# taz.de -- Ausreiseforderung aus Deutschland: Vater des Hanau-Täters droht Opfer
       
       > Monatelang bedrängt der Vater des Hanau-Attentäters das Opfer Serpil
       > Temiz Unvar. Nun fordert er sie auf, das Land zu verlassen und ihm Geld
       > zu geben.
       
 (IMG) Bild: Die Mutter des ermordeten Ferhet Serpil Temiz Unvar wird vom Vater des Attentäters bedroht
       
       BERLIN taz | Er gibt keine Ruhe. Seit Monaten bedrängt der Vater des
       Hanau-Attentäters, Hans-Gerd R., [1][die vom Anschlag betroffene Serpil
       Temiz Unvar]. Immer wieder tauchte er vor ihrer Wohnung auf. Nun fordert
       der 76-Jährige sie in Briefen auf, Deutschland zu verlassen – und ihm eine
       Millionensumme zu überweisen.
       
       Der [2][Sohn von Serpil Temiz Unvar, Ferhat], war bei dem rassistischen
       Anschlag von Hanau am 19. Februar 2020 erschossen worden – zusammen mit
       acht weiteren Menschen. Der Täter Tobias R. erschoss auch seine Mutter und
       schließlich sich selbst.
       
       Sein Vater, bei dem er zuvor gelebt hatte, sorgt [3][seit der Tat für
       Provokationen]. Er schrieb Briefe an Behörden, in denen er die Tatwaffe
       zurückforderte oder die Wiederfreischaltung der Webseite seines Sohnes, auf
       der dieser sein Tatmanifest verbreitet hatte.
       
       Die Hinterbliebenen nannte er „wilde Fremde“, Polizist:innen ein
       „Terrorkommando“. Zuletzt stellt er sich immer wieder mit seinem
       Schäferhund direkt vor das Küchenfenster von Serpil Temiz Unvar, die mit
       ihren drei Kindern nur wenige hundert Meter von ihm entfernt lebt.
       
       ## Der Vater droht, keine Ruhe zu geben
       
       Seit Mai schrieb Hans-Gerd R. die 47-Jährige nach taz-Informationen in
       Briefen direkt an, im Namen einer selbsternannten „Gedenkstätte R.“. Dort
       beklagt sich der Rentner über die Berichterstattung über sein Bedrängen von
       Temiz Unvar – und wirft der Mutter ein „Krakeelen“ und Verleumdungen vor,
       die ihm und der Bundesrepublik Deutschland „schweren Schaden zugefügt“
       hätten. Das Verhalten von Temiz Unvar werde „vom Deutschen Volk nicht
       akzeptiert“, droht Hans-Gerd R.
       
       Und weiter: „In aller Deutlichkeit, wenn Ihnen als Migrant das Land des
       Deutschen Volks zuwider ist, dann verlassen Sie es bitte, aber auch zügig,
       und gehen Sie bitte denkbar dorthin zurück, wo Sie hergekommen sind.“
       Schließlich erklärt der Rentner, Temiz Unvar und „ihre Gruppierungen“ seien
       „eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und für das
       Deutsche Volk“.
       
       Zudem erhebt Hans Gerd R. gegen die Mutter Forderungen wegen vermeintlicher
       Verletzungen seiner Persönlichkeitsrechte – in Höhe von 2,7 Millionen Euro.
       Er werde „nicht ruhen lassen“, bis Temiz Unvar die „erhobenen Forderungen
       beglichen“ habe, droht er. Auch die ARD berichtete über die Briefe.
       
       ## Weitere Verfahren gegen den Vater
       
       Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hanau bestätigte der taz, dass wegen
       der Briefe inzwischen gegen Hans-Gerd R. ermittelt werde. Die Stadt Hanau,
       die Temiz Unvar über die Briefe informiert hatte, hatte Strafanzeige wegen
       Volksverhetzung gestellt. „Es wurde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren
       eingeleitet“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zudem liefen
       derzeit drei weitere Ermittlungsverfahren gegen Hans-Gerd R. wegen falscher
       Verdächtigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Zu den Vorwürfen
       von R. gegen Temiz Unvar werde nicht ermittelt, betont die Sprecherin.
       
