# taz.de -- Gesetzentwurf zu Feindeslisten: Beunruhigend unscharf
       
       > Der neue Gesetzentwurf erfasst nicht nur Feindeslisten von
       > ExtremistInnen, strafbar soll auch die Verbreitung anderer
       > personenbezogener Daten sein.
       
 (IMG) Bild: Unscharf: der Gesetzentwurf erfasst nicht nur Feindeslisten von RechtsextremistInnen
       
       Von einem Schnellschuss kann man eigentlich nicht sprechen. Immerhin wird
       schon seit rund zwei Jahren über eine mögliche Strafbarkeit sogenannter
       [1][Feindeslisten] diskutiert. Dennoch ist der [2][Gesetzentwurf], den das
       Justizministerium jetzt vorgelegt hat, so unscharf, dass er sogar
       JournalistInnen und AktivistInnen beunruhigen sollte. Der Gesetzentwurf
       erfasst eben nicht nur [3][Feindeslisten von RechtsextremistInnen], die die
       Öffentlichkeit einschüchtern. Vielmehr soll künftig die Verbreitung aller
       personenbezogenen Daten strafbar sein, die ihrer Art nach „geeignet ist“,
       die Gefahr schwerer Straftaten auszulösen.
       
       Diese Formulierung ist so weit gefasst, dass beim Lesen vermutlich niemand,
       der die Vorgeschichte verpasst hat, an extremistische Todeslisten denkt.
       Intuitiv erinnert man sich vielleicht eher an die Bild-Zeitung, die
       anklagend und schon-immer-gewusst-habend über den Rückfall eines
       Sexualstraftäters im offenen Vollzug berichtet. Oder an eine Initiative
       gegen Polizeigewalt, die emotionalisierend einen Knüppelexzess konkreter
       BeamtInnen anprangert.
       
       Kann das nicht auch „geeignet“ sein, Menschen in Selbstjustiz-Laune zu
       versetzen oder zu militanter Gegenwehr anzuregen? Wer das weit hergeholt
       findet, denke an die Diskussion in Frankreich. Dort soll das Filmen
       prügelnder PolizistInnen verboten werden, wenn die Verbreitung der Bilder
       die „körperliche oder psychische Unversehrtheit einzelner Beamter“
       gefährden könnte.
       
       Wenn die Koalition an ihrem Vorhaben festhält, müsste sie zweierlei
       sicherstellen: Erstens müsste eine subjektive Absicht verlangt werden, dass
       die Veröffentlichung der Daten zu Gewalttaten führt. Das hatte sogar das
       Bundeskriminalamt in seinem Vorschlag vorgesehen. Eine bloße „Geeignetheit“
       darf nicht genügen.
       
       Und es müsste klargestellt werden, dass meinungsstarke Medienberichte und
       Beiträge zum politischen Diskurs nicht unter das Gesetz fallen, solange sie
       nur (mutmaßliche) Missstände benennen und nicht zu Straftaten aufrufen.
       Die Abgrenzung ist schwierig. Aber genau darauf kommt es an.
       
       8 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Feindesliste-von-Corona-Protestierenden/!5727335
 (DIR) [2] /Gesetzentwurf-gegen-Drohungen/!5699573
 (DIR) [3] /Antifa-Kabinett-der-Bundesregierung/!5727525
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Rechter Terror
 (DIR) Justizministerium
 (DIR) Gesetzentwurf
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Todesliste
 (DIR) Prävention
 (DIR) Uniter
 (DIR) Hasskriminalität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gesetz gegen Feindeslisten: Es kann auch die Falschen treffen
       
       Das Beispiel Feindeslisten macht deutlich, wie schwierig Gesetzgebung ist,
       die auf Rechtsextremisten abzielt. Auch Linke können so verfolgt werden.
       
 (DIR) Gesetzentwurf gegen Feindeslisten: Journalisten dürfen Namen nennen
       
       Justizministerin Lambrecht hat ihren Gesetzentwurf gegen Feindeslisten
       überarbeitet. Medien- und Antifa-Recherchen sollen nicht mehr betroffen
       sein.
       
 (DIR) Antifa-Kabinett der Bundesregierung: Mit 89 Maßnahmen gegen den Hass
       
       Die Regierung antwortet auf den Rechtsterror und legt ein neues
       Maßnahmenpaket vor. Einige sehen „Meilensteine“, vieles bleibt aber auch
       vage.
       
 (DIR) Rechtsextreme Soldaten: Geheimdienste schauten weg
       
       Rechtsextreme Soldaten und Polizisten konnten sich bewaffnen und vernetzen.
       Ein Bundestagsgremium kritisiert die Geheimdienste nun scharf.
       
 (DIR) Gesetzentwurf gegen Drohungen: Listen mit Suggestiv-Charakter
       
       Die Große Koalition will die Veröffentlichung von Feindeslisten bestrafen.
       Ein erster Gesetzentwurf zeigt, wie heikel das Vorhaben ist.