# taz.de -- Linken-Politiker zeigt Öcalan-Bild: Das Konterfei-Tabu
       
       > Bei der kurdischen Newroz-Kundgebung in Hannover hat der Linken-Politiker
       > Dieter Dehm ein Bild von PKK-Führer Öcalan gezeigt. Nun droht ihm ein
       > Strafverfahren.
       
 (IMG) Bild: Seit März 2017 darf man solche Fahnen in Deutschland nicht mehr schwenken
       
       BREMEN taz | Er hat es wieder getan, und wieder bekommt er Ärger: Am
       Samstag reckte der Linken-Politiker, Liedermacher und Musikproduzent
       Diether Dehm in Hannover bei der Großkundgebung von Kurd*innen und ihren
       Unterstützer*innen anlässlich des bevorstehenden kurdischen Neujahrsfests
       Newroz ein Plakat mit dem Konterfei des inhaftierten PKK-Führers Abdullah
       Öcalan in die Höhe.
       
       Die Polizei hat das als Straftat bewertet – und Dehm angezeigt. Jetzt muss
       der Bundestag prüfen, ob die Immunität des Abgeordneten aufgehoben wird.
       
       Die kurdische Arbeiterpartei PKK ist in Deutschland seit 1993 verboten. Um
       zu verhindern, dass sie sich politisch betätigt, hat das
       Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr auch das Zeigen ihrer Abzeichen,
       von Symbolen ihr nahestehender Organisationen und das Schwenken gelber und
       gelbgrüner Fahnen mit dem Bildnis Öcalans verboten. Dehm räumt ein, ein
       Porträt des inhaftierten PKK-Chefs hochgehalten zu haben. 
       
       „Eine Fahne war das nicht, sondern einfach ein Bild auf weißem Grund, das
       ich bei mir hatte“, so Dehm zur taz. „Das war eine spontane Aktion, die ich
       versucht habe, in meinen Auftritt einzubinden.“ In dessen Vorfeld sei es zu
       einer kritischen Situation gekommen. Mehrfach hatte die Polizei einen der
       zwei Demonstrationszüge zur Kundgebung gestoppt, weil Teilnehmende PKK-
       oder Öcalan-Fahnen geschwenkt hatten.
       
       Mindestens drei Männer wurden nach Angaben der Polizeidirektion Hannover
       festgenommen. Auch vor der Zentralbühne hatten schließlich mehrere
       Demonstrierende verbotene Fahnen in die Höhe gehalten. In dem Augenblick
       habe der Versammlung die Auflösung gedroht, so Dehm. „Ich habe deshalb vom
       Podium herab gebeten, die einzurollen.“ Im Gegenzug werde er ein
       Öcalan-Bild zeigen, während er „Bella Ciao“ spielte, das Lied der
       italienischen antifaschistischen Partisanen.
       
       Nach seinem Auftritt stellte sich Dehm der Polizei – und klärte die
       Beamt*innen über seinen Abgeordneten-Status auf. Denen bescheinigte er ein
       „ausgesprochen maßvolles Verhalten“. Keiner der von ihm angesprochenen
       sechs Polizisten habe „auch nur ein Minimum des Verständnisses für das
       PKK-Verbot und seine Durchführung“ geäußert.
       
       Um gegen den Abgeordneten ermitteln zu dürfen, muss die Staatsanwaltschaft
       die Aufhebung der Immunität beim Bundestag beantragen. Danach würde ihm ein
       förmliches Verfahren wegen Werbens für eine verbotene Vereinigung drohen.
       
       Dehm wird das nicht klaglos über sich ergehen lassen. Schon gegen die
       Aufhebung der Immunität werde er sich von Anwalt Peter Gauweiler vertreten
       lassen. Immerhin habe er dieses Privileg „genau aus dem Grund und in dem
       Sinne eingesetzt, wozu dieses demokratisch-parlamentarisch erkämpfte
       Privileg auch da ist: Nämlich zu deeskalieren und andere, die über
       Immunität nicht verfügen, von Straftaten abzuhalten.“ Sollte es dennoch zu
       einem Verfahren und gar zu einer Verurteilung kommen, werde er sich diesmal
       nicht so einfach beugen.
       
       Im Jahr 2015 hatte Dehm, weil er bei einer pro-kurdischen Demo in Berlin
       eine PKK-Fahne hochgehalten und zum zivilen Ungehorsam gegen das PKK-Verbot
       aufgerufen hatte, eine Strafe von 3.000 Euro bezahlt.
       
       ## Viel juristischer Spielraum
       
       Auch weil sich die vermeintliche Tat im Rahmen einer künstlerischen
       Performance ereignet hat, gibt es diesmal viel juristischen Spielraum. „Wir
       sind entschlossen, die Sache bis vors Bundesverfassungsgericht zu
       verfolgen“, stellte der 67-Jährige klar, der im September als
       Spitzenkandidat der niedersächsischen Landesliste erneut in den Bundestag
       eingezogen war. „Diese Abzeichenverbote sind eine deutsche Besonderheit“,
       so der Schatzmeister der Europäischen Linken. „In Frankreich oder Italien
       wären sie unvorstellbar.“
       
       Ob es überhaupt zu einer Anklage kommt, ist zweifelhaft: In Stuttgart war
       im vergangenen Jahr ein Öcalan-Soli-Video auf eine Hauswand projiziert
       worden, aber auf weißem Grund: Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf
       Ermittlungen. Bei Demos in Köln waren gespiegelte Öcalan-Konterfeis auf
       orangenem Grund gezeigt worden, die Polizei schritt nicht ein.
       
       Dehm prangert insofern die „besondere Skurrilität des Verbots einzelner
       Symbole unter bestimmten situativen Umständen“ an. Auch fordert er, dem
       Strategiewechsel der PKK „noch deutlicher hin zu einer demokratischen
       Organisation“ Rechnung zu tragen und sie, wie in Belgien, von der
       Terrorliste zu streichen. Die Kurd*innen seien es gewesen, „die uns
       geholfen haben, den islamistischen Terrorismus zu bekämpfen“.
       
       20 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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