# taz.de -- Schiitische Vereine verlassen die Schura: Zusammenarbeit mit Hamburg beendet
       
       > Schiitische Vereine folgen dem Schura-Austritt des vom Iran gesteuerten
       > Islamischen Zentrums Hamburg. Sie sind damit nicht mehr Partner der
       > Stadt.
       
 (IMG) Bild: Wichtiges Zentrum für schiitische Muslime: Die Imam-Ali- oder auch „blaue“ Moschee in Hamburg
       
       HAMBURG taz | Der [1][Austritt des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) aus
       dem Rat der Islamischen Gemeinden in Hamburg (Schura)] zieht Kreise. Fünf
       weitere schiitische Vereine haben am Freitagabend erklärt, die Schura zu
       verlassen. Die Vereine begründeten das vor allem mit den „Stellungnahmen
       einiger Politiker in Hamburg“ sowie einem [2][Beschluss des Bundestages].
       
       Dieser hatte die Bundesregierung am 9. November aufgefordert, „zu prüfen,
       ob und wie das Islamische Zentrum Hamburg als Drehscheibe der Operationen
       des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann“. Der Antrag
       soll die Protestbewegung gegen das religiöse Regime im Iran unterstützen,
       gegen die die dortige Regierung brutal vorgeht.
       
       Das Islamische Zentrum mit Sitz in der sogenannten Blauen Moschee an der
       Außenalster ist eine der ältesten muslimischen Einrichtungen in
       Deutschland. [3][Seit einigen Jahren wird es vom Landesamt für
       Verfassungsschutz beobachtet]. Der hat das IZH i[4][n seinem 2021er-Bericht
       als „ein wichtiges Instrument des Teheraner Regimes] zur Etablierung einer
       antidemokratischen und antisemitischen Ausrichtung des schiitischen Islam
       nach Vorbild der iranischen Staatsideologie innerhalb Europas“ bezeichnet.
       
       Der jeweilige Leiter des Zentrums gilt nach Einschätzung der
       Verfassungsschützer als Vertreter des Revolutionsführers Ali Kahmenei, der
       zugleich als geistliches Oberhaupt fungiert. Das IZH sei „eines der
       wichtigsten Zentren seiner Art in Europa“, heißt es im
       Landesverfassungsschutzbericht 2021. Es werde von schiitischen Muslimen
       verschiedener Nationen als Anlaufstelle genutzt.
       
       ## Ins Herz vieler Schiiten
       
       Die fünf Vereine drücken das etwas emotionaler aus: Das IZH und die Blaue
       Moschee seien das Herz vieler Schiiten in der gesamten Bundesrepublik und
       vielen Teilen Europas. „Unsere geliebte Moschee als ein ‚Spionagenest‘,
       ‚Terrorhaus‘ oder ‚extremistische Einrichtung‘ zu bezeichnen, stellt eine
       gravierende Diffamierung des wichtigsten europäischen Gotteshauses der
       Schiiten dar“, schreiben sie.
       
       Omid Nouripour, der Bundesvorsitzende der Grünen, hatte dem Spiegel gesagt:
       „Dieses Zentrum ist das wichtigste Spionagenest des Regimes in Deutschland
       und bedrängt zudem viele Iranerinnen und Iraner hierzulande.“ Die Grüne
       Jugend stellte fest, das IZH stelle europaweit ein Sicherheitsrisiko für
       Iraner*innen dar, die fürchten müssen, eingeschüchtert und verfolgt zu
       werden. Deswegen müsse es geschlossen werden.
       
       „Die Schiit*innen haben ein Anrecht auf alternative Glaubensorte frei
       von Einflüssen autokratischer Regime“, erklärte die Grüne Jugend. Und
       Hamburgs CDU-Fraktionschef verlangte noch nach dem Austritt „von der Schura
       eine ganz klare Abgrenzung gegenüber extremistischen Vereinigungen“.
       
       Das Thema Abgrenzung ist auch deshalb so brisant, weil die Schura eine der
       muslimischen Organisationen ist, die vor zehn Jahren mit dem Hamburger
       Senat einen Staatsvertrag geschlossen haben – damals ein Novum.
       
       Er betont gemeinsame Wertegrundlagen und gewährleistet deren
       Selbstverwaltung, die Feiertage, Religionsunterricht an den öffentlichen
       Schulen und das Recht der religiösen Betreuung in öffentlichen
       Einrichtungen. Die Evaluierung läuft gerade, sodass sich die Frage, ob etwa
       das IZH die gemeinsamen Wertegrundlagen mehr als nur in Verlautbarungen
       teilt, mit besonderer Dringlichkeit stellt.
       
       In ihrer Erklärung weisen die fünf Vereine darauf hin, dass die Schura ja
       schon erste Zugeständnisse gemacht habe, indem sie das IZH nicht mehr in
       ihren Vorstand gewählt habe. Dabei sei das Zentrum „seit über sechs
       Jahrzehnten eine Stätte der muslimischen Einheit“ und habe auf vielen
       Gebieten die Schura positiv mitgeprägt und unterstützt.
       
       ## Streit über Gesprächsangebote
       
       Der Ruf nach Schließung sei ein Einschnitt in die freie Religionsausübung
       und politisches Versagen. „Die Hamburger Politik hat in all den Jahren nie
       ein ernst gemeintes Gesprächsangebot an die restlichen Schiiten gesendet“,
       beklagten sie.
       
       Allerdings erwies es sich als schwierig, eine Erläuterung zu der
       Stellungnahme der fünf Vereine zu bekommen. Einer hat seinen Sitz im IZH,
       einer verwies auf das IZH, ein Dritter war nicht sprechfähig.
       
       Die Ernsthaftigkeit sei wohl eine Frage der Perspektive, vermutet Michael
       Gwosdz, der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion.
       Regelmäßige Ansprechpartner für ihn seien die Vorstände der muslimischen
       Verbände. Er habe aber auch durchaus direkten Kontakt mit dem IZH gehabt.
       [5][Auf der Landesmitgliederversammlung im November, bei der die Grünen
       sich für ein Ende der Partnerschaft mit dem IZH aussprachen], hätten sie
       zugleich darauf hingewiesen, dass sich das nicht gegen die Schiiten im
       Allgemeinen richte.
       
       Michael Kiefer, Professor am Institut für Islamische Theologie an der Uni
       Osnabrück, sieht die [6][Rolle des IZH kritisch]. „Das IZH vertreibt
       Schrifttum, das durchaus problematisch ist“, sagt er. Er wünschte sich
       einen stärker differenzierenden Blick der schiitischen Gemeinden und
       bemängelt: „Den Problemen, die es gibt, will man sich gar nicht stellen.“
       
       6 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Islamisches-Zentrum-Hamburg/!5896429
 (DIR) [2] http://dpaq.de/51ZpH
 (DIR) [3] /Vorwuerfe-gegen-Blaue-Moschee-in-Hamburg/!5787243
 (DIR) [4] https://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/16314380/verfassungsschutzbericht-2021-veroeffentlichung/
 (DIR) [5] /Islamisches-Zentrum-Hamburg-IZH/!5896217
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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