# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Nicht gleich Pipi machen!
       
       > Ex-„Zeit“-Herausgeber Theo Sommer ist ziemlich weit entfernt von der
       > Gegenwart. Und die Polizeigewerkschaft Sachsen vergibt einen Medienpreis.
       
 (IMG) Bild: Wie die Zeit vergeht …
       
       Hallo taz-Medienredaktion!
       
       Wer etwas erreichen will, muss offen für neue Ideen sein! Von der
       Stadtbücherei Offen(!)bach etwa können Verlage was lernen. Die nämlich
       schickt einen „Lesehund“ los, der Kindern die Angst vorm Vorlesen nehmen
       soll. Das könnte ein Modell sein, um Leser für Oldschoolprodukte wie
       Zeitungen zurückzugewinnen. Ob so ein Belltier den Kindern die Hemmungen
       dadurch nimmt, dass nun schon zwei da sind, die nicht lesen können, habe
       ich nicht ganz verstanden, aber egal.
       
       Nur für die Zeit könnte es bei ihrer Hammerauflage schwierig werden. Die
       müsste vielleicht auf Kaninchen umsatteln. Oder, wenn die Hunde knapp
       werden, Theo Sommer losschicken. Ist auch nicht so schlimm, wenn der nicht
       mehr zurückfindet.
       
       Der wegen Steuerbetrugs nicht mehr ganz so herzeigbare Ex-Herausgeber hat
       in der 70-Jahre-Jubiläumsausgabe des Blattes [1][ein Interview] gegeben,
       das seine Ferne zur Gegenwart eindrücklich darlegt. Und er hat es sich
       nicht nehmen lassen, seiner 33-jährigen Gesprächspartnerin, Leiterin des
       Hamburg-Ressorts, ein „Mein Gott, Mädel!“ entgegenzuschmettern. Wodurch er
       allenfalls im Tierheim „Brüderle“ noch auf einen Platz am Ofen hoffen kann.
       Es war seine Leistung, sich selbst als Zeit-Geist zu outen; es war
       Charlotte Parnacks, Grusel-Theo mit erfreulichem Krawumm zu parieren.
       
       Ein großes „Hurra!“ geht an die Berliner Kollegen von Zeit Online, die die
       Bitte der Hamburger Besserverdiener, die schöne Geburtstagsfeier am
       vergangenen Sonnabend nicht mit ihren [2][lästigen Forderungen nach
       gleicher Bezahlung] (wie die Printkollegen) zu stören, ignoriert haben und
       sich damit so manch kleine Aufmerksamkeit vom geaalten Hanseatenpublikum
       erkämpft haben. So ist es richtig! Nicht immer gleich einknicken! Nicht
       immer gleich beim kleinsten „Buh!“ Angst kriegen und Pipi machen!
       
       ## Brandstiftung statt Hilfeleistung
       
       Vergangene Woche hat der CDU-Abgeordnete [3][Philipp Lengsfeld gefordert],
       die Bild solle ihre „Refugees welcome“-Kampagne beenden. Was insofern
       lustig ist, als dass man das Springer-Organ eher für geistige Brandstiftung
       verantwortlich machen kann als für herausragende Hilfsleistungen.
       
       So hat der „Journalist“ Sten Hornig etwa im September 2014 in Bild Dresden
       geschrieben, Sanitäter, die ins Flüchtlingsheim gerufen würden, würden „aus
       Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“ eine Schutzweste tragen. Zitate hatte er
       so platziert, dass man annehmen muss, es bestünde ein Zusammenhang zwischen
       Asylanten und Schutzwesten. Ein Umstand, der schon einen Tag nach
       Erscheinen des Artikels vom Kreisgeschäftsführer des DRK Bautzen in den
       Medien dementiert wurde.
       
       Der Bild wurde für diesen Artikel vom [4][Deutschen Presserat eine
       Missbilligung ausgesprochen], Sten Hornig aber von der Deutschen
       Polizeigewerkschaft Sachsen für seine „hervorragenden journalistischen
       Leistungen“ mit dem „Medienpreis der DPolG Sachsen“ geehrt. Die Ehrung fand
       im Rahmen des Polizeiballs statt, an dem die „Tatort“-Schauspieler Axel
       Milberg und Sibel Kekilli zu „Ehrenkommissaren der sächsischen Polizei des
       Freistaates Sachsen“ ernannt wurden.
       
       Ich bin mir nicht ganz sicher, welches Verhalten das richtige ist in
       Anbetracht einer Polizei, die in Clausnitz brutal gegen die vom Mob
       bedrohten Flüchtlinge vorging und diese auch noch wegen „Provokation“
       anzeigt. Ehrung zurückgeben, ist wohl das Mindeste. Der Polizeiball fand
       übrigens im Dresdner „Ballhaus Watzke“ statt. Dort findet nicht nur der
       traditionelle und von rechten Burschenschaften besuchte „Akademikerball“
       statt, sondern dort tagte auch die AfD.
       
       Ja, da findet sich, was zusammengehört. Und damit zurück nach Berlin!
       
       23 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.zeit.de/2016/08/generationswechsel-die-zeit-diskussion-sexismus-redaktion-streitgespraech
 (DIR) [2] http://meedia.de/2016/02/22/onliner-als-partycrasher-protestaktion-fuer-gleiche-loehne-bei-zeit-geburtstagsfeier/
 (DIR) [3] http://meedia.de/2016/02/17/cdu-politiker-fordert-bild-zeitung-zum-stopp-der-kampagne-refugees-welcome-auf/
 (DIR) [4] http://www.fr-online.de/medien/-bild--feindseligkeit-gezielt-streuen,1473342,30419908.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Burmester
       
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