# taz.de -- Polizeigewalt im Hambacher Wald: Fast ein Meilenstein
       
       > Der Einsatz des gewalttätigen Ersten Hauptkommissars im Hambacher Wald
       > war rechtswidrig, urteilt ein Gericht. Konsequenzen muss er aber nicht
       > tragen.
       
 (IMG) Bild: Todde Kemmerich wurde Opfer von Polizeigewalt im Hambacher Forst
       
       Der süßeste Traum des polizeilichen Gewaltopfers [1][Todde Kemmerich] hätte
       wohl so ausgesehen: Schadenersatz – wie jetzt bekommen – und üppiger
       Verdienstausfall, vorneweg aber Konsequenzen für den Täter: Vermerk in der
       Personalakte, am besten Entfernung aus dem Dienst. Und vor allem: endlich
       strafrechtliche Ermittlungen, Haftstrafe, Abführen in Handschellen, die er,
       Kemmerich, am besten noch selbst hätte anlegen dürfen.
       
       Das konnte das [2][Aachener Landgericht am Dienstag] nicht leisten.
       Immerhin verurteilte es das Land NRW als Dienstherrn des übergriffigen
       Polizisten auf Schadenersatz. Dessen Einsatz: rechtswidrig. Punkt. So ein
       Urteil ist fast ein Meilenstein. Der gewalttätige Polizist war nicht etwa
       ein nervenschwacher Jungbulle, sondern Erster Polizeihauptkommissar mit
       fünf stolzen Sternchen auf jeder Schulter.
       
       Er müsste als Anführer einer Einsatzhundertschaft eigentlich ein Vorbild
       sein. Völlig ohne jede Not und Hektik hatte er den offensichtlich
       gewaltfreien Demonstranten im Hambacher Wald angesprungen, zu Boden
       gerissen und gemeinsam mit herbeieilenden Kollegen massiv verletzt. Einfach
       weil er glaubte, die Macht dazu zu haben. Der Erste Polizeihauptkommissar
       Dietmar Z. darf als Schandbegriff in die deutsche Polizeigeschichte
       eingehen.
       
       Herzlichen Glückwunsch! Dennoch: Solch ein einzelnes Erfolgserlebnis gegen
       [3][Polizeiwillkür] macht die vielen unbeachteten Fälle nicht ungeschehen.
       In Polizei- und Justizkreisen gilt eisern: Ein Huhn hackt dem anderen kein
       Auge aus. Verfahren werden verschleppt, Ermittlungen fantasiereich
       abgeblockt. PolizistInnen als Angeklagte vor Strafgerichten sind in der
       deutschen Justiz fast so selten wie eierlegende Hähne.
       
       So hat das Verfahren für den sprunggewaltigen Mann auch keine Folgen. Er
       selbst ist nicht verurteilt. Er bleibt im Dienst. Das ist der dicke
       Wermutstropfen. Ein Kilometerstein bleibt das Urteil trotzdem. Und die
       ermittlungsunwilligen StaatsanwältInnen hätten für ihre Tatenlosigkeit
       guten Grund, sich zu schämen.
       
       14 Sep 2021
       
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