# taz.de -- Türkische Angriffe auf Kurden: Schweigende Kollaboration
       
       > Während die Türkei im Irak kurdische Autonomiegebiete bombardiert, hält
       > sich die EU vornehm zurück – wie immer, wenn es angeblich gegen die PKK
       > geht.
       
 (IMG) Bild: Und was sagt die EU? Pose des türkischen Verteidigungsministers nach dem Angriff auf die PKK im Irak
       
       2014 verübte der IS einen [1][Genozid an den Ezîd*innen] in Shingal
       (arabisch: Sindschar). Ezîd*innen suchten damals Zuflucht in den Bergen von
       Shingal im Irak. Bis heute sind dort Flüchtlingscamps der Überlebenden des
       Genozids. In der Nacht auf Montag [2][begannen türkische Militärflugzeuge
       ebendiese Berge von Shingal] zu bombardieren. Die Türkei führt somit den
       Genozid des IS mit anderen Mitteln fort.
       
       Gleichzeitig bombardierten türkische Militärflugzeuge das Flüchtlingscamp
       Mexmûr (arabisch: Machmur) und die Kandil-Berge in der kurdischen
       Autonomieregion, Irak. Die Türkei nennt die Operation, die ein
       völkerrechtswidriger Angriffskrieg ist, „Adler-Klaue“. Auch Mexmur ist ein
       Flüchtlingscamp. Die Geflüchteten, die dort leben, sind in den 90ern aus
       dem Südosten der Türkei vor dem türkischen Militär geflohen.
       
       Wieder einmal bombardiert die Türkei kurdische Siedlungsgebiete außerhalb
       der Türkei (!!!) und hat einen Freifahrtschein dafür. Weder von Bagdad noch
       Europa gab es Widerspruch, wie immer. Auch die deutschen Nachrichten copy
       und pasten die türkische Kriegsnarrative.
       
       Wie man es von der Türkei kennt, rechtfertigt sie ihren Angriffskrieg mit
       ihren Kampf gegen die PKK. Die Türkei sagt immer PKK, wenn sie Kurd*innen
       meint. Das war schon [3][in Afrin so, in Rojava] und auch mit den
       unzähligen [4][HDP-Abgeordneten, die die Türkei ins Gefängnis packte].
       
       Die Türkei hat Kurd*innen schon [5][bombardiert, getötet und vergast], da
       gab es noch lange keine PKK. Diese Kriegsrhetorik dient der Türkei als
       Alibi, um in ihrem antikurdischen Rassismus weiterhin Kurd*innen zu töten.
       Das passiert nicht nur in der Türkei, sondern auch in Deutschland. Vor
       einigen Wochen hat ein [6][Anhänger der Grauen Wölfe in Dortmund einen
       Kurden brutal zu Tode getreten]. Außerdem sind Einschüchterung und
       Bespitzelung von Kurd*innen an der Tagesordnung.
       
       Die Türkei ist ein faschistisches Land, aufgebaut auf Genoziden und der
       Auslöschung von Minderheiten. In der Türkei gibt es keine Zukunft für
       Minderheiten. Und es gibt in diesem Land keine Zukunft für Kurd*innen. Der
       Faschismus in der Türkei ist nicht zu demokratisieren. Seit ihrer
       Staatsgründung kämpft die Türkei gegen Kurd*innen. Die Assimilation ist
       gescheitert, Friedensprozesse wurden abgebrochen, politische Partizipation
       wurde niedergeschmettert. Komplette Auslöschung ist keine Lösung des
       Konflikts. Eine Lösung des Konflikts wäre: eine Abspaltung der kurdischen
       Gebiete, um eigene demokratische Strukturen aufzubauen.
       
       Deutschland als Rechtsstaat muss auf Rechtsstaatlichkeit pochen. Anstatt
       dass Heiko Maas vertrauensvoll mit Çavuşoğlu über Tourismus plaudert, muss
       er Demokratie und die Einhaltung von Menschenrechten fordern. Deutschland
       hat durch sein Schweigen zu den völkerrechtswidrigen Angriffskriegen in der
       Vergangenheit grünes Licht für Erdoğan und seine neoosmanischen
       Großmachtfantasien gegeben.
       
       Wer finanziert eigentlich diesen Staatsterror des Nato-Partners Türkei?
       Deutschland mit seinen Waffenlieferungen. Der Tourismus der Deutschen in
       Antalya oder der Flüchtlingsdeal der EU?
       
       16 Jun 2020
       
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 (DIR) [6] https://www.fr.de/panorama/dortmund-angriff-kleinwuechsiger-tod-facebook-ermittlungen-polizei-graue-woelfe-tuerkei-kurden-linke-zr-13766984.html
       
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