# taz.de -- Neues Bündnis in Italien: Einheit gegen Giorgia Meloni
       
       > In Italien verbünden sich die traditionell zerstrittenen Parteien des
       > Mitte-links-Lagers gegen die Rechtsregierung von Ministerpräsidentin
       > Meloni.
       
 (IMG) Bild: Giorgia Meloni schaut skeptisch rüber zum Mitte-links-Bündnis
       
       Quer durchs Land waren sie am letzten Wochenende zu sehen: Die Tische, an
       denen so gut wie alle Parteien des italienischen Mitte-links-Lagers
       Unterschriften gegen eine wichtige Reform der Rechtsregierung unter Giorgia
       Meloni sammelten. Nächstes Wochenende soll die Aktion weitergehen, und im
       August wollen die Oppositionsparteien auch an die Strände ziehen, um die
       500.000 nötigen Unterschriften zu sammeln.
       
       Die Reform soll in Zukunft Schul-, Gesundheits- und Energiepolitik, aber
       auch Verkehrsplanung und Industriepolitik den Regionen überantworten. In
       dem ökonomisch und sozial gespaltenen Land fürchten viele, dass damit die
       [1][Kluft zwischen dem prosperierenden Norden und dem abgehängten Süden]
       noch weiter wachsen wird.
       
       Ungewöhnlich ist dabei, dass diesmal fast das ganze Mitte-links-Lager an
       einem Strang zieht, von der radikal linken Alleanza Verdi Sinistra (AVS –
       Grün-Linke Allianz) über die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) und
       die Fünf Sterne bis hin zu den kleinen Mitte-Parteien +Europa und Italia
       Viva. Damit sitzen Kräfte in einem Boot, die sich in der Vergangenheit
       immer wieder bekämpft und so auch [2][2022 Melonis Wahlsieg ermöglicht
       hatten].
       
       ## Spaltung ebnete Meloni den Weg
       
       Melonis Rechtsallianz holte damals 44 Prozent der Stimmen, alle
       Mitte-links-Parteien insgesamt 47 Prozent. Doch während die Rechte geeint
       angetreten war, präsentierte sich das Mitte-links-Lager gespalten in drei
       Formationen: die PD im Bund mit AVS, die Fünf Sterne allein, Italia Viva im
       Pakt mit einer anderen kleinen Mitte-Partei. Und da in Italien mehr als ein
       Drittel der Parlamentssitze in Personenwahlkreisen vergeben werden, räumte
       die Rechte dort ab und hat heute mit 44 Prozent der Wahlstimmen 60 Prozent
       der Sitze in Abgeordnetenhaus und Senat.
       
       Die Spaltungen haben eine lange Tradition. Matteo Renzi, bis 2018
       PD-Vorsitzender, hatte 2019, angesichts des Linksrucks der PD, seine eigene
       Kleinpartei Italia Viva gegründet. Auf der anderen Seite hatten sich PD und
       Fünf Sterne über Jahre in gegenseitigem Hass verbunden gezeigt. Zwar hatten
       sie von 2019 bis 2022 gemeinsam in der Regierung gesessen, dann aber vor
       den Parlamentswahlen 2022 wieder den Bruch vollzogen.
       
       [3][Elly Schlein, seit Februar 2023 amtierende PD-Vorsitzende], darf für
       sich beanspruchen, an der Überwindung der Gräben zu arbeiten. Die
       38-jährige erklärte Renzi-Gegnerin mit klarem linkem Profil schaffte es, in
       der eigenen Partei zum ersten Mal seit rund 10 Jahren wieder Einigkeit
       herzustellen. Und sie arbeitet genauso beharrlich daran, das gesamte
       Oppositionslager zu einen.
       
       ## Einheit auf dem Fußballfeld
       
       „Stur für die Einheit“ sei sie, erklärt Schlein immer wieder, und gemeinsam
       mit den Fünf Sternen und der radikal linken AVS trieb sie in den letzten
       Monaten Kampagnen für den gesetzlichen Mindestlohn und gegen die Kürzungen
       im öffentlichen Gesundheitswesen voran. Ihr Rezept: „Keine Personalismen,
       sondern Themen“ müssten im Mittelpunkt des Dialogs zwischen den
       Mitte-links-Parteien stehen.
       
       Die Rechnung scheint aufzugehen. Bei der jetzt begonnenen
       Unterschriftensammlung ist plötzlich auch Matteo Renzi im Boot. Letzte
       Woche hatte er, der immer gegen Schlein und den Fünf-Sterne-Chef Giuseppe
       Conte polemisiert hatte, in einem Zeitungsinterview überraschend erklärt,
       das Bündnis mit PD und Fünf Sternen sei „die einzige Alternative, wenn wir
       nicht auf Jahre Giorgia Meloni behalten wollen“.
       
       Zumindest auf dem Fußballfeld funktioniert das Schema Campo largo, das
       „breite Feld“ bereits. Als letzte Woche bei einem Benefizspiel eine
       Politiker*innenmannschaft gegen ein Team von italienischen Popstars
       antrat, spielten Schlein, Conte und Renzi gemeinsam im Sturm, samt von
       Schlein auf Steilvorlage von Renzi geschossenem Tor. Das wurde zwar wegen
       Abseits aberkannt – doch die beiden umarmten einander, als hätten sie immer
       schon davon geträumt, endlich zusammen auf Sieg zu spielen.
       
       22 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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