# taz.de -- Bundestag debattiert um Haushalt: „Krise als Anstoß zum Aufbruch“
       
       > Kanzler Scholz verteidigt die Aufrüstung der Bundeswehr und tadelt
       > Lindners Tankrabatt. Friedrich Merz wirft Scholz Zögern im Ukraine-Krieg
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Bundeskanzler Scholz bei seiner Rede am Mittwoch im Bundestag
       
       BERLIN dpa/afp/epd/taz | Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Entscheidung
       zur Aufrüstung der Bundeswehr verteidigt und der Ukraine weitere Hilfe
       zugesagt. Zugleich zog er in der Generaldebatte am Mittwoch im Bundestag
       aber eine scharfe Grenze zu einer Verwicklung der Nato in den Krieg mit
       Russland. Wie die Bürger in Deutschland mit dieser neuen Krise umgingen,
       zeige, „wieviel Gutes in unserem Land steckt“, sagte der SPD-Politiker. Es
       werde gerade sichtbar, dass man in der Krise über sich hinauswachse. Das
       mache ihm Mut.
       
       „Große Krisen sind immer auch ein Anstoß zu Aufbruch und Veränderung“,
       sagte Scholz. Er nannte den Paradigmenwechsel mit Waffenlieferungen an die
       Ukraine, aber auch neue Wege in der Energiepolitik. Der Krieg im Osten
       Europas wirke wie ein Brennglas: „Weil er uns zu vermeintlich neuen, in
       Wahrheit aber längst überfälligen Schwerpunktsetzungen bringt.“
       
       Scholz sicherte der Ukraine die Solidarität der Bundesrepublik zu.
       „Präsident Selenskyj, die Ukraine kann sich auf unsere Hilfe verlassen“,
       sagte er. Deutschland liefere seit Beginn des Kriegs Waffen und Ausrüstung,
       gemeinsam mit den Partnern habe man Sanktionen verhängt, die ihresgleichen
       suchten. Diese zeigten Wirkung und würden auch ständig nachgeschärft.
       
       Einer Flugverbotszone oder Nato-Friedenstruppen in der Ukraine erteilte der
       Kanzler aber eine deutliche Absage. Es müsse dabei bleiben, dass es keine
       direkte Konfrontation zwischen der Nato und Russland geben dürfe. „Die Nato
       wird nicht Kriegspartei“, betonte Scholz.
       
       Erneut rief er den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem
       sofortigen Ende des Kriegs in der Ukraine auf. „Die Waffen müssen schweigen
       – und zwar sofort“, sagte Scholz. „Putin muss die Wahrheit hören über den
       Krieg in der Ukraine“, so der Kanzler. „Und diese Wahrheit lautet: Der
       Krieg zerstört die Ukraine. Aber mit dem Krieg zerstört Putin auch
       Russlands Zukunft.“
       
       ## Absage an Lindners Tankrabatt
       
       Zugleich versicherte Scholz, wegen des Kriegs und seiner Folgen würden
       keine Abstriche beim Klimaschutz gemacht. „Die längst überfälligen
       Investitionen in Verteidigung und Sicherheit gehen nicht zulasten der
       dringend nötigen Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft oder zu
       Lasten guter, zukunftsträchtiger Arbeitsplätze, bezahlbarer Energie, fairer
       Renten und eines leistungsfähigen Gesundheitssystems“, betonte er. Beim
       Klimaschutz dürfe die Devise nicht „Jetzt mal langsam“, sondern „Jetzt erst
       recht“ heißen. Es gebe nur eine nachhaltige Antwort auf Energieabhängigkeit
       und hohe Energiepreise: erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
       
       Auf klare Distanz ging Scholz zu dem Vorschlag von Bundesfinanzminister
       Christian Lindner (FDP) für einen Tankrabatt. „Ein Aushebeln von
       Marktmechanismen oder Dauersubventionen gerade auf fossile Energie wird es
       nicht geben“, sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag direkt an Lindner
       gewandt. Dies wäre fiskalisch nicht durchzuhalten und „ökologisch ein
       völlig falscher Anreiz“.
       
       Ausdrücklich bekräftigte Scholz, dass es wegen der hohen Energiepreise
       weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger geben werde. Dazu werde die
       Regierung das bereits beschlossene Paket „noch einmal deutlich aufstocken“
       – durch eine Verdopplung des Heizkostenzuschusses, aber auch durch weitere
       Maßnahmen.
       
       ## Merz attackiert Scholz
       
       Zum Beginn der Generaldebatte hatte Unionsfraktionschef Friedrich Merz
       (CDU) als erster Redner der Ampel-Koalition vorgehalten, nicht ausreichend
       auf den russischen Krieg gegen die Ukraine zu reagieren. Kanzler Olaf
       Scholz (SPD) habe angesichts des Kriegs in der Ukraine von einer
       Zeitenwende gesprochen, sagte der CDU-Vorsitzende, der im Bundestag auch
       Oppositionsführer ist.
       
       Die Etatplanung gehe von Grundannahmen aus, „von denen wir schon heute
       wissen, dass sie einfach nicht stimmen“, beklagte Merz. So seien das
       Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen zu hoch angesetzt, die
       Inflation und die Staatsausgaben dagegen zu niedrig. „Das wissen wir alle,
       das wissen auch Sie“, rief der CDU-Vorsitzende der Bundesregierung zu.
       Dennoch habe die Koalition einen Haushalt vorgelegt, „so als ob nichts
       gewesen wäre“.
       
       Merz kritisiert vor allem die Art und Weise, wie die Bundesregierung die
       Aufrüstung der Bundeswehr finanzieren will. Für den geplanten, 100
       Milliarden Euro schweren Sondertopf will die Ampel-Koalition das
       Grundgesetz ändern – und braucht daher auch Zustimmung aus der Union. Merz
       machte klar: Die Unionsfraktion sei nicht die Ersatzbank für die
       Bundesregierung, von der sich die Regierung beliebig Ersatzspieler holen
       könne.
       
       In einem Sechs-Punkte-Katalog stellte er Bedingungen für die Zustimmung der
       Union: So müsse die Bundesregierung etwa dauerhaft und nicht nur
       vorübergehend mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die
       Verteidigung ausgeben. Die Union wolle zudem vor der Verabschiedung wissen,
       welche Bundeswehr-Anschaffungen mit dem Geld genau finanziert werden
       sollten. CDU und CSU wollten über ein Begleitgremium dauerhaft über die
       Umsetzung mitentscheiden.
       
       23 Mar 2022
       
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