       Serpil Temiz Unvar sagte der taz, sie werde sich von den Einschüchterungen
       nicht unterkriegen lassen. Dem Vater wirft sie vor, das Gedankengut seines
       Sohnes geteilt zu haben und womöglich in die Anschlagsplanungen involviert
       gewesen zu sein. Temiz Unvar hatte nach der Tat die Bildungsinitiative
       „Ferhat Unvar“ gegründet, die Rassismus in Schulen und im Alltag bekämpfen
       will.
       
       Hans-Gerd R. war bereits im Oktober 2021 zu einer Geldstrafe wegen
       Beleidigungen in ersten wüsten Schreiben an Behörden verurteilt worden.
       Wegen seines Auftauchens vor der Wohnung von Temiz Unvar erhielt er ein
       Annäherungsverbot. Dieses brach er wiederholt und erhielt dafür einen
       Strafbefehl von 4.200 Euro. Als er diesen nicht bezahlte, musste R. im März
       [4][kurzzeitig eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten]. Die Staatsanwaltschaft
       zog dann Vermögen von ihm ein und ließ ihn wieder frei.
       
       Aber auch von den neuerlichen Ermittlungen scheint sich Hans-Gerd R. nicht
       beeindrucken zu lassen. Erst vor wenigen Tagen schickte er erneut einen
       Brief an Serpil Temiz Unvar. Auch dort beklagt er, er sei „kein
       Tätervater“, da sein Sohn beim Hanau-Attentat „nicht der Täter war“. Temiz
       Unvar wirft er erneut eine Verleumdung vor, mit einer neuen
       Schadensersatzforderung: 150.000 Euro.
       
       19 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Jahrestag-des-Attentats-von-Hanau/!5913795
 (DIR) [2] /Ein-Jahr-nach-Hanau/!5748572
 (DIR) [3] /Jahrestag-des-Attentats-von-Hanau/!5913795
 (DIR) [4] /Vater-des-Hanau-Attentaeters-in-Haft/!5919602
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Hessen
 (DIR) Attentat
 (DIR) Justiz
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Polizei Hessen
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kampf gegen Rassismus: Für ihn ist Hanau jeden Tag
       
       Vor vier Jahren ermordete ein Rechtsextremist in Hessen neun Menschen.
       Çetin Gültekin verlor seinen Bruder. Er fordert politische Konsequenzen.
       
 (DIR) Landtagswahl in Hessen: Das braune Herz des Westens
       
       NSU, der Anschlag in Hanau, Walter Lübcke: Immer wieder sorgen
       Rechtsextreme in Hessen für Hass und Terror. Im Wahlkampf spielt das kaum
       eine Rolle.
       
 (DIR) Angriff auf Menschen in Hessen: Wieder Schüsse in Hanau
       
       Ein junger Migrant wird in der hessischen Stadt niedergeschossen, die
       Staatsanwaltschaft sieht kein rassistisches Motiv – der Vater schon.
       
 (DIR) Untersuchungsausschuss zu Hanau: Der Notruf funktionierte nicht
       
       Hessens Innenminister Beuth wurde als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss
       vernommen. Er benannte Fehler, Polizeiversagen sah er aber nicht.
       
 (DIR) Attentat von Hanau: „Nicht an Aufklärung interessiert“
       
       Am Freitag tagt der Hanau-Untersuchungsausschuss zum letzten Mal
       öffentlich. Überlebende und Angehörige der Opfer ziehen eine fatale Bilanz.
       
 (DIR) Hanau-Betroffene über Vernetzung: „Wir können uns stärken“
       
       Serpil Temiz Unvar gründete nach dem Hanau-Attentat eine Bildungsstiftung.
       Nun reist sie, um sich mit anderen Terrorbetroffenen zu vernetzen.
       
 (DIR) Vater des Hanau-Attentäters in Haft: Ende der Renitenz
       
       Der Vater des Hanau-Attentäters bedroht seit Monaten eine Opferfamilie. Nun
       sitzt er in Haft – wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe.
       
 (DIR) Jahrestag des Attentats von Hanau: Es gibt keine Ruhe
       
       Vor drei Jahren tötete ein Rassist in Hanau zehn Menschen. Sein Vater
       bedroht heute die Hinterbliebene. Es ist nicht die einzige Klage der
       Betroffenen.