# taz.de -- FDP-Politikerin über Energieembargo: „Wir füllen die russische Kasse“
       
       > Wir müssen handeln, sagt FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
       > Sie fordert einen Importstopp für Gas, Öl und Kohle.
       
 (IMG) Bild: Dieser Krieg wird nicht spurlos an uns vorbeigehen, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)
       
       taz: Frau Strack-Zimmermann, Sie haben bereits Anfang März einen sofortigen
       Importstopp für Gas und Öl aus Russland gefordert. Sehen Sie das immer noch
       so? 
       
       Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Angesichts dessen, was in den Vororten von
       Kiew passiert, Zivilisten werden ermordet, wir erfahren von
       Vergewaltigungen und Verschleppung von Kindern, halte ich das für
       erforderlich. Mir ist klar, dass das eine große Herausforderung ist. Öl und
       Kohle können am schnellsten auf den Weltmärkten kompensiert werden. Gas ist
       deutlich schwieriger. Wir sollten es dennoch umsetzen. Das ist meine
       persönliche Meinung.
       
       Sie widersprechen damit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und
       Bundesfinanzminister Christian Lindner – die lehnen bislang ein Gas-Embargo
       ab. 
       
       Der Finanz- und der Wirtschaftsminister haben große Verantwortung, und
       natürlich bedarf es Zeit, ein solches Embargo umzusetzen, da auch
       Arbeitsplätze gefährdet sein könnten. Ich persönlich denke aber, dass wir
       auf lange Sicht, angesichts dieser Kriegsverbrechen, nicht umhinkommen,
       diesen Weg auch zu gehen.
       
       Die [1][EU-Kommission hat am Dienstag ein umfangreiches Paket mit neuen
       Russland-Sanktionen] vorgeschlagen: Es beinhaltet unter anderem eine
       Hafensperre für russische Schiffe, weitere Handelsbeschränkungen mit
       Russland – und ein Importverbot für Kohle. Gut so? 
       
       Es wird Zeit und ist wirklich gut, dass Europa auch diesbezüglich endlich
       handelt.
       
       Sie sagen dennoch, man sollte auch auf Gas verzichten? 
       
       Ich bin nicht naiv, ich habe mit vielen Fachleuten gesprochen. Deswegen
       muss man selbstverständlich die Folgen abwägen. Wir werden aber angesichts
       des Grauens in der Ukraine handeln müssen. Vor allem auch – an dieser
       Stelle sei das gesagt – deutlich mehr Waffen liefern.
       
       Würden Sie sagen, dass wir durch die Energie-Importe den Krieg direkt
       mitfinanzieren? 
       
       Wir kaufen Energie und bezahlen dafür. Putin kann zwar nur begrenzt darauf
       zurückgreifen, aber ja, wir füllen die russische Kasse. Wir befinden uns in
       einem Dilemma: Es sollte kein Geld mehr nach Russland fließen, damit der
       Krieg beendet wird, auf der anderen Seite gibt es eine Verantwortung der
       eigenen Bevölkerung gegenüber.
       
       Ein Argument gegen ein Embargo lautet, dass die deutsche [2][Wirtschaft das
       nicht verkraften würde] und es große gesellschaftliche und soziale Folgen
       hätte. Stimmen Sie dem zu? 
       
       Es wäre in der Tat ein Einschnitt. Aber es tobt ein Krieg vor unserer
       Haustüre. Wir sollten daher, ohne Angst zu verbreiten, die Bevölkerung
       sensibilisieren, dass ein solches Drama nicht spurlos an uns vorbeigehen
       wird.
       
       Was genau müsste der Bevölkerung erklärt werden? 
       
       Dass unsere Abhängigkeit von russischem Gas groß ist und dass wir die
       Energie benötigen. Wir sind ein hochindustrialisiertes Land, und wenn man
       sich sehr schnell von russischer Energie löst, dann könnte es zu
       Einschränkungen kommen.
       
       Was meinen Sie mit Einschränkungen? 
       
       Mindestens steigende Energiepreise. Und das berührt auch und besonders
       Unternehmen, die einen sehr hohen Energiebedarf haben.
       
       Wenn sich Deutschland unabhängiger von Gas, Öl und Kohle machen will, dann
       wäre ein möglicher Schritt, den eigenen Energieverbrauch zu verändern.
       Dieser Krieg hat viele Gewissheiten infrage gestellt. Käme für Sie in
       dieser Situation [3][ein Tempolimit] oder ein autofreier Sonntag infrage? 
       
       Wir diskutieren doch auch kein Gesetz, das festlegt, dass Menschen ihre
       Räume nicht mehr über 20 Grad heizen dürfen. Jeder von uns ist aufgerufen,
       sein eigenes Verhalten zu überdenken. Und das trauen wir den Bürgerinnen
       und Bürgern zu.
       
       Abwegig ist diese Diskussion aber nicht. Tempolimit und autofreie Sonntage
       gab es auf befristete Zeit auch während der Ölkrise 1973 – beschlossen von
       der sozial-liberalen Koalition. 
       
       1973 handelte es sich um einen sogenannten Ölpreisschock. Der Ölpreis war
       so gestiegen, dass gravierende gesamtwirtschaftliche Auswirkungen drohten.
       Nicht die Ölreserven waren seinerzeit erschöpft, sondern es hatte
       politische beziehungsweise ökonomische Gründe. Die Bürgerinnen und Bürger
       bekommen doch heute täglich mit, was geschieht. Insofern sind viele
       Menschen sensibel genug, in Verantwortung ihren Verbrauch selbst zu regeln.
       
       5 Apr 2022
       
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