# taz.de -- Beitritt von Albanien und Nordmazedonien: Der lange Weg in die EU
       
       > Albanien und Nordmazedonien beginnen in Brüssel endlich mit
       > Beitrittsgesprächen. Doch der Prozess wird Jahre dauern.
       
 (IMG) Bild: Heute begannen in Brüssel mit zwei Regierungskonferenzen aller Mitgliedsstaaten die formellen Beitrittsverhandlungen von Nordmazedonien und Albanien
       
       BRÜSSEL/BERLIN taz | Zwei Jahre später als geplant hat die Europäische
       Union am Dienstag in Brüssel Beitrittsgespräche mit Albanien und
       Nordmazedonien aufgenommen. „Sie haben viel strategische Geduld bewiesen“,
       lobte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die eigens angereisten
       Staats- und Regierungschefs der beiden Länder.
       
       Von der Leyen zelebrierte den Start der Gespräche, als wäre es ihr
       persönlicher Erfolg. Strahlend präsentierte sie sich mit dem
       [1][albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama] vor laufenden Kameras, um den
       „historischen Moment“ zu feiern. Allerdings geht der späte Durchbruch in
       erster Linie auf einen Kompromissvorschlag aus Paris zurück.
       
       Dieser Vorschlag, der noch unter französischem EU-Vorsitz erarbeitet wurde,
       sieht vor, die Rechte der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien durch
       die Verfassung schützen zu lassen. Die EU geht damit auf [2][Vorbehalte
       Bulgariens] ein, das die Aufnahme von Verhandlungen lange verhindert hatte
       – auch jene mit Albanien, denn der Beitrittsprozess der beiden Balkanländer
       war von Anfang an einander gekoppelt.
       
       Allerdings ist [3][dieser Kompromiss in Nordmazedonien umstritten]. Für ihn
       stimmten am Samstag 68 der 120 Abgeordneten im Parlament von Skopje. Die
       nationalkonservative Oppositionspartei VMRO-DPMNE boykottierte die
       Abstimmung. Sie sieht den Kompromiss als Einlenken gegenüber Sofias
       Forderungen und hatte im Vorfeld zu Protesten aufgerufen. Tagelang
       demonstrierten Tausende in Skopje mit Slogans wie „Nordmazedonien steht
       nicht zum Verkauf“.
       
       Bereits 2019 hatte Nordmazedonien wegen einer Blockade durch Griechenland
       seinen alten Namen „Mazedonien“ geändert. Viele Nordmazedonier*innen
       befürchten, dass die bulgarischen Forderungen nun nicht die letzten gewesen
       sein könnten.
       
       ## Keine Hoffnung auf schnellen Beitritt
       
       Doch von der Leyen beschwichtigte: Alle EU-Dokumente würden in
       [4][mazedonischer Sprache] ausgehandelt. Dies gelte auch für ein Abkommen
       mit der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, die schon bald in das Land geschickt
       werden soll. Außerdem könne Skopje mit mehr Investitionen und
       Handelserleichterungen rechnen.
       
       Auch Albanien könne mit Vorteilen rechnen. Von der Leyen versprach die
       rasche Aufnahme in den Zivilschutz-Mechanismus der EU, der etwa bei
       Waldbränden hilft. Allerdings dürfen weder Albanien noch Nordmazedonien mit
       einem schnellen EU-Beitritt rechnen. Die Verhandlungen dauern meist viele
       Jahre. Kandidatenländer können bei anhaltenden Problemen auch zurückgestuft
       oder Gespräche ausgesetzt werden. So liegen die Gespräche mit der Türkei
       seit Jahren auf Eis.
       
       „Alle rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Kriterien müssen
       vollständig erfüllt werden“, warnt der CDU-Europaabgeordnete David
       McAllister. Das Tempo hänge von „individuellen Bemühungen“ der Kandidaten
       ab. McAllister würdigte den Einsatz Nordmazedoniens, das „enormes
       politisches Kapital investiert“ habe. Dies müsse die EU honorieren.
       
       19 Jul 2022
       
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