# taz.de -- Energiewende in der Kritik: Grüner wirft wegen Habeck hin
       
       > Energiewende versus Artenschutz: Grüner Vorsitzender in Habecks
       > Heimatkreis Schleswig-Flensburg will innerparteiliche Debatte anstoßen.
       
 (IMG) Bild: Rainer Borcherding wirft hin: hier im Wahlkampf 2021
       
       FLENSBURG taz | Aus Protest gegen die Politik des Energie- und
       Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) ist der Kreisvorsitzende der
       Grünen in Habecks Heimatkreis Schleswig-Flensburg von seinem Amt
       zurückgetreten. Rainer Borcherding erhofft sich von seinem öffentlichen
       Schritt mehr Diskussionen in seiner Partei: Er kritisiert, dass immer öfter
       der Natur- und Artenschutz dem Ziel der Energiewende geopfert werde. Das
       Fass zum Überlaufen brachten die gerade vom [1][Bundestag beschlossenen
       Gesetze] zum Ausbau erneuerbarer Energien.
       
       „Ich respektiere Robert, er ist blitzgescheit, ein angenehmer Mensch, vor
       dem ich hohen Respekt habe“, betont Borcherding, um dann zum Aber
       anzusetzen: Bei Natur- und Artenschutzfragen werde Kritik oft „abgebügelt“.
       Inzwischen könne er es „nicht mehr mit meinem Gewissen als Biologe und
       Naturschützer verantworten, im Wahlkreis von Robert Habeck die
       [2][Verantwortung für die Politik der Grünen] zu tragen“. Nach vielen
       Gesprächen unter vier Augen, die keine Veränderung brachten, „muss ich
       jetzt über die Medien reden“.
       
       Der 55-Jährige ist seit seinem zwölften Lebensjahr im Naturschutz
       engagiert, heute arbeitet er im [3][Nationalpark Wattenmeer]. In seiner
       Partei, der er weiter angehört und auch in Landes- wie Bundesgremien aktiv
       bleiben will, stelle er zunehmend eine „gewisse Arroganz vonseiten der
       Klimaschutzfraktion“ fest, sagt Borcherding: „Da kommt das
       Totschlag-Argument, dass die Arten ohnehin alle weg sind, wenn das Klima
       den Bach runtergeht.“
       
       Er trage das Ziel der Energiewende selbstverständlich mit, die Partei dürfe
       es aber nicht zu leicht machen, fordert er. Das sei bei den gerade
       beschlossenen Einschnitten ins Naturrecht der Fall. Um schnell mehr
       Windparks bauen zu können, sollen unter anderem bundeseinheitliche Listen
       für „kollisionsgefährdete Brutvögelarten“ erstellt werden – damit werden
       Klagen lokaler Naturschutzgruppen ausgehebelt. Auch in anderen Punkten ist
       Borcherding, der der Bundesarbeitsgemeinschaft Ökologie innerhalb der
       Grünen angehört, enttäuscht: „Da stehen Prüfaufträge drin für Dinge, die
       fachlich längst klar sind.“
       
       ## Warnung vor Verprellen des Naturschutz-Flügels
       
       Ihm sei die schwierige welt- und wirtschaftspolitische Lage durchaus
       bewusst, so der Biologe im Gespräch mit der taz weiter: „Ich hätte nicht in
       Roberts Haut stecken wollen, als er zum Kotau in Katar gezwungen war, damit
       hier im Winter nicht die Heizungen kalt bleiben, und ich respektiere, dass
       er maßgeblich zum Umbau der Partei in Richtung Mitte beigetragen hat. Aber
       ich sehe die Gefahr, dass die Grünen ohne Not den Naturschutz-Flügel
       verprellen.“
       
       Für seinen Schritt habe er im eigenen Wahlkreis viel Verständnis und
       Zustimmung aus der Naturschutz-Szene erhalten, berichtet er. Eine Reaktion
       von Robert Habeck blieb bisher aus.
       
       8 Jul 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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