# taz.de -- Regionalwahlen in Italien: Schlappe für Meloni
       
       > Bei den Wahlen auf Sardinien gewinnt die Kandidatin des Linksbündnisses –
       > trotz interner Konflikten. Das verdankt sie auch der Zerrissenheit der
       > Rechten.
       
       ROM taz | Eine herbe Schlappe für die Rechte, ein unerwarteter Sieg des
       Mitte-Links-Lagers: Die Regionalwahlen in Sardinien brachten ein
       einigermaßen überraschendes Resultat.
       
       Am Sonntag waren die Bürger der Insel an die Urnen gerufen, um in direkter
       Wahl den oder die künftige Präsident*in sowie das Regionalparlament zu
       bestimmen. Den ganzen Montag wurde ausgezählt, erst spät in der Nacht stand
       die Siegerin fest. Es ist die 55-jährige Alessandra Todde, die an der
       Spitze einer Allianz des Movimento5Stelle (M5S – Fünf Sterne), der gemäßigt
       linken Partito Democratico (PD), der radikal linken Alleanza
       Verdi-Sinistra, und diverser weiterer Listen angetreten war.
       
       Todde holte knapp über 45 Prozent und damit nur wenig mehr als ihr
       Gegenkandidat von der Rechten, der Postfaschist aus den Reihen von Giorgia
       Melonis Partei [1][Fratelli d’Italia (FdI)], der auf genau 45 Prozent kam.
       So knapp der Ausgang war, so wenig war er erwartet worden. Denn die Rechte
       – neben der FdI die Lega, Forza Italia und weitere kleine Gruppierungen –
       war absolut siegessicher in diese Wahl gegangen.
       
       Schließlich hatte sie bisher bereits in der Region regiert, und die
       sprachen für sie. Und in der Gewissheit, ein Heimspiel zu haben, leistete
       sich die Rechtsallianz im Vorfeld einen veritablen Bruderkrieg.
       Ministerpräsidentin Meloni nämlich wollte nichts davon wissen, den
       bisherigen Regionalpräsidenten – der Matteo Salvinis Lega nahesteht –
       wieder antreten zu lassen. Stattdessen setzte sie mit Paolo Truzzu einen
       Kandidaten aus ihrer eigenen Partei FdI durch.
       
       ## Spitzenkandidat mit Mussolini-Tattoo
       
       Bisher war der Mann Bürgermeister der Inselhauptstadt Cagliari. Dort fiel
       er nicht nur dadurch auf, dass er sich „Trux“ auf seinen Unterarm hatte
       tätowieren lassen – eine Synthese aus seinem Namen und Dux, sprich dem Duce
       Mussolini. Vor allem gelang es Truzzu in fünf Jahren Amtszeit, zu einem der
       unpopulärsten Bürgermeister Italiens zu werden. Dennoch boxte Meloni die
       Kandidatur des jahrzehntelang treuen, postfaschistischen Weggefährten durch
       – in der Sicherheit, dass die Wahl gar nicht zu verlieren war.
       
       Schließlich hatte sich zuvor auch das Mitte-Links-Lager wieder einmal
       gespalten. Und auch wenn die Fünf Sterne und die PD letztlich zu einer
       Allianz zusammenkamen, mussten sie gegen eine eher linke Konkurrenzliste
       anzukämpfen. Denn Renato Soru von der PD – er hatte Sardinien in den Jahren
       2004 bis 2009 regiert – wollte sich nicht damit abfinden, dass seine Partei
       ihn diesmal nicht aufstellen wollte. Die logische Konsequenz: Mit einer
       eigenen Gruppierung ins Rennen gehen, zur Freude der Meloni-Rechten.
       
       Doch aus dem einfachen Sieg der Rechten wurde nichts. Denn Wahlgewinnerin
       Alessandra Todde stellte die soziale Misere der Insel mit hoher
       Arbeitslosigkeit und einem abgewirtschafteten Gesundheitswesen in den
       Mittelpunkt – das zog. Sie ist nun die erste Frau, die Sardinien regiert,
       und die erste Fünf-Sterne-Politikerin, die es überhaupt zur Präsidentin
       einer Region brachte.
       
       Neben ihr dürfen sich allerdings auch [2][Elly Schlein, nationale
       Vorsitzende der PD], sowie der Fünf-Sterne-Chef Giuseppe Conte als
       Sieger*innen fühlen. Schlein setzte die Allianz mit dem M5S auch gegen
       starke innerparteiliche Widerstände durch. Ihre Gegenspieler in der PD
       warteten nur darauf, dass die Vorsitzende mit ihrer Linie in Sardinien
       Schiffbruch erlitt. Das Gegenteil ist passiert.
       
       ## Auch in den Abruzzen hoffen die Linken auf einen Sieg
       
       Unruhig wird es dagegen in der Rechten werden. Dort wird sich Matteo
       Salvinis Konkurrenzkampf gegen die ihm im Bündnis übermächtig erscheinende
       Meloni weiter verschärfen.
       
       Zur nächsten Probe kommt es am 10. März bei den [3][Regionalwahlen] in den
       Abruzzen. Auch dort treten PD und Fünf Sterne geeint an – und auch dort
       hoffen sie auf einen Überraschungssieg gegen die in der Region regierende
       Rechte. Giuseppe Conte jedenfalls kommentierte den Sieg in Sardinien mit
       den Worten „beim Essen kommt der Appetit“.
       
       27 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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