# taz.de -- Psychedelika und ethische Fragen: Auf den veganen Trip gekommen
       
       > Psychedelische Substanzen werden immer häufiger für therapeutische Zwecke
       > eingesetzt. Ein Nebeneffekt kann die gesteigerte Empathie für Tiere sein.
       
 (IMG) Bild: Allgemein bekannt auch als „Magic Mushroom“: Getrockneter Psilocybin-Pilz
       
       Nach einer Therapie mit psilocybinhaltigen Pilzen entschied sich einer
       meiner Bekannten, vegan zu leben. Wem Psilocybin kein Begriff ist: Es ist
       ein bewusstseinserweiterndes Indolalkaloid aus der Gruppe der Tryptamine
       und verursacht in hoher Dosis einen intensiven Rausch mit Visionen.
       Allgemein bekannt ist es auch als „Magic Mushrooms“.
       
       Derzeit erleben diese Pilze und andere psychedelische Substanzen [1][eine
       Renaissance im medizinischen Bereich]. Von Therapiezentren in den
       Niederlanden (wo mein Bekannter war) über sogenanntes Microdosing mit LSD
       im Silicon Valley und [2][Studien zu MDMA bei posttraumatischen
       Belastungsstörungen] bis zu intravenös verabreichtem [3][Ketamin unter
       ärztlicher Aufsicht]: Psychedelika boomen. Und ihre Verwendung kann die
       Lebenseinstellung der Patient:innen grundlegend verändern – und damit
       auch ihr Verhältnis zur eigenen Ernährung und deren Auswirkung auf
       Mitkreaturen und Umwelt.
       
       Mein Bekannter machte die Psilocybin-Therapie wegen seiner Depressionen.
       Zufällig sah er ein paar Tage danach [4][den Film „Earthlings“]. Doch
       anders als zuvor bei Filmen, in denen es um Tierschutz geht, konnte er
       seine instinktiven Reaktionen und Emotionen diesmal nicht abschalten. Er
       spürte eine tiefe Verbundenheit mit den Tieren und eine noch tiefere
       Abscheu angesichts des ihnen zugefügten Leids. Seit diesem Tag lebt er
       vegan.
       
       Er ist kein Einzelfall. [5][So wurde der Mixed-Martial-Arts-Champion Rashad
       Evans nach einem Magic-Mushroom-Trip 2020 vegan]. Längst wird der
       Zusammenhang zwischen Psychedelika und anschließender Ernährungsumstellung
       in Internetforen wie Reddit [6][diskutiert]. [7][Ein User schreibt dort]:
       „Ich kann deutlich sagen, dass ich komplett verändert war, nachdem ich LSD
       probiert hatte. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber es brach alle
       mentalen Barrieren, die mir die Gesellschaft von Geburt an eingetrichtert
       hatte.“
       
       Auch ich spürte nach Ketamin-Infusionen – die erfolgreich meine zuvor
       regelmäßigen Angstzustände auflösten – einen tiefen Wunsch nach mehr
       Verbundenheit mit der Natur und der Tierwelt. Wäre ich nicht schon vegan,
       dann hätte mich Ketamin sicher dazu inspiriert.
       
       Ob Psilocybin, Ketamin oder MDMA. So unterschiedlich die Wirkstoffe und
       Erfahrungen damit sind, eines haben sie oft gemein: den Ego-Death, also die
       Ich-Auflösung – und die tiefe Erkenntnis, mit der Schöpfung verbunden zu
       sein und kein Leid verursachen zu wollen. Muss man deswegen
       bewusstseinsverändernde Substanzen zu sich nehmen, um vegan zu werden?
       Sicher nicht! Aber es ist spannend zu beobachten, wenn Menschen mit
       gewohnten Gedankenmustern brechen. Und ihr Leben dann nicht mehr aus einem
       Gefühl der Ausgeschlossenheit gestalten – sondern aus dem Gefühl der
       Verbundenheit mit allen.
       
       7 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /US-Autor-ueber-Halluzinogene-als-Medizin/!5568647
 (DIR) [2] https://www.nzz.ch/wissenschaft/die-partydroge-mdma-erweist-sich-als-wirksames-hilfsmittel-in-der-psychotherapie-ld.1624895
 (DIR) [3] https://www.nytimes.com/2021/05/30/opinion/ketamine-treatment-depression.html
 (DIR) [4] http://www.nationearth.com
 (DIR) [5] https://podtail.com/de/podcast/the-joe-rogan-experience/jre-mma-show-90-with-rashad-evans/
 (DIR) [6] https://www.reddit.com/r/vegan/comments/5rokn8/veganism_brought_oninfluenced_by_use_of/
 (DIR) [7] https://www.reddit.com/r/vegan/comments/4ief8c/how_many_others_here_turned_vegan_after_using/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ariane Sommer
       
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