# taz.de -- Ruanda und Kongo am Rande des Krieges: Kampfjet in Flammen
       
       > Ein kongolesischer Kampfjet soll den ruandischen Luftraum verletzt haben.
       > Er wird beschossen. Martialische Töne folgen aus Kigali und Kinshasa.
       
 (IMG) Bild: Treffer: Dienstag kurz nach 17 Uhr an der Grenze zwischen Kongo und Ruanda
       
       KAMPALA taz | In dem Moment, als der kongolesische Kampfjet in den
       ruandischen Luftraum eindringt, knallt es laut. Ein Abwehrgeschoss steigt
       auf, eine Rauchwolke kräuselt sich am Himmel. Das von Russland gelieferte
       Kampfflugzeug des Typs Sukhoi-25 fliegt weiter, ohne zu taumeln – so ist es
       auf einem [1][Video] zu sehen, das in den sozialen Medien im Herzen Afrikas
       seit Dienstag Spätnachmittag die Runde macht. Später kursiert noch ein
       [2][Foto]: Angeblich zielt darauf ein ruandischer Soldat mit einem
       Raketenwerfer auf der Schulter auf den anfliegenden Kampfjet am Himmel.
       
       Der Sukhoi-Kampfjet [3][landet schließlich sicher] auf dem Flughafen der
       ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma. Flammen züngeln am rechten
       Flügel, Rauch steigt auf, ist auf einem anderen [4][Video] zu sehen: Der
       Pilot öffnet die Cockpit-Tür und krabbelt hastig heraus. [5][Aufnahmen von
       Anwohnern] des Flughafens zeigen schließlich zwei Feuerwehrautos, die
       Wasser sprühen und die Flammen löschen.
       
       „Heute um 17.03 Uhr ist eine Suckoi-25 aus der DR Kongo in den ruandischen
       Luftraum eingedrungen, zum dritten Mal“, teilt am Abend die ruandische
       Regierung kurz und knapp per [6][Presseerklärung] mit.
       „Verteidigungsmaßnahmen wurden ergriffen. Ruanda fordert Kongo auf, diese
       Aggressionen zu unterbinden.“ Kurz darauf kreuzen ruandische Kriegsschiffe
       auf dem Kivu-See, der Ruanda vom Kongo trennt.
       
       Später stellt die Militärverwaltung der kongolesischen Provinz Nord-Kivu,
       in welcher Goma liegt und wo seit fast zwei Jahren das Kriegsrecht
       herrscht, den Vorfall [7][ganz anders] dar: „Das Flugzeug wurde nicht
       getroffen, es löste sein Raketenabwehrsystem aus, und es war die Flamme,
       die Sie gesehen haben, und diese Flamme zerstörte die von Ruanda
       abgefeuerte Rakete.“ Eine [8][offizielle Erklärung] aus Kongos ferner
       Hauptstadt Kinshasa betont ausdrücklich, dass die Maschine „niemals“ den
       ruandischen Luftraum verletzt habe, sondern innerhalb des kongolesischen
       Territoriums angegriffen worden sei.
       
       ## Ziel: Friedensgespräche
       
       Der Vorfall macht klar: Die Region der Großen Seen ist kurz davor, in einem
       regionalen Krieg zu versinken. Schon am Montag hatte Nord-Kivus
       Militärgouverneur, General Constant Ndima, [9][vor der Presse Alarm
       geschlagen]: „Alle Signale für einen Krieg sind sichtbar. Wir müssen uns
       darauf vorbereiten.“ Der Konflikt, der sich seit über einem Jahr im
       Dreiländereck zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Uganda
       abspielt, schwappt nun über die Grenzen. Und die Nachbarländer sind
       umgekehrt bereits im Kongo militärisch präsent.
       
