# taz.de -- Kosten von Pflege: Bloß nicht zum Sozialfall werden
       
       > Umfrage zeigt, dass viele Menschen ein Absturzrisiko durch Pflege
       > befürchten. DAK, Diakonie und Landkreistag fordern Steuergelder für die
       > Pflege.
       
 (IMG) Bild: Pflegekosten können teuer werden
       
       BERLIN taz | Krankenkasse, Sozialverbände und Kommunen fordern mehr
       Steuermittel zur Unterstützung der Pflegeversicherung und warnen davor, die
       steigenden Pflegekosten vor allem durch Eigenanteile der Betroffenen und
       Arbeitnehmerbeiträge zu finanzieren. Wenn Bundesgesundheitsminister Karl
       Lauterbach (SPD) „keine Steuermittel zur Stabilisierung der
       Pflegeversicherung einsetzt, ist die Pflegereform zum Scheitern
       verurteilt“, sagte Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse
       DAK Gesundheit, am Mittwoch in Berlin.
       
       Storm verwies auf eine neue repräsentative [1][Forsa-Umfrage im Auftrag der
       DAK,] laut der zwei Drittel der Befragten in der Bevölkerung die
       Absicherung durch die Pflegeversicherung als schlecht oder sogar sehr
       schlecht bewerteten. Mehr als 80 Prozent fanden es „nicht in Ordnung“, wenn
       Pflegebedürftige im Alter Sozialhilfe beantragen müssten, um die
       Pflegekosten bezahlen zu können.
       
       Die gestiegenen [2][Eigenanteile bei Heimaufenthalten] – derzeit rund 2.400
       Euro im Monat – führten laut DAK dazu, dass der Anteil an
       Sozialhilfeempfänger:innen unter Heimbewohner:innen bis zum
       Jahre 2026 auf rund 36 Prozent steigen könnte. Diese Sozialhilfequote müsse
       auf unter 30 Prozent gesenkt werden, sagte Storm.
       
       Storm sprach sich auch für Verbesserungen beim Pflegegeld aus. Dies werde
       durch die Pflegereform Lauterbachs ab dem Jahr 2024 nur um fünf Prozent im
       Vergleich zu 2017 erhöht, die Steigerung müsse höher ausfallen.
       
       ## Steuern für versicherungsfremde Leistungen
       
       Die DAK, die Diakonie Deutschland und der Deutsche Landkreistag fordern
       gemeinsam mehr Steuermittel, um etwa versicherungsfremde Leistungen in der
       Pflegeversicherung wie die Ausbildungsumlage und die Rentenbeiträge für
       pflegende Angehörige zu bezahlen. Den Finanzbedarf nur aus Pflegebeiträgen
       zu decken, sei „wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch fatal“, sagte Storm.
       
       Um die Pflegekassen zu stützen, will Lauterbach zum 1. Juli die Beiträge
       vom Bruttolohn zur Pflegeversicherung anheben, wobei die Beiträge besonders
       für Kinderlose auf vier Prozent steigen würden, 2,3 Prozent davon müssten
       die Arbeitnehmer tragen, den Rest die Arbeitgeber. Für Beschäftigte mit
       zwei Kindern würden 3,25 Prozent an Beiträgen fällig, davon müssten die
       Arbeitnehmer:innen 1,55 Prozent entrichten.
       
       Storm rügte, dass es mit der [3][Pflegereform] möglich werde, die Beiträge
       für die Pflegeversicherung unterjährig auch ohne Parlamentsbeschluss weiter
       zu erhöhen, falls die Pflegekasse in Liquiditätsprobleme rutsche.
       
       Die Debatte um die angeblich zu hohen Versicherungsbeiträge für die
       Sozialkassen, die sogenannten „Lohnnebenkosten“, hatte schon in den
       Sparrunden um die Jahrtausendwende eine entscheidende Rolle gespielt –
       daraus folgte dann der Ruf nach mehr Steuermitteln. Allerdings gilt jetzt
       die Schuldenbremse, und die aktuellen Finanzbedarfe etwa für Militär und
       Klimaschutz sind hoch. Jetzt „hinzugehen und zu sagen, in der
       Prioritätenliste ist kein einziger Cent für die Reform der
       Pflegeversicherung enthalten“, sei angesichts der demografischen
       Entwicklung „fatal“, sagte Storm.
       
       23 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dak.de/dak/bundesthemen/pflegeversicherung-in-der-krise-aktuelle-reformplaene-greifen-zu-kurz-2613264.html#/
 (DIR) [2] /Gesundheitsministerium-unter-Druck/!5915904
 (DIR) [3] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/pflegeunterstuetzungs-und-entlastungsgesetz-pueg.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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