# taz.de -- Fretterode-Prozess: Elektronische Geräte beschlagnahmt
       
       > Ein auf Rechtsextremismus spezialisierter Journalist soll sich 2021 an
       > einer Banneraktion beteiligt haben. Nun wurde er von der Polizei
       > durchsucht.
       
 (IMG) Bild: Die zwei Angeklagten im „Fretterode-Prozess“ vor dem Landgericht Mühlhausen im September 2021
       
       Am Dienstagmorgen klingelte es bei einem Journalisten, der sich
       hauptsächlich mit Rechtsextremismus beschäftigt. Aus Sicherheitsgründen
       möchte er anonym bleiben. An der Tür standen fünf Zivilpolizist*innen
       mit einem Durchsuchungsbeschluss, angeordnet vom Amtsgericht Mühlhausen,
       erzählt der Betroffene am Telefon. Mitgenommen wurden alle möglichen
       elektronischen Geräte. Vorgeworfen wird ihm ein Verstoß gegen das
       Kunsturheberrechtsgesetz und die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes.
       Er soll sich am 28. April 2021 an einer Banneraktion beteiligt haben.
       
       Am Ortseingang von Hohengandern, einem Dorf in Thüringen, hatten Unbekannte
       mehrere Bauzäune mit Bannern aufgestellt. Groß waren die Konterfeis zweier
       Neonazis zu sehen. „Drei Jahre kein Prozess“ und „Tatort Fretterode“ stand
       darauf. Ein anderes Bild zeigte einen der beiden, wie er mit einem
       Schraubenschlüssel in der Hand vermummt auf die Kamera zustürmt. Die
       Neonazis Nordulf H. und Gianluca B. [1][sollen 2018 zwei andere
       investigative Journalisten], die Aktivitäten am Haus der NPD-Größe Thorsten
       Heise dokumentierten, mit einem Auto gejagt, bewaffnet angegriffen, zum
       Teil schwer verletzt und eine Kamera geraubt haben.
       
       Die Attacke sorgte bundesweit für Entsetzen – weil sie ein brutaler
       [2][Angriff auf die Pressefreiheit] war. Dreieinhalb Jahre nach der Tat
       begann der Prozess. Nach Aussage eines Beamten wird mittlerweile
       polizeiintern ermittelt. Am Donnerstag soll in Mühlhausen ein Urteil gegen
       die Neonazis verkündet werden.
       
       Antifaschist*innen starteten mit der Banneraktion eine
       öffentlichkeitswirksame Kampagne. „Ich war definitiv nicht vor Ort und
       hätte das beweisen können, hätte man mich gefragt“, so der nun betroffene
       Journalist gegenüber der taz. Der Zusammenhang zwischen den beiden Fällen
       besteht unter anderem darin, dass der nun Beschuldigte 2018 Bilder des
       zerstörten Autos der Journalisten machte. Unweit der Banner wurde 2021 ein
       Telefon gefunden und ihm zugeordnet.
       
       „Der Durchsuchungsbeschluss enthält trotz Kenntnis der journalistischen
       Tätigkeit keinerlei Abwägung mit dem Recht der freien Presse insbesondere
       auf investigative Tätigkeit“, sagt der [3][Rechtsanwalt Sven Adam], der den
       Journalisten vertritt. Es bleibe zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft die
       Geräte wieder herausgebe und die Adresse des Journalisten schütze, so Adam
       weiter, der Widerspruch gegen die Maßnahmen eingelegt hat. Die
       Staatsanwaltschaft stand bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme
       zur Verfügung.
       
       14 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Prozess-zu-Neonazi-Angriff-in-Fretterode/!5795424
 (DIR) [2] /AusgebranntePresse/!5824602
 (DIR) [3] /Verfassungsschutz-in-Niedersachsen/!5776919
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Trammer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pressefreiheit in Europa
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Polizei
 (DIR) Schwerpunkt Ostdeutschland
 (DIR) Rechtsrock
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gartenkolonie in Neumünster: Polizei löst Rechtsrockkonzert auf
       
       Laut Polizei waren knapp 400 Menschen für ein Rechtsrockkonzert nach
       Neumünster gekommen. Als Beamte die Veranstaltung auflösten, kam es zu
       Gewalt.
       
 (DIR) Revision zu Fretterode-Urteil eingelegt: „Nicht im Ansatz plausibel“
       
       Für einen brutalen Angriff auf zwei Journalisten bekamen zwei Neonazis ein
       mildes Urteil. Staatsanwaltschaft und Nebenklage legen Revision ein.
       
 (DIR) Urteil zu Neonazi-Angriff in Fretterode: Überraschend milde Strafen
       
       Im Fall des Raubüberfalls auf zwei Journalisten 2018 in Thüringen wurden
       die Angeklagten schuldig gesprochen. Ins Gefängnis müssen sie nicht.