# taz.de -- Kritik an Polizeieinsatz in Leipzig: „Wir kamen uns vor wie Tiere“
       
       > Protest und Polizeieinsatz zum „Tag X“ in Leipzig werden im Landtag
       > aufgearbeitet. Ein Betroffener berichtet von den Verhältnissen im
       > Polizeikessel.
       
 (IMG) Bild: Momentaufnahme am „Tag X“ in Leipzig
       
       LEIPZIG taz | Die Proteste und der Polizeieinsatz zum [1][„Tag X“ am
       Wochenende in Leipzig], nach der Verurteilung der Gruppe um die Autonome
       Lina E., haben ein Nachspiel. Während Sachsens Innenminister Armin Schuster
       (CDU) und Leipzigs Polizeipräsident René Demmer [2][das Vorgehen der
       Polizei] und die elfstündige Einkesselung der Demonstrierenden verteidigen,
       hagelt es von links Kritik. Der sächsische Innenausschuss wird sich nun auf
       Antrag der Linken am Montag in einer Sondersitzung mit dem Geschehen
       befassen.
       
       „Die Hintergründe der Grundrechtsverletzungen, besonders der Kessel, sind
       aufklärungsbedürftig“, hatte Kerstin Köditz (Linken) den Antrag begründet.
       Auch der SPD-Politiker Albrecht Pallas, einst selbst Polizist, kritisierte
       die „Massivität der Polizeipräsenz“ und deren Reaktion auf Kleinigkeiten.
       Das habe „eine eskalierende Wirkung“ gehabt, die überwiegend Unbeteiligte
       getroffen habe. Die Gewalt einiger Protestierender aber sei „inakzeptabel“.
       
       Auch der Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann sprach von einer „massiven
       Einschränkung der Versammlungsfreiheit“, der Polizeikessel sei „deutlich zu
       hinterfragen“. Gleichzeitig kritisierte er die „Gewaltexzesse“ einiger
       Protestierender.
       
       Nach einer untersagten Demonstration am Samstag in der Leipziger
       Südvorstadt war es zu Flaschen- und Steinwürfen von Autonomen gekommen. Die
       Polizei kesselte darauf elf Stunden lang gut 1.000 Personen ein, darunter
       auch Minderjährige. Ihnen werden schwerer Landesfriedensbruch und tätliche
       Angriffe vorgeworfen.
       
       ## Neue Demo am Montag
       
       „Man kam sich vor wie Tiere, die im Stall eingepfercht waren“, erzählt
       einer der Betroffenen aus dem Kessel der taz. Zunächst habe es keine
       Möglichkeit gegeben, zur Toilette zu gehen, aufgesucht werden musste das
       Gebüsch. „Leute mussten aufs Klo, Groß und Klein.“ Das habe später auch
       eklig gerochen. Wer sich für einen Toilettengang bei der Polizei meldete,
       sei erkennungsdienstlich behandelt worden.
       
       Auch Getränke hätten nicht von Anfang an ausreichend zur Verfügung
       gestanden. Bis zum Schluss habe es an Essen und ausreichend Decken gefehlt,
       die bei den nächtlich niedrigen Temperaturen geholfen hätten.
       
       Zu den Eingekesselten hätten auch Unbeteiligte gehört, so der Betroffene.
       Er selber habe sich zurückgezogen, als es zu Gewalt kam – sei aber von der
       Polizei an die Stelle des Parks gedrängt worden, die später gekesselt
       wurde.
       
       Wie die Staatsanwaltschaft Leipzig am Montag der taz mitteilte, wurde gegen
       drei Männer aus dem Kessel auch U-Haft verhängt, einen 24-, einen 25- und
       einen 34-Jährigen. Zudem seien für Samstag zwei weitere Haftbefehle gegen
       einen 33- und einen 36-Jährigen für Flaschen- und Steinwürfe in Connewitz
       verhängt worden. Zwei weitere Haftbefehle seien erlassen, aber außer
       Vollzug gesetzt.
       
       Bereits nach Flaschen- und Steinwürfen am Freitag waren 5 Haftbefehle
       erteilt worden. Die Connewitzer Linken-Landtagsabgeordnete Jule Nagel
       nannte die verhängten Haftbefehle „ziemlich krass“. Für die vorgeworfenen
       Straftaten sei das sehr ungewöhnlich.
       
       War Sonntag noch eine Demonstration in Leipzig „gegen Polizeigewalt“ von
       der Stadt verboten worden, wurde für Montagabend ein weiterer Aufzug
       erlaubt. Demonstriert werden sollte unter dem Motto „Grundrechte gelten
       auch in Leipzig“ – und zwar am Alexis-Schumann-Platz, dort, wo sich die
       Ereignisse vom „Tag X“ abspielten.
       
       5 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Soli-Demo-fuer-Lina-E/!5935934
 (DIR) [2] /Polizeieinsatz-in-Connewitz/!5935868
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Adefunmi Olanigan
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Linksextremismus
 (DIR) Leipzig-Connewitz
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Lina E.
 (DIR) GNS
 (DIR) Linksextremismus
 (DIR) Leipzig
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Lina E.
 (DIR) Schwerpunkt Antifa
 (DIR) Schwerpunkt Antifa
 (DIR) Lina E.
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Tag X in Leipzig: Polizei räumt Handlungsbedarf ein
       
       Das Urteil gegen Lina E. hat Leipzig in den Ausnahmezustand versetzt. Nach
       Kritik am Polizeieinsatz bemüht sich der Polizeipräsident um Transparenz.
       
 (DIR) Sondersitzung nach „Tag X“-Protest: Eine milde „Umschließung“?
       
       Die Polizeitaktik bei den Leipziger "Tag X"-Protesten nach der Verurteilung
       von Lina E. wird im Innenausschuss des Landtags kontrovers diskutiert.
       
 (DIR) Forschung zu Polizeigewalt: Viel Gegenwind
       
       Die Forschung zu Polizeigewalt macht trotz neuer Studien nur langsam
       Fortschritte. In Hamburg haben Gewerkschaften die Datenerhebung bisher
       blockiert.
       
 (DIR) Innenministerium zu linken Fahrgästen: Keiner will diskriminieren
       
       Das Innenministerium kennt kein Hilfegesuch der Bundespolizei an Bahnen,
       linke Fahrgäste zu melden. Das widerspricht Angaben der Bundespolizei.
       
 (DIR) Polizeieinsatz in Connewitz: Jenseits aller Verhältnismäßigkeit
       
       In Leipzig-Connewitz erwartete die Polizei am „Tag X“ mit einem absurd
       teuren Großaufgebot den ganz großen Krawall. Und der kam – wie auf
       Bestellung.
       
 (DIR) Soli-Demo für Lina E.: Was vom Tag X übrig bleibt
       
       Bei der linken Demo werden 1.000 Menschen von der Polizei eingekesselt, 50
       Beamte werden verletzt. Die Stadt verbietet eine weitere Demo am Sonntag.
       
 (DIR) Bundespolizei sucht nach Linken in Zügen: Schaffner sollten Dreadlocks melden
       
       Nach dem Urteil gegen Lina E. wollte die Bundespolizei Infos über linke
       Fahrgäste. Nordwestbahn entschuldigt sich für Liste mit
       Erkennungsmerkmalen.