# taz.de -- EU-Beitrittsverhandlungen: Nicht in trockenen Tüchern
       
       > Bis zu Verhandlungen über den EU-Beitritt der Ukraine sind noch einige
       > Fragen zu klären. Ohnehin ist aktuell militärische Unterstützung
       > dringlicher.
       
 (IMG) Bild: Trotz aller Offenheit für einen EU-Beitritt der Ukraine, gilt es kritische Stimmen ernst zu nehmen
       
       Wie heißt es so schön: Knapp daneben ist auch vorbei. Immerhin bescheinigte
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der Ukraine Mitte der Woche,
       rund 90 Prozent des geforderten Reformpensums abgearbeitet zu haben, und
       empfahl, [1][Beitrittsverhandlungen mit Kyjiw] aufzunehmen. Dass in der
       Ukraine, einem Land im Krieg, bei Korruptionsbekämpfung,
       Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenschutz noch einiges im Argen liegt, ist
       auch in Brüssel ein offenes Geheimnis.
       
       Umso mehr gilt es, kritische Stimmen ernst zu nehmen. Dieser Schritt sei
       verfrüht, könne die EU vor unlösbare Aufgaben stellen und wecke unter den
       Ukrainer*innen Erwartungen, die nicht zu erfüllen seien, lauten einige
       Argumente. Doch Obacht: Hier dürfte es eine deutliche Schnittmenge mit
       denen geben, die die Ukraine am liebsten schon gestern an den
       [2][Verhandlungstisch mit Moskau] und damit faktisch zu einer Kapitulation
       gezwungen hätten – im Zweifel gegen den Angegriffenen.
       
       Unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung lief die Entscheidung im Falle
       Georgiens. Zumindest soll die Südkaukasusrepublik jetzt offiziell den noch
       2022 verweigerten Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Ein
       Placebo, das das Dilemma der EU einmal mehr deutlich macht und die eigene
       Glaubwürdigkeit massiv infrage stellt. Nicht nur, dass die Regierungspartei
       Georgischer Traum ihre Hausaufgaben für Brüssel nicht einmal in Ansätzen
       erledigt hat.
       
       Vielmehr sabotiert sie aktiv einen proeuropäischen Kurs, den eine
       [3][Mehrheit der Georgier*innen] weiter unterstützt. Dass der neue
       „Status“ zu einem Sinneswandel der Regierung führt, darf bezweifelt werden.
       Eine neue Anforderung an Tiflis lautet, die Außen- und Sicherheitspolitik
       mit der EU in Einklang zu bringen. Übersetzt heißt das: sich den Sanktionen
       gegen Russland anzuschließen. Doch was wäre die Alternative für Brüssel zum
       Gütesiegel „Status“ gewesen? Eine weitere Destabilisierung Georgiens zu
       riskieren.
       
       Wie weiter? Vor allem der viel beschworene historische Moment könnte sich
       für Kyjiw schon bald als bedeutungslose Floskel erweisen, wenn die Staats-
       und Regierungschefs im Dezember über die Frage beraten und ein einstimmiges
       Votum erforderlich ist. Ungarns Premier Viktor Orbán hat noch diese Woche
       erneut betont, dass die Ukraine auf Beitrittsverhandlungen mit der EU nicht
       vorbereitet sei. Er könnte nicht der einzige Quertreiber sein.
       
       Apropos Ukraine: Unabhängig von der Entscheidung des Rats ist die Frage, ob
       Kyjiw weiter [4][militärische Unterstützung] erhält, und zwar zeitnah.
       Angesichts eines zermürbenden Stellungskriegs heißt die Antwort: Das sollte
       sie. Andernfalls hat sich eine EU-Perspektive ohnehin erledigt.
       
       11 Nov 2023
       
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