# taz.de -- Der Cum-Ex-Mafia auf der Spur: Staatsanwältin Brorhilker ermittelt
       
       > Staatsanwältin Anne Brorhilker versucht seit acht Jahren den
       > Cum-Ex-Skandal aufzuklären. Inzwischen ermittelt sie gegen fast 1000
       > Beschuldigte.
       
 (IMG) Bild: Anne Brorhilker bleibt hartnäckig beim Cum-Ex-Skandal
       
       FREIBURG taz | Sie hat sich nicht ins Rampenlicht gedrängt. Erst 2019 gab
       es erste Pressefotos von ihr. Da ermittelte Oberstaatsanwältin Anne
       Brorhilker schon sechs Jahre gegen organisierten Steuerbetrug in den
       sogenannten Cum-Ex-Verfahren. Neue Popularität erhält sie nun durch eine
       ARD-Doku, die am Montagabend ausgestrahlt wurde. [1][„Milliardenraub – Eine
       Staatsanwältin jagt die Steuer-Mafia“].
       
       Den Begriff „Steuer-Mafia“ würde die nüchtern wirkende Juristin wohl sogar
       selbst benutzen. Auch sie spricht von „Merkmalen der organisierten
       Kriminalität“, vor allem weil die Täter so gut vernetzt waren, bis hin ins
       Finanzministerium und auch zu Steuerbehörden. Das besonders Gefährliche sei
       die „Unterwanderung“ des Staats, so Brorhilker.
       
       Beim Cum-Ex-Skandal geht es um Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividende.
       Die Beteiligten ließen sich Kapitalertragssteuer zweimal erstatten, obwohl
       sie nur einmal bezahlt wurde. Komplexe Aktienverkäufe rund um den
       Dividendenstichtag tarnten den Trick. Die Täter hatten damit dem Fiskus
       rund 10 Milliarden Euro Schaden verursacht. Mitbeteiligt waren Anwälte,
       Investmentprofis und Banken.
       
       Anne Brorhilker ermittelt seit 2013 bei der Kölner Staatsanwaltschaft im
       Cum-Ex-Skandal. Sie merkte schnell, dass sie etwas ganz Großem auf der Spur
       ist. Und sie will das Geflecht als Ganzes aufdecken, nicht nur einzelne
       Fälle vom Tisch bekommen. Mit dem Landeskriminalamt in Düsseldorf bildet
       sie eine gemeinsame Ermittlungsgruppe.
       
       Brorhilkers erster großer Schlag war eine internationale Razzia im Oktober
       2014. In 14 Staaten wurden gleichzeitig 130 Gebäude durchsucht, damit sich
       die Verdächtigen nicht warnen können. Beschlagnahmt wurde auch das Archiv
       des Steueranwalts Hanno Berger, der sich viele Cum-Ex-Modelle ausgedacht
       hat.
       
       ## Der Durchbruch
       
       Brorhilker gewann auch einen Kompagnon Bergers als Kronzeugen, der
       bestätigte, dass hinter den Deals Absprachen, System und kriminelle Energie
       steckten. Das war der Durchbruch, nun öffneten sich immer mehr Beteiligte
       der Ermittlerin.
       
       Gegen zwei englische Kronzeugen fand ab 2019 der erste Strafprozess statt.
       Brorhilker vertrat die Anklage. [2][Im März 2020 wurden die Engländer
       verurteilt.] Brorhilker hatte wegen der Aufklärungshilfe auf milde Strafen
       plädiert. Für sie war es viel wichtiger, dass endlich gerichtlich
       festgestellt ist: Die Cum-Ex-Manipulationen waren strafbar.
       
       Im März dieses Jahres musste die 47-jährige Juristin aber auch einen herben
       Rückschlag hinnehmen. [3][Ihre Vorgesetzten stoppten die Durchsuchung von
       Finanzbehörden in Hamburg.] Brorhilker wollte herausfinden, warum das
       zuständige Hamburger Finanzamt von einer Cum-Ex-Bank zunächst eine
       Rückzahlung von 47 Millionen Euro forderte – und nach Bänkergesprächen mit
       dem damaligen [4][Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)] plötzlich darauf
       verzichtete. Ihre Vorgesetzten in Köln sahen jedoch keinen hinreichenden
       Verdacht für Straftaten.
       
       Inzwischen ermittelt Brorhiler gegen fast tausend Cum-Ex-Beschuldigte. Die
       Hamburger Spur wird sie nicht vergessen.
       
       8 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/der-milliardenraub-video-102.html
 (DIR) [2] /Finanzbetrug-vor-Gericht/!5672395
 (DIR) [3] /Durchsuchungen-wegen-Cum-Ex-Skandal/!5756708
 (DIR) [4] /SPD-Kanzlerkandidat-sagt-im-Cum-Ex-Ausschuss-aus/!5769127
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Cum-Ex-Geschäfte
 (DIR) Staatsanwalt
 (DIR) Steuerbetrug
 (DIR) Banken
 (DIR) Olaf Scholz
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
 (DIR) Cum-Ex-Geschäfte
 (DIR) Steuer
 (DIR) Cum-Ex-Geschäfte
 (DIR) Cum-Ex-Geschäfte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Steuersünderplattform in Stuttgart: Petzen für den guten Zweck
       
       Steuerstasi oder Mittel zum Zweck? Baden-Württembergs Meldeplattform für
       Steuersünder:innen ist zu Recht umstritten.
       
 (DIR) Cum-Ex-Schlüsselfigur festgenommen: Berger will nicht nach Deutschland
       
       Er gilt als geistiger Vater des Betrugssystems, mit dem der Staat um
       Milliarden geprellt wurde. Nun wurde der 70-Jährige in der Schweiz
       festgenommen.
       
 (DIR) Urteil zum Dividendenstripping: Knast wegen Cum-Ex
       
       Haftstrafe wegen Steuerbetrug: Experten sagen nach dem Urteil gegen
       deutschen Ex-Banker, dass „Rechtsgeschichte“ geschrieben worden sei.
       
 (DIR) SPD-Kanzlerkandidat sagt im Cum-Ex-Ausschuss aus: Die Vergesslichkeit des Olaf Scholz
       
       Im Hamburger Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Steuerdiebstahl kann sich
       der Ex-Bürgermeister im Wesentlichen nicht erinnern.
       
 (DIR) Zeugen schwänzen Ausschuss: Scholz muss antanzen
       
       Dem Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre blieben die als Zeugen
       geladenen Eigner der Warburg-Bank fern. Nun soll Olaf Scholz aussagen.