# taz.de -- Solidarität für Deniz Yücel: Politisches Rauchen
       
       > 150 Menschen zündeten sich am Dienstag Zigaretten an, um bei „Rauchen für
       > Deniz“ an den in der Türkei inhaftierten Journalisten zu erinnern.
       
 (IMG) Bild: Qualmen plus Beweisfoto für Facebook und Twitter: zeitgemäßer Aktivisimus bei #RauchenFuerDeniz
       
       BERLIN taz | Bei unbeteiligten Passanten sorgte es für Verwunderung, als
       sich am Dienstagabend pünktlich um 18 Uhr der Bürgersteig vor dem
       taz-Gebäude in der Rudi-Dutschke-Straße füllte. Was ging hier vor sich?
       Eine Kaperung der taz durch Tabaklobbyisten?
       
       Denn eines fiel schnell ins Auge: So gut wie jeder Anwesende hatte einen
       Glimmstängel zwischen den Lippen oder Fingern klemmen. Ein am Rande
       Stehender klassifizierte es als „politisches Rauchen.“
       
       Was obskur klingt, hatte einen ernsten Hintergrund: Geraucht wurde in
       Solidarität und aus Protest. In Solidarität mit dem ehemaligen taz- und
       heutigen Welt-Redakteur und passionierten Raucher Deniz Yücel. Aus Protest
       gegen seine fortdauernde Haft in der Türkei.
       
       [1][Aufgerufen zu dem qualmenden Protest hatte die Titelseitenrubrik
       verboten], für die Deniz in seiner Zeit bei der taz des Öfteren und gerne
       kurze und bisweilen bissige Texte verfasste.
       
       ## Neun Monate ohne Anklage
       
       Auf den Tag genau vor neun Monaten wurde Deniz, damals als
       Türkei-Korrespondent der Welt tätig, festgenommen, nachdem er sich
       freiwillig einer Anhörung durch türkische Behörden stellte. Seither sitzt
       er isoliert in Untersuchungshaft und wartet auf sein Verfahren. Bis dato
       wurde nicht einmal Anklage gegen ihn erhoben. In einem [2][taz-Interview am
       Wochenende forderte er unlängst einen baldigen und fairen Prozess].
       
       Und so wurde am Montagabend gequalmt, was die Lungen hergaben: Schnell war
       der gesamte Bürgersteig versperrt – aus etwa 150 Mündern quoll der blaue
       Dunst. Selbst Nichtraucher, wie taz-Chefredakteur Georg Löwisch, konnten
       heute nicht die Finger von der Fluppe lassen – Gruppenzwang als gelebte –
       sorry! – gerauchte Solidarität. Doch Löwisch beteuert: „Deniz weiß, dass
       ich immer schon entschieden für den Nichtraucherschutz eingetreten bin.“
       
       Ein Umstehender, der seinen Namen lieber nicht beim türkischen Geheimdienst
       wissen will, befand seine sechste Solidaritäts-Zigarette als „ziemlich
       angenehm. Besser als sonst – irgendwie bedeutsamer.“
       
       Auch [3][vor dem Spiegel-Redaktionsgebäude in Hamburg qualmten Kollegen]
       solidarisch für Deniz Yücel. In seiner Heimtstadt Flörsheim gab es eine
       Mahnwache mit dem Bürgemeister. Der Hashtag [4][#RauchenfuerDeniz] stand
       kurzzeitig auf Platz 1 der Trends bei Twitter.
       
       ## Total gaga
       
       Doch Stopp: Nach [5][Autokorsos] – Deniz zumindest liebte sie – in seiner
       Heimatstadt Flörsheim und Berlin jetzt freiheitsforderndes Rauchen? Nach
       CO2-Verpestung nun kollektive Lungenschädigung?
       
       Ist das alles nicht total gaga, verbotener Quatsch? „Doch, das ist es!
       Mindestens genauso gaga, wie die andauernde und unbegründete Haft unseres
       Freundes Deniz!“, beteuerte taz-Redakteur Gereon Asmuth in seiner, durch
       ständiges Inhalieren unterbrochenen, Rede.
       
       Ob das gesetzte Rauchzeichen Deniz in der Türkei wirklich hilft oder den
       Druck auf die deutsche Bundesregierung erhöht, bleibt zu bezweifeln. Doch
       es zeigt: Er gerät nicht in Vergessenheit, weder bei seinen alten Kollegen,
       Freunden und Unterstützern in Berlin, noch in Flörsheim und Hamburg, wo
       ebenfalls solidarisch geraucht wurde.
       
       Doch ebenso wichtig ist: Neben Deniz sitzen derzeit mehr als 160
       Journalisten in türkischen Gefängnissen – auch sie benötigen unsere
       anhaltende Solidarität. Diese darf unter keinen Umständen verstummen oder
       sich – wie Zigarettenqualm – in Luft auflösen.
       
       Und zuletzt ein Hinweis an alle Hater, die bei Twitter unter dem auf Platz
       Eins getrendetem Hashtag, Deniz und seinen Unterstützern Lungenkrebs
       herbeiwünschen: Für den Appell an alle Anwesenden, dem Rauchen zu entsagen,
       sobald Deniz frei ist, gibt es bereits das nächste Motto –
       [6][#iWillQuitWhenDenizIsFree].
       
       15 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://blogs.taz.de/hausblog/2017/11/13/rauchzeichen_deniz/
 (DIR) [2] /!5461933
 (DIR) [3] https://twitter.com/frau_boe/status/930482176579244032
 (DIR) [4] https://twitter.com/search?q=%23RauchenFuerDeniz&src=tyah&lang=de
 (DIR) [5] /!5446237/
 (DIR) [6] https://twitter.com/search?q=%23IwillquitwhenDenizIsFree&src=tyah&lang=de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Raphael Piotrowski
       
       ## TAGS
       
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