       UN-Ermittlungen haben ergeben, dass ruandische Truppen, die mutmaßlich die
       Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) unterstützen, in den Kongo
       eingedrungen sind. Ugandische und burundische Soldaten sind in
       unterschiedlichen Regionen präsent, um dortige Milizen zu entwaffnen. In
       Goma stehen Soldaten aus Kenia im Rahmen einer ostafrikanischen
       Eingreiftruppe, um einen Rückzug der M23 aus ihren Gebieten zu erreichen
       und Friedensgespräche zu ermöglichen, die Kongos Regierung allerdings
       ablehnt, unterstützt von Demonstranten auf Gomas Straßen. Ein Funke genügt,
       damit die Region erneut in Gewalt versinkt.
       
       Bereits seit einer Woche wird außerhalb von Goma wieder heiß gekämpft. Von
       Friedensgesprächen, wie sie die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) und die
       Internationale Konferenz der Großen Seen (ICGLR) in den vergangenen Monaten
       auf verschiedenen Ebenen initiiert hatten, ist keine Rede mehr. Stattdessen
       startete Kongos Regierungsarmee eine erneute Offensive gegen die
       M23-Rebellen – mit Unterstützung von rumänischen Söldnern und den alten
       russischen Kampfjets, die in den vergangenen Wochen von bulgarischen
       Ingenieuren flott gemacht wurden.
       
       Die Front verläuft im Bezirk Masisi, in den Bergen nordwestlich von Goma
       weit entfernt von der ruandischen Grenze. Kongos Regierung behauptet, dass
       ruandische Truppen in Kollaboration mit der M23 bereits bis vor die Stadt
       Kitchanga in Masisi vorgedrungen seien. Es sei ein legitimes Recht Kongos,
       sein Staatsgebiet zu verteidigen.
       
       Unterdessen droht die M23 erneut damit, die Millionenstadt Goma
       einzukesseln. Die „Löwen“ seien auf dem Weg nach Sake, wurde am
       Dienstagabend auf dem Twitterkonto von M23-Militärchef General Sultani
       Makenga [10][angekündigt]. Die Kleinstadt Sake liegt rund 20 Kilometer
       westlich von Goma, am Ufer des Kivu-Sees.
       
       Sollte die M23, die bereits nördlich von Goma die Fernstraßen abschneidet,
       auch diese für Goma wichtige Verkehrsverbindung nach Westen abschneiden,
       wäre die Millionenstadt direkt an der Grenze zu Ruanda umzingelt. Der
       einzige Ausweg bliebe dann per Boot über den Kivu-See, wo bereits Ruandas
       Marine gesichtet wird. „Sogar die Stadt Goma muss eingenommen werden“,
       droht die M23.
       
       Die M23-Rebellen hatten bereits bei ihrem ersten Krieg im Jahr 2012 Goma im
       Sturm erobert und zehn Tage lang besetzt gehalten, um Kongos Regierung an
       den Verhandlungstisch zu zwingen. Aus Rebellenkreisen verlautet, dass dies
       nun erneut die Strategie sei.
       
       25 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/fidele_kitsa/status/1617933678231040001?t=4qkIUl1tFHGXC_l5NQqiWA&s=03
 (DIR) [2] https://twitter.com/Sultani_Makenga/status/1617980932098785281
 (DIR) [3] https://twitter.com/MwangiMaina_/status/1617917817038458880?t=xUFqGGokDBBVE5K5aG63lw&s=03
 (DIR) [4] https://twitter.com/wembi_steve/status/1617956006662934528?t=w3MKX_Z59M2NMYuvdjCcSw&s=03
 (DIR) [5] https://twitter.com/FMLarousse/status/1617915168947830786?t=BJRLTEUUcdVtkYl08ulr9w&s=03
 (DIR) [6] https://www.gov.rw/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=60887&token=bbb89210ceb542609910f5639fed7113bc68a5c6
 (DIR) [7] https://twitter.com/NordKivu6/status/1617909806622474240
 (DIR) [8] https://twitter.com/Com_mediasRDC/status/1617986223636873216
 (DIR) [9] https://lescoulissesrdc.info/rdc-nord-kivu-constant-ndima-le-rwanda-veut-asphyxier-goma-tous-les-signaux-pour-la-guerre-sont-visibles-nous-devons-nous-y-preparer/
 (DIR) [10] https://twitter.com/Sultani_Makenga/status/1617891862622400512
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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