorkaufsrecht zugunsten der eigens dafür geschaffenen
       Diese eG ausgeübt. Dafür gab es ein Finanzierungsmodell basierend auf vier
       Säulen: ein Eigenanteil der MieterInnen von 500 Euro pro Quadratmeter,
       Bankkredite, ein Landeszuschuss von 10 Prozent – der letztlich nur für zwei
       Häuser bezahlt wurde – sowie Darlehen der Investitionsbank Berlin
       Brandenburg (IBB).
       
       Der Bezirk hatte in allen Fällen das Vorkaufsrecht fristgemäß ausgeübt,
       noch ehe die Darlehen der IBB in Höhe von etwa 22 Millionen Euro aus einem
       Landesprogramm zur Förderung genossenschaftlichen Neubaus und
       Bestandserwerbs formal im Beteiligungsausschuss beschlossen worden waren.
       Die Diese eG, Schmidt und die Grünen beriefen sich dabei stets darauf, dass
       der politische Wille, dies so zu beschließen, im Koalitionsausschuss
       kundgetan war.
       
       Bis zum endgültigen Beschluss im Dezember, an dem drei Senatsverwaltungen
       beteiligt waren, stand die Finanzierung der Hausankäufe auf der Kippe.
       Dadurch entstanden dem Bezirksamt Kosten durch Verzugszinsen sowie
       Rechtsanwalts- und Gerichtskosten. Die Rede ist von 160.000 Euro,
       ursprünglich hatte Schmidt von bis zu 300.000 Euro gesprochen.
       
       ## Hypothetische Risiken
       
       Eisenberg teilt dazu mit, Schmidt sei „hypothetische Risiken eingegangen“;
       denn die zuständigen Senatsstellen hätten „den Eindruck erweckt“, dass die
       erforderten Förderungen und Darlehen „gewährt werden können“.
       
       Überdies weist der Anwalt auf die politischen Konsequenzen hin: „Hätte
       Schmidt nicht gehandelt, wären die Immobilien in die Hände von Erwerbern
       gelangt, die sich dezidiert geweigert haben, Abwendungsvereinbarungen zum
       Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu unterzeichnen. Eine
       Verdrängung von Mieterinnen war zu befürchten.“ Insgesamt wurden 169
       Wohnungen angekauft; die Diese eG ist dabei langfristige Bindungen zum
       Schutz der MieterInnen eingegangen.
       
       Geht es nach CDU und FDP, soll auf das Mittel ganz verzichtet werden. So
       sagte der Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Stefan Evers, der Morgenpost:
       „Das Vorkaufsrecht ist ein falsches Versprechen an die Mieter und für das
       Land Berlin mit massiven Risiken behaftet. Deshalb sagen wir: Finger weg
       davon.“ Die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sibylle Meister,
       sagte, das Vorkaufsrecht „kaschiert nur, dass die kommunalen
       Wohnungsbaugesellschaften zu wenig bauen“.
       
       Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, spricht
       gegenüber der taz von einer [2][„politischen Kampagne“] der Opposition:
       „Die politischen Gegner*innen des Vorkaufsrechts und einer
       gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung schlachten die Tatsache aus, dass
       es Strafanzeigen gibt, die aus ihren eigenen Reihen kommen.“
       
       Sie verweist darauf, dass unter Rot-Rot-Grün mehr als 4.000 Wohnungen über
       das Vorkaufsrecht abgesichert wurden, kritisiert aber auch, dass der Senat
       die Förderung des Ankaufs „verschleppt“ habe. Erst dadurch sei es zu der
       Situation gekommen, in der die Diese eG drohte, ihren
       Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen zu können.
       
       Selbst wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft folgenlos bleiben,
       dürfte es für Schmidt noch einmal ungemütlich werden. Denn auch der
       Landesrechnungshof prüft die Diese-Vorkäufe; das Ergebnis erscheint im
       Oktober als Teil des Jahresberichts 2020. Medienberichten zufolge sehen die
       Prüfer eine Reihe von Mängeln und Fehlern.
       
       Dabei geht es um mehr als den entstandenen finanziellen Schaden. Die Prüfer
       sollen sieben Punkte monieren, etwa dass es für jeden Hauskauf einen
       eigenen Bezirksamtsbeschluss bräuchte und Schmidt keine ausreichende
       Finanzierungsprüfung vorgenommen habe. Schmidberger widerspricht: Der
       Bezirk habe einen Vorratsbeschluss, der Schmidt zu seinem Handeln
       ermächtige, ebenso sei eine „ausreichende Prüfung“ vorgenommen worden. Die
       Opposition freut sich jedoch bereits auf den Bericht. CDU-Mann Evers hat
       Akteneinsicht beantragt, um Prüfungsdetails zu bekommen, die er in dem
       offiziellen Bericht nicht erwartet.
       
       15 Sep 2020
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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