# taz.de -- Lega Nord in Italien: Offene Grenzen für Rechtsaußen
       
       > Die Lega Nord orientiert sich ideologisch am französischen Vorbild Le
       > Pens. Damit will sie zur führenden Kraft der italienischen Rechten
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Anhänger der Lega Nord und deren Kopf Matteo Salvini (vorne rechts) auf einer Demonstration in Rom.
       
       ROM taz | Mit einer Massenkundgebung in Rom hat die rechtspopulistische
       Lega Nord am Samstag ihren Willen unterstrichen, sich als führende
       Oppositionskraft gegen die Mitte-links-Regierung unter Matteo Renzi zu
       etablieren. Berührungsängste auch nach Rechtsaußen zeigte die Lega dabei
       nicht: Auf der Piazza del Popolo durften auch einige tausend Faschisten der
       Casa Pound – der gegenwärtig stärksten neofaschistischen Formation Italien
       – mitdemonstrieren.
       
       „Renzi ab nach Hause!“ war das Motto des Protestes, angereichert durch die
       Slogans „Basta Euro!“ und „Basta Immigration“. Dagegen fehlte jeglicher
       Ausfall gegen die Zentralregierung, der seit dem Aufstieg der Lega Ende der
       80er Jahre zum festen Repertoire der Nord-Populisten gehört hatte. Und
       keine Spur mehr war vom offenen Sezessionismus zu finden, mit dem
       Lega-Gründer Umberto Bossi die Rechte der angeblich vom „diebischen Rom“
       und von den „parasitären Süditalienern“ gebeutelten Nordregionen
       verteidigen wollte.
       
       Der radikale Kurswechsel ist dem „anderen Matteo“ zu verdanken: Matteo
       Salvini, 41 Jahre alt und wie sein Generationskollege Renzi ein Mann des
       sicheren Auftritts sowohl in Talkshows als auch auf Großkundgebungen.
       
       Salvini ist erst seit Ende 2013 Lega-Chef; damals stürzte der Gründer und
       Übervater Bossi über einen Korruptionsskandal, und sein politisches
       Geschöpf drohte in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. So hatte die
       Lega bei den Parlamentswahlen vom Februar 2013 mit 4,1 Prozent nur um einen
       Hauch die 4-Prozent-Hürde überwunden.
       
       ## Hin zum rüden Rechtspopulismus
       
       Salvini bewies in dieser Situation den richtigen Riecher. Er orientierte
       sich nach dem Vorbild Le Pens: weg vom Separatismus, hin zu rüdem
       Rechtspopulismus nunmehr im Namen der Nation. Hetze gegen Roma („in Italien
       ist kein Platz für eure Lager“), gegen „kriminelle Ausländer“, Ausfälle
       gegen Brüssel, das die Regierung Renzi am Gängelband führe, prägten denn
       auch seine Rede. Nicht zwischen rechts und links unterscheide er, so
       Salvini, „sondern zwischen Produzenten und Parasiten“.
       
       Salvini weiß nur zu gut, dass er damit verbreitete Stimmungen in der
       Wählerschaft trifft. Die EU und der Euro werden immer unpopulärer, und die
       Anti-Ausländer-Rhetorik verfängt selbst unter vielen Linkswählern. Darauf
       gründet die Lega die Hoffnung, zur führenden Kraft auf der italienischen
       Rechten und auch in Süditalien wählbar zu werden; im Süden will sie in
       Zukunft mit Listen namens „Wir mit Salvini“ antreten. Angesichts des
       stetigen Niedergangs von Silvio Berlusconis Forza Italia (FI) könnte die
       Rechnung aufgehen. In diversen Meinungsumfragen der letzten Wochen kommt
       die Lega auf nunmehr 13 bis 15 Prozent und überrundet damit FI.
       
       ## Kein Problem mit Casa Pound
       
       Ebendieser Führungsanspruch sollte auch mit der Kundgebung am Samstag
       untermauert werden. Salvini selbst sprach von 100.000 Teilnehmern;
       unabhängige Schätzungen kamen eher auf 20.000, von denen 3.000 zum
       faschistischen Block der Casa Pound gehörten. Probleme mit Partnern von
       rechtsaußen kennt diese neue Lega nicht: Selbst Demonstranten mit T-Shirt
       der griechischen Neonazis von der „Goldenen Morgenröte“ waren auf dem Platz
       zu sehen.
       
       Etwa genauso viele Menschen hatten allerdings zu der zeitgleich angesetzten
       Gegendemonstration der radikalen Linken gefunden, die unter dem Slogan
       „Niemals mit Salvini“ durch Rom zog. Das Innenministerium hatte 3.500
       Polizisten aufgeboten, um jeden Kontakt zwischen den feindlichen Lagern zu
       vermeiden. Die Rechnung ging auf: Beide Demonstrationen blieben vollkommen
       friedlich.
       
       1 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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