# taz.de -- Gartenkolonie in Neumünster: Polizei löst Rechtsrockkonzert auf
       
       > Laut Polizei waren knapp 400 Menschen für ein Rechtsrockkonzert nach
       > Neumünster gekommen. Als Beamte die Veranstaltung auflösten, kam es zu
       > Gewalt.
       
 (IMG) Bild: Gegen einzelne Rechtsextreme wurde wegen Landfriedensbruch Anzeige erstattet
       
       NEUMÜNSTER taz | Unter dem Motto „Der Norden rockt“ hatte
       [1][Rechtsrock-Unternehmer Thorsten Heise] für ein konspiratives Konzert im
       schleswig-holsteinischen Neumünster geworben, auftreten sollten am
       Samstagabend „Endstufe“, „Radikahl“ und „Hard & Smart“. Das Event war der
       Szene lange vorher mit Ortsangabe „Großraum Hamburg“ bekannt, auch die
       Polizei bekam etwas mit. Als die Organisator*innen gegen 18 Uhr den
       Veranstaltungsort, das Vereinsheim der „Gartengemeinschaft Heinrich
       Förster“, veröffentlichte, dauerte es nicht lange, bis die Polizei mit
       Großaufgebot anrückte.
       
       Schon während die erste Band einen Soundcheck machte, fanden sich viele
       Uniformierte zwischen den Parzellen ein und umstellten den
       Veranstaltungsort großflächig. Als sie mit der Auflösung des Konzerts
       begannen, griffen laut Polizei Konzertbesucher die Beamt*innen an,
       verschanzten sich zum Teil im Gebäude und verwüsteten es. Über Heises
       Online-Shop „Deutsche Warenhaus“ hatten Rechtsrockfans Tickets für rund 20
       Euro erwerben können, 388 Karten soll er verkauft haben. Aus dem
       thüringischen Eichsfeld führt der NPD-Bundes- und Landesvize sein Geschäft.
       Die gewaltbereite Kameradschaft „Arische Bruderschaft“ (AB) ist ihm schon
       lange treu ergeben, gemeinsam werden seit Jahren immer wieder
       Veranstaltungen organisiert und abgesichert.
       
       Die Anmietung des Vereinsraumes sei über „eine Frau aus Schleswig-Holstein“
       angeblich „für eine Verlobungsfeier“ gelaufen, hieß es vor Ort. Eine der
       üblichen Tricks, mit dem Rechtsextreme versuchen, öffentliche Räume
       anzumieten. Gerne wird auch behauptet, bloß eine Geburtstagsfeier mit
       Live-Musik zu planen. Im Wernershagener Weg am Eingang zur
       „Heinrich-Förster“-Kolonie kontrollierte Gianluca Bruno von der „Arischen
       Bruderschaft“ den Einlass. Der Rechtsextremist Bruno hatte gemeinsam mit
       Heises Sohn 2018 zwei Journalisten brutal angegriffen und einen schwer
       verletzt. Erst Jahre später verurteilte das Landgericht Mühlhausen 2022 den
       28-jährigen Angeklagten [2][zu einer Bewährungsstrafe und den 23-jährigen
       Mitangeklagten zu Arbeitsstunden].
       
       ## Unterstützung durch die Bundespolizei
       
       Laut Polizei waren viele der Besucher früh stark angetrunken. Ein
       Feuerlöscher und Stühle flogen den Beamt*innen entgegen, Mobiliar ging
       massenhaft zu Bruch, Fensterscheiben zerbrachen. „Ein Ort der Verwüstung“,
       so ein Augenzeuge. Ein Viertel der Konzertbesucher*innen habe sich
       laut Polizei Neumünster in dem Gebäude verschanzt. Im Saal hing bis zuletzt
       das Banner der „Brigade 12 Pommern“ mit zwei gekreuzten Granaten. Die
       Kameradschaft „Brigade 12“ gilt als eine Untergruppe der „Arischen
       Bruderschaft“ von Thorsten Heise und erweitert deren Einflussbereich bis
       nach Vorpommern.
       
       Gegen einzelne Rechtsextreme wurde wegen Landfriedensbruch Anzeige
       erstattet. Die lokalen Einsatzkräfte erhielten Unterstützung durch die
       Bundespolizei. Heise allerdings konnte offenbar unbehelligt gegen 23 Uhr
       das Gelände verlassen. Auffällig hoch war das Alter der Fans. Mit
       „Endstufe“ aus Bremen war dem NPD-Kader gelungen, eine der ältesten rechten
       Skinhead-Bands der Szene zu präsentieren. „In sein Lager zu ziehen“, so
       versteht es Rechtsrock-Experte Thorsten Hindrichs. Denn im
       [3][Rechtsrock-Business] laufe gerade eine „harte Konkurrenz um den größten
       Einfluss“ ab, sagte er gegenüber der taz.
       
       Die aus Thüringen stammende Band „Radikahl“ offenbart eine weitere
       Verbindung und die Band „Hard & Smart“ eine weitere. Sie wird von
       „Oldschool Records“ gelabelt. Deren Betreiber zählt zum Spektrum der
       berüchtigten Kameradschaft „Voice of Anger“ aus dem Allgäu. Über die
       politische Ausrichtung muss nicht spekuliert werden, Hinrich weist auf das
       Gesangsrepertoire von „Radikahl“ hin. Sie intonieren „Hängt dem Adolf
       Hitler, hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um“ und „hisst die rote Fahne
       mit dem Hakenkreuz“. Inzwischen beklagen sich die Rechtsextremen im „Rock
       Hate Forum“ bei Telegram, dass ihr Konzert von der „Staatsmacht gestürmt“
       worden sei.
       
       5 Mar 2023
       
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