# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Warum Monopoly die Welt zerstört
       
       > Selten siegt der Schurke Kapitalismus so schamlos wie bei „Monopoly
       > Planet Earth“. Regenwälder abholzen, Landschaften reihenweise
       > einbetonieren, zack: Gewonnen!
       
 (IMG) Bild: Zocken seit Jahrzehnten: Monopoly ist ein Spieleklassiker.
       
       Wer schon einmal barfuß auf einen Vierer-Stein von Lego getreten ist, wird
       nicht mehr so einfach von „unschuldigem Spiel“ sprechen. Ich jedenfalls
       humpelte damals drei Tage durch die Gegend wie Captain Long John Silver in
       „Die Schatzinsel“. Aber wer im Kinderzimmer nicht aufräumt, ist selbst
       schuld.
       
       Den Kampf gegen Playmobil, das Puzzlespiel, wo immer das letzte Teil
       fehlte, oder den familieneigenen Friedhof der Kuscheltiere hatten wir
       irgendwann aufgegeben. Dann wurden die Kinder größer und Spielzeug wurde
       unwichtiger. Bis kurz vor Weihnachten.
       
       Da machte unser Sohn plötzlich massiv Lobbyarbeit für „Monopoly Imperium“:
       Das uralte Spiel zur Vergötterung des Kapitalismus, Version 3.0. Man bewegt
       sich nicht zwischen E-Werk und Schloßallee, sondern würfelt auf Felder mit
       den Logos von McDonald’s, Intel, Coca Cola oder Ebay, um „wie Mark
       Zuckerberg, Rupert Murdoch oder Donald Trump dein eigenes Firmenimperium
       aufzubauen“, wie der Hersteller schwärmt. Selten haben wir mit so viel
       Genuss unseren Kindern einen Wunsch abgeschlagen.
       
       Noch bis Montag treffen sich die Superhirne aus dem Spielzeugland wieder in
       Nürnberg. Bei der Spielwarenmesse geht es um die neuen Trends, um den Markt
       von einer Milliarde Euro in Deutschland neu aufzurollen. Dieses Jahr mit
       den Trends „Little Scientists“, „Express Yourself“ und „Beyond Reality“ im
       schönsten Baby-Englisch. 3-D-Drucker für Dreijährige, Glitzerschminke für
       die angehenden Top-Models von Barbie Klum oder das Tablet fürs
       Digital-Lego. Wenn die kommenden Generationen sich so auf das Leben
       vorbereiten können, dann werde ich Gründungsmitglied der „Pädagogischen
       Europäer gegen die Infantilisierung des Abendlandes.“
       
       Dass die Jugend ihre Zukunft verspielt, wissen wir spätestens seit
       Sokrates, dem mit diesem Vorwurf das Gift gereicht wurde. Und nein, Spielen
       muss nicht immer politisch oder ökologisch korrekt sein. Es macht ja gerade
       Spaß, wenn es die Normen der Eltern aushebelt: Da zieht frau sein Baby im
       Fahrradanhänger groß und dieser Knilch wünscht sich erst mal ein Bobbycar
       von Porsche. Da erzieht mann die Kinder im Sinne der Bergpredigt, sie
       sitzen aber mit 13 Jahren vor „Counterstrike“. Da kocht mannfrau ohne Ende
       Rohkost – und die Brut schwärmt für TK-Pizza.
       
       ## Krieg und Kapital bringt Zockeraugen zum Leuchten
       
       Aber es ist schon erstaunlich, wie vor allem Krieg und Kapital die
       Zockeraugen zum Leuchten bringen: Als Kinder pokerten wir ohne Probleme
       beim „Börsenspiel“ mit BP- und Bayer-Aktien, wir lösten bei „Risiko“ einen
       Weltkrieg nach dem anderen aus oder kümmerten uns bei „Öl für uns alle“
       einen Dreck um die Tankerkatastrophen in der Arktis. Wir fanden den
       toxischen Plastikmüll in den Regalen von „Toys R Us“ toll. Ökologisch
       korrekte Spielideen wie „Keep Cool“, ein Brettspiel zu den
       Klimaverhandlungen ? Gähn. Gescheitert ist auch „Ökolopoly“, der
       Gegenentwurf zum Rafferspiel um Immobilen und Geld.
       
       „Monopoly“, das in der Great Depression in den 1930ern in den USA
       entwickelt wurde, hat sich auch von Immobilienkrise, Bankencrash und
       Eurodesaster nicht aufhalten lassen. Heute gibt es „Monopoly Banking“, wo
       man nur mit Kreditkarte zahlt (offenbar eng angelehnt an die Politik der
       EZB) und Sonderausgaben von James Bond bis zum FC Bayern München.
       
       Dass der Schurke Kapitalismus immer siegt, ist mir schon auch klar. Aber
       selten läuft das so schamlos wie bei „Monopoly Planet Earth“, das irgendwie
       seinen Weg in unseren Schrank gefunden hat. Dort holt der Spieler sein Geld
       aus der Erschließung der letzten Naturparadiese dieser Erde: Vom Himalaja
       über das brasilianische Pantanal und den Regenwald in Costa Rica bis in die
       Antarktis. Da wird ein Haus in der Namib-Wüste gebaut, ein Camp in die
       borealen Wälder geholzt, ein Hotel aufs Great Barrier Reef betoniert – und
       immer schön abkassieren!
       
       Bei diesen Zockern hilft wirklich nur eine uralte Monopoly-Regel: „Gehen
       Sie direkt ins Gefängnis!“
       
       30 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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