# taz.de -- Italiens erste Regierungschefin: Tutto benissimo bei Georgia Meloni
       
       > Die Jahresbilanz von Italiens rechtsradikaler Ministerpräsidentin fällt
       > sehr positiv aus, Misserfolge werden umgedeutet und weggelächelt.
       
 (IMG) Bild: Georgia Meloni am Donnerstag bei ihrer Pressekonferenz in Rom
       
       ROM taz | Weiter so! Auf diese Kurzformel lässt sich die Bilanz bringen,
       die Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni auf ihrer Pressekonferenz
       zum Jahresauftakt präsentierte: Die Rechtsregierung mache alles richtig,
       sowohl bei der Flüchtlings-, der Wirtschafts- oder der Europapolitik. Und
       im Jahr 2024 werde sie ihr rechtes Profil weiter schärfen.
       
       Eigentlich hätte Meloni schon am 21. Dezember vor die Presse treten sollen,
       um das abgelaufene Jahr zu kommentieren. Doch eine Influenza hatte das
       verhindert, mit dem Effekt, dass gleich zwei seitdem aufgekommene Fragen
       auf der Agenda landeten, die für Meloni einigermaßen unangenehm sind: ein
       Korruptionsverfahren, das ihren Koalitionspartner, den [1][Minister für
       Infrastrukturen sowie Lega-Chef Matteo Salvini], streift, und ein Vorfall
       in der Neujahrