# taz.de -- Lukaschenko und der Ukraine-Krieg: Ungebetene Ratschläge aus Minsk
       
       > Selenski solle Moskaus Bedingungen für einen Frieden annehmen, rät der
       > belarussische Autokrat Lukaschenko. Er selbst hat sich schon unterworfen.
       
 (IMG) Bild: Kennt sich mit Kapitulation aus: Alexander Lukaschenko mit Wadimir Putin kürzlich im Kreml
       
       Russlands Präsident Wladimir Putin mag der Wirklichkeit mittlerweile
       [1][komplett entrückt] sein, wer weiß? Auf seinen Lakaien Alexander
       Lukaschenko jedoch trifft diese Diagnose ganz gewiss zu. Der selbst
       ernannte belarussische Staatschef erklärt gerne die Welt – zuletzt
       gegenüber einem japanischen Fernsehsender.
       
       Seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski, der im Gegensatz zu
       ihm demokratisch gewählt ist, empfahl er, Russlands Bedingungen für einen
       Friedensschluss zu akzeptieren. Sonst sei die Kapitulation nur noch eine
       Frage der Zeit. Belarus werde sich vom Westen nicht in diesen Konflikt
       hineinziehen lassen, er schließe aber eine Beteiligung belarussischer
       Soldaten an den Kampfhandlungen im Falle einer Eskalation nicht aus.
       
       Nun ja, Lukaschenko kennt sich eben mit Kapitulationen aus. Vor Putin hat
       er schon längst die Waffen gestreckt. Moskaus freundliche Übernahme auf der
       Grundlage des wieder zum Leben erweckten Unionsvertrages von 1999 ist in
       vollem Gange und [2][dürfte demnächst abgeschlossen sein].
       
       Dass Lukaschenko eine Niederlage nebst unrühmlichem Abgang zu Hause bislang
       abwenden konnte, ist um den Preis heftigster Repressionen gegen die eigene
       Bevölkerung erkauft. Der UN-Menschenrechtsrat spricht in seinem jüngsten
       Bericht von über 13.000 Menschen, die wegen der Proteste gegen die
       gefälschte Präsidentenwahl von 2020 festgenommen wurden – Folter,
       Vergewaltigungen und Schauprozesse inklusive. Wen wundert es da noch, dass
       die Belaruss*innen nicht mehr auf die Straße gehen?
       
       Doch ob diese Friedhofsruhe noch lange währt, ist fraglich. Es ist
       hinreichend belegt, dass belarussische Truppen bereits in der Ukraine
       unterwegs sind. Auch der Umstand, dass täglich verwundete und tote
       russische Soldaten in Belarus eintreffen, lässt sich nicht länger geheim
       halten und verfehlt seine abschreckende Wirkung nicht.
       
       Angesichts der dünnen Personaldecke bei den russischen Truppen könnte die
       belarussische Armee aus dem Kreml schon bald ein „offizieller“
       Einberufungsbefehl ereilen, sollte die „Spezialoperation“ in der Ukraine
       noch länger dauern. Das wäre dann, nach 2020, die zweite Kriegserklärung an
       die belarussische Bevölkerung. Und diesmal vielleicht tatsächlich der
       Anfang vom Ende Lukaschenkos.
       
       18 Mar 2022
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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