# taz.de -- Bremer Rechtsrocker von „Endstufe“: „Böser Deutscher“ leitet Bioladen
       
       > Ein Mitglied der rechtsextremen Band „Endstufe“ leitet einen Bio-Hofladen
       > im Bremer Umland. Nicht mehr lange, erklärt das Unternehmen.
       
 (IMG) Bild: Eine braune Schale ist kein Problem. Aber wer möchte seine Bio-Eier aus Neonazi-Händen?
       
       HAMBURG taz | Auf der Bühne gibt Sänger Jens Brandt den Ton an. Seit über
       40 Jahren inzwischen tritt [1][die Band „Endstufe“] in der rechtsextremen
       Szene auf. „Wir sind die bösen Deutschen / Und das werden wir immer sein“,
       heißt es in einem ihrer Stücke. „Wann geht das endlich in euren Schädel
       rein?“ Auch, wenn er nicht der Frontmann ist: Gitarrist Christian Schröer
       ist ebenfalls schon lange dabei. Er macht aber noch mehr: Für eine
       Bio-Molkerei in Lilienthal, nicht weit von Bremen, firmiert er als Leiter
       des Hofladens.
       
       Auf der Website des Familienbetriebs stellt der Rechtsrocker den Laden und
       das Angebot vor, darunter zahlreiche Produkte „aus eigener Herstellung“:
       von Fruchtquark und Käse über wechselnde Kuchen und frische Feinkostsalate
       bis zu Bio-Rindfleisch und Eintöpfen, alles unter dem Motto „Regional
       einkaufen – wissen wo es herkommt“ und nicht, ohne einzuladen zum „Blick in
       die Schaukäserei“ oder an die „frische Luft auf unserer Außenterrasse“.
       
       „Uns ist nicht bekannt gewesen, dass Herr Schröer einer Rechtsrockband
       angehört“, sagt eine Sprecherin des Betriebes. Und erklärt auf Nachfragen,
       dass er sich auf eine Stellenanzeige hin beworben habe – und sich durch
       „seine Arbeitsweise“ sowie ein „freundliches Auftreten gegenüber unseren
       Kunden und den Mitarbeitern für den Job qualifiziert“ habe.
       
       Seine politische Ausrichtung sei bei der Arbeit keineswegs aufgefallen,
       auch zu den „migrierten Mitarbeitern“ sei er „immer freundlich“ gewesen: In
       dem Unternehmen seien „über 60 Prozent ausländisch stammende Mitarbeiter“,
       so die Sprecherin, die darum bittet, den Namen des Betriebs nicht zu
       erwähnen.
       
       Es ist ein Betrieb mit Geschichte: 1811 begann hier die Landwirtschaft,
       1999 stellte die Familie den Hof auf ökologische Bewirtschaftung um und
       gründete eine eigene Hofmolkerei. Der Senior-Geschäftsführer weist darauf
       hin, das der Kauf ihrer Bio-Produkte die ökologische Landwirtschaft,
       artgerechte Tierhaltung, Nachhaltigkeit und Artenvielfalt fördere.
       
       Der Lilienthaler Betrieb gehört zum [2][Anbauverband Bioland] mit insgesamt
       rund 10.000 Mitgliedsbetrieben aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft.
       „Bioland tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen
       Bestrebungen und anderen diskriminierenden oder menschenverachtenden
       Verhaltensweisen entschieden entgegen“, heißt es recht deutlich in der
       Satzung von 2018. Und weiter: „Der Verein tritt Bestrebungen entgegen,
       welche die ökologische Landwirtschaft mit solch extremem Gedankengut
       verbinden.“
       
       Indem er Teil der einschlägig immer wieder auffällig gewordenen Band ist,
       verstößt Schröer gegen die Satzung von Bioland. Musik ist in der rechten
       Szene seit Langem ein Mittel, um zu politisieren und zu ideologisieren.
       „Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näher zu
       bringen“, erklärte unverhohlen der 1993 verstorbene Mitbegründer des
       Rechtsrock, der Brite Ian Stuart Donaldson. [3][Seine eigene Band
       „Skrewdriver“] genießt bis heute höchstes Ansehen in der „White
       Power“-Szene.
       
       Treue Fans hat auch die Band Endstufe: In Bremen-Findorff fand 1981 die
       erste Besetzung rund um Sänger Brandt zusammen, damals noch unter dem Namen
       „H20“. 1982 spielte die Band in der Aula ihrer Schule, nach drei Liedern
       brachen Lehrkräfte den Auftritt ab. Fünf Jahre später, 1987, erschien die
       ersten Platte unter dem Namen „Endstufe“, „In die Eier“ ist einer ihrer
       Szenehits.
       
       Die rechtsextreme Eindeutigkeit führte zu Indizierungen und
       Beschlagnahmungen. Im Song „Skinhead“ singt Brandt: „Von der Arbeit kommst
       Du nach Haus, ziehst erst mal deine dreckigen Arbeitsstiefel aus, springst
       in deine Martens rein, denn du bist stolz darauf, ein Deutscher zu sein.“
       Und weiter: „Ich bin Skinhead – ist doch klar, Ich find mich einfach
       wunderbar. Ich kann Kommunismus nicht ertragen und Punkern in die Fresse
       schlagen, Oi!“
       
       ## Band mit „Scharnierfunktion“
       
       2013 spielten Endstufe beim Nazi-Festival in Nienhagen, 2021
       veröffentlichte die Band das vorerst letzte Album „40 Jahre“. Die Musiker
       erhielten im vergangenen Jahr zwei Mal Ausreiseverbot. Gitarrist Schröer
       begann in den 1990er-Jahren seine musikalische Karriere im Endstufe-Umfeld,
       half aus. Fest zur Band gehört er seit 2006.
       
       Der „ältesten aktiven ‚Skinhead-Band‘“ schreibt der Bremer
       Verfassungsschutz eine Scharnierfunktion zu zwischen der erklärt
       unpolitischen und der offen „rechtsextremen Szene“. Unlängst platzte ein
       Auftritt mit zwei weiteren Bands [4][im schleswig-holsteinischen
       Neumünster]: Die Polizei löste das Konzert um den NPD-Bundesvize Thorsten
       Heise auf, die Rechtsrockfans widersetzten sich der Räumung in einer
       Gartenkolonie.
       
       Seit 1871 bereits setzen völkische Kräfte sich auch ein für Heimat-, Natur-
       und Tierschutz. Da stünde Schröer also in einer langen Tradition. Seit
       Februar sei er „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht dort tätig, sagt die
       Sprecherin des Biobetriebs – und dass sein Band-Engagement „Konsequenzen“
       haben werde.
       
       13 Mar 2023
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
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