# taz.de -- Wassersperre wegen Dürre: Abpumpen ist tabu
       
       > Deutschland leidet unter Trockenheit. Weil Regen ausbleibt, darf nun
       > vielerorts kein Wasser mehr aus Flüssen und Seen geschöpft werden.
       
 (IMG) Bild: Der Pegel der Elbe in Dresden liegt derzeit 94 Zentimeter niedriger als sonst um diese Zeit
       
       BERLIN taz | Zahlreiche Städte und Kreise schränken die Entnahme von Wasser
       aus Flüssen, Bächen oder Seen ein. Dort ist es nur noch zu bestimmten
       Tageszeiten oder gar nicht mehr erlaubt, Wasser abzupumpen oder zu
       schöpfen. Der Landkreis Osnabrück nennt die [1][„bereits seit Längeren
       anhaltende Trockenheit“] als Ursache; Dresden verbietet bis zunächst 15.
       Oktober „die Wasserentnahme mittels Pumpen und die Wasserentnahme mit
       Handgefäßen aus Teichen, Bächen und Flüssen zum Zweck der Bewässerung“. Und
       auch in Potsdam hat die Stadt es verboten, für die Bewässerung Wasser aus
       Seen, Flüssen und Gräben zu pumpen.
       
       Es sei ein „gutes Zeichen“, dass die zuständigen Kommunen und Landkreise
       inzwischen relativ schnell auf den Wassermangel reagierten, sagt Dietrich
       Borchardt, am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg zuständig
       für Wasserressourcen und Umwelt. Das Thema sei inzwischen auf allen
       politischen Ebenen angekommen, verschiedene Bundesländer arbeiteten an
       Strategien für Niedrigwasser, [2][die Bundesregierung an einer Nationalen
       Wasserstrategie].
       
       Zwar sei das dem Landkreis Osnabrück benachbarte Münsterland kein
       „zukünftiges Wüstengebiet“, sagt Hans-Heinrich Berghorn, Pressesprecher des
       Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes in Münster. Trotzdem geht
       er davon aus, dass „auch uns das Thema Wasserknappheit betreffen wird“. Es
       werde dann zu entscheiden sein, wer vorrangig und zu welchen Preisen Wasser
       erhalte.
       
       „Wenn die künstliche Bewässerung von Ackerflächen sehr viel teurer wird,
       werden die Landwirte andere Pflanzen anbauen oder ihre Bewässerungsmethoden
       umstellen, etwa auf Tröpfchenbewässerung“, vermutet Berghorn. Bislang
       bewässern Landwirte vor allem Obst- und Gemüsekulturen oder Zuckerrüben.
       „Wir lernen ja gerade bei der Debatte über die Verfügbarkeit von Gas, dass
       der Staat eingreifen kann“, sagt Berghorn, „das wird beim Wasser vielleicht
       ähnlich laufen“.
       
       ## Auch Landwirte und Unternehmen trifft es
       
       Auch jetzt schon dürfen Landwirte nicht unbegrenzt Wasser aus Flüssen oder
       Seen pumpen. Sie sind in Beregnungsverbänden organisiert, die für einen
       bestimmten Zeitraum, etwa fünf oder zehn Jahre, feste Entnahmemengen
       vereinbaren, sagt Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
       Bäuerliche Landwirtschaft.
       
       Auch Unternehmen sind vom Wassermangel in einigen Regionen betroffen.
       Wasser werde zunehmend zu einem immer stärker zu berücksichtigenden Faktor
       für die Ansiedelung von Gewerbe und Industrie, sagte der brandenburgische
       Umweltminister Axel Vogel am Donnerstag auf einem Kongress zum
       „Standortfaktor Wasser“ in Rüdersdorf östlich von Berlin.
       
       Die kommunalen Wasserbetriebe betonen, dass die Versorgung mit Trinkwasser
       nicht gefährdet sei. „Vereinzelt kann eine anhaltende Trockenheit aber
       erneut einen Stresstest für die Wasserversorgung auslösen“, teilt der
       Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mit. Deswegen könne fast jedes dritte
       Unternehmen zumindest temporäre Engpässe nicht gänzlich ausschließen. „Das
       bedeutet konkret: Jeder fünfte Versorger rechnet mit ressourcenseitigen
       Knappheiten und jeder zehnte damit, dass Netze und Anlagen bei hohen
       Spitzenlasten an Grenzen geraten.“
       
       Die Dürre sei inzwischen nicht mehr als „jährlich wiederkehrend“ zu
       bezeichnen, sagt Borchardt, „sie ist ein zusammenhängendes Ereignis“. Die
       tieferen Bodenschichten hätten sich in weiten Landesteilen von den
       Trockenperioden der Jahre 2018 und 2019 noch nicht erholt. [3][Die
       andauernde Trockenheit schädige auch Bodenlebewesen, von Mikroorganismen
       wie Bakterien bis hin zu höheren Organismen wie Regenwürmern]. „Wir wissen,
       wie wichtig der belebte Boden für die Fruchtbarkeit und den Wasserhaushalt
       ist“, sagt Borchardt, „das ist ein wichtiges Forschungsthema“.
       
       30 Jun 2022
       
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