# taz.de -- Migration aus Haiti: Afghanische Zustände
       
       > Politisches Chaos, Gewalt und Not warten auf die Menschen, die die USA
       > nach Haiti zurückschicken. Sie sind Opfer eines Kriegs gegen die Armen.
       
 (IMG) Bild: Protest in Port-Au-Prince vor der US-Botschaft gegen die Deportation von HaitianerInnen
       
       Innerhalb weniger Wochen hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden
       [1][Tausende haitianische Geflüchtete] deportieren lassen – ohne Prüfung
       ihrer Asylgründe. Die meisten sind haitianischer Herkunft, lebten aber zum
       Teil schon jahrelang in Südamerika. Noch immer sind 50.000 Menschen auf dem
       gefährlichen Weg Richtung Norden. Frauen, Männer, Kinder, die wie im
       Kinderkreuzzug von Brecht auf der Suche nach einem besseren, friedlichen
       Leben sind. Sie sind die ersten Opfer der sozialen Verwerfungen infolge der
       Covid-19-Krise.
       
       Opfer des Krieges gegen die Armen. Haiti zeigt wie unter einem Brennglas
       die globalen Probleme. Denn die gewaltsame Rückführung der
       Haitianer:innen aus den USA in ein Land, in dem ein Maß an Gewalt
       herrscht, die jede:n in seiner körperlichen Unversehrtheit bedroht, ist
       völkerrechtlich fragwürdig.
       
       [2][Daniel Foote], der frühere US-Botschafter in Afghanistan und bis vor
       Kurzem Bidens Sonderbeauftragter für Haiti, verglich die Situation mit
       Afghanistan, trat zurück und mahnte, man dürfe niemandem einer solchen Lage
       aussetzen. Foote wandte sich vor dem US-Kongress auch gegen die
       Unterstützung von Ministerpräsident Ariel Henry, der in Haiti keinerlei
       Legitimation genieße.
       
       Die [3][überbordende Gang-Gewalt in Haiti] dient – willentlich oder nicht –
       dazu, die massive Opposition gegen Henry zu einem Bündnis mit der
       Regierungspartei zu zwingen. Soziale Bewegungen, Zivilgesellschaft und
       Parteien, die einen Vorschlag zur Neugründung des Staates und für eine
       „haitianische Lösung“ erarbeitet haben, sollen kapitulieren. Und das nennt
       sich dann „Stabilisierung“.
       
       Dieser Wahnsinn spielt sich vor unseren Augen ab und ist eben keine
       haitianische Besonderheit, sondern Ausdruck der Machtverhältnisse in
       No-go-Zonen, die mit der Covid- und der Klimakrise ein Pfeiler der neuen
       Weltordnung ohne Hegemon sind. Sie einfach hinzunehmen und noch dazu die
       Fluchtwege zu verbauen ist eine Schande für alle Politiker:innen aus
       privilegierten Zonen der Erde. Noch dazu, wenn sie sich ihrer
       augenscheinlichen Menschen- und Bürgerrechte rühmen.
       
       13 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/ausland/usa-haiti-rueckfuehrung-101.html
 (DIR) [2] https://theintercept.com/2021/10/07/haiti-migrants-daniel-foote/
 (DIR) [3] /Nach-Praesidentenmord-in-Haiti/!5781078
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katja Maurer
       
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