# taz.de -- Armin Laschet und die Heinsberg-Studie: Angebliche Unwissenheit
       
       > Die Heinsberg-Studie sollte Argumente für rasche Lockerungen liefern. Die
       > PR-Agentur Storymachine begleitete sie. Was wusste Laschet?
       
 (IMG) Bild: Oberster Lockerer: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)
       
       Im Streit um die Kanzlerkandidatur ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet
       in eine ungewohnte Rolle geschlüpft: In der Coronakrise gibt der lange als
       Zögerer und Zauderer Kritisierte Deutschlands ersten und obersten
       [1][Lockerer des Lockdowns]. Laschet sorgt dafür, dass die Grenzen zu
       Nordrhein-Westfalens Nachbarländern Belgien und Niederlande offen bleiben,
       öffnet im Alleingang Möbelhäuser, [2][verspricht immer wieder die schnelle
       Rückkehr] zu einer neuen „verantwortungsvollen Normalität“. Es wirkt, als
       folge der Machtkampf mit seinem größten Rivalen, dem bayerischen
       CSU-Ministerpräsidenten und Coronahardliner Markus Söder, einem klaren
       Script.
       
       [3][Gescriptet wirkt auch die Heinsberg-Studie], die Laschet Argumente für
       seinen Kurs der Lockerung liefern sollte. Eine „fundierte Begründung“ für
       ein schnelles Ende von Kontaktverboten & Co. erhoffte sich der
       CDU-Bundesvize von der wissenschaftlichen Untersuchung, die der Bonner
       Virologe Hendrik Streeck im ersten deutschen Epizentrum der Pandemie, der
       Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg, durchgeführt hat. Dass der renommierte
       Forscher Streeck selbstverständlich „ergebnisoffene“ Arbeit versprach, als
       „Bürger“ den Lockdown aber kritisch sieht, haben Christian Schwägerl und
       Joachim Budde [4][auf riffreporter.de detailliert herausgearbeitet.]
       
       Mit 65.315 Euro hat Laschets Landesregierung Streecks Untersuchung
       mitfinanziert. Dass die Studie aufgrund einer zu geringen Fallzahl in dem
       12.000-Seelen-Örtchen Gangelt eben nicht repräsentativ für ganz Deutschland
       sein kann – fast geschenkt. Wie wenig Argumente sie deshalb für Laschets
       Lockerungsübungen liefert, [5][haben die Zeit früh] und zuletzt etwa der
       SWR klargemacht.
       
       Merkwürdig wirkt auch die mediale Begleitung durch die PR-Agentur
       Storymachine. Hinter der stehen der einstige Bild-Chefredakteur Kai
       Diekmann, der Eventmanager Michael Mronz und der frühere
       Stern.de-Chefredakteur Philipp Jessen. Mronz ist Laschet durch die
       Olympia-Bewerbung, mit der die Spiele 2032 an Rhein und Ruhr geholt werden
       sollen, verbunden – und mit Streeck befreundet.
       
       ## Hat Laschet gelogen?
       
       Dass auch das sogenannte Heinsberg-Protokoll, mit dem Storymachine eine
       „Dokumentation“ der Arbeit Streecks versprach, einem klaren Drehbuch
       folgte, geriet deshalb schnell in die Kritik. [6][Schon Mitte April
       berichtete Capital], welche „Messages“ mit dem Storymachine-Protokoll
       verbreitet werden sollten: Im Konzept der PR-Agentur hieß es, Streecks
       Studie werde „Wissen“ schaffen, mit dessen Hilfe sich ein „Weg zurück zur
       Normalität“ beschreiben lasse – ganz im Sinne Laschets.
       
       Der musste sich prompt unangenehme Fragen stellen lassen: Ob ihm denn klar
       sei, von wem und wie die Heinsberg-Studie vermarktet werde, wollten
       Journalist*innen etwa vom WDR oder vom Deutschlandfunk wissen. „Zu
       kleinteilig“ fand das der Ministerpräsident: „Welche PR-Agentur da wie was
       macht, ob das begleitet wird, ob man Herrn Streeck dabei hilft, die
       Presseanfragen aus aller Welt koordiniert zu beantworten, das weiß ich
       nicht“, [7][erklärte er noch am 19. April im Deutschlandfunk].
       
       Der Wahrheit scheint das nicht entsprochen zu haben, berichten Sascha
       Adamek und Lisa Wandt vom [8][ARD-Politikmagazin „Kontraste“.] Denn in
       einer Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Düsseldorfer
       Landtag, die auch der taz vorliegt, schreibt CDU-Gesundheitsminister
       Karl-Josef Laumann, die „Beratung“ Streecks durch Storymachine sei „der
       Öffentlichkeit und damit auch der Landesregierung bereits „zum Auftakt der
       entsprechenden Facebook-Seite“ bekannt gewesen. Auf Facebook erschien das
       Heinsberg-Protokoll zuerst am 3. April. Der erste Post folgte am 6. April –
       also knapp zwei Wochen vor Laschets angeblicher Unwissenheit.
       
       Der Rest ist Ritual. Sarah Philipp, Parlamentarische Geschäftsführerin der
       SPD-Landtagsfraktion, wirft der Landesregierung „äußerst widersprüchliche
       Äußerungen“ vor. Laschets Staatskanzlei windet sich, will keinen
       Widerspruch erkennen. Fest steht aber: Ausgezahlt hat sich Laschets Kurs
       bisher nicht. Laut einer Infratest-Umfrage vom 7. Mai halten nur 27 Prozent
       der Deutschen den Rheinländer für einen guten Kanzlerkandidaten. Von seinem
       Rivalen Söder sagen das 53 Prozent.
       
       13 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Weitgehende-Corona-Lockerungen/!5681159
 (DIR) [2] /Schuloeffnungen-in-NRW/!5685498
 (DIR) [3] /Heinsberg-Studien-zu-Corona/!5676677
 (DIR) [4] https://www.riffreporter.de/corona-virus/corona-streeck-heinsberg-pandemie-exit-laschet/
 (DIR) [5] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-04/heinsberg-studie-hendrik-streeck-storymachine-armin-laschet
 (DIR) [6] https://www.capital.de/wirtschaft-politik/corona-studie-der-plan-hinter-dem-heinsberg-protokoll?article_onepage=true
 (DIR) [7] https://www.deutschlandfunk.de/lockerung-der-coronavirus-massnahmen-laschet-cdu-mir-sagen.868.de.html?dram%3Aarticle_id=474970
 (DIR) [8] https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/laschet-heinsberg-protokoll-101.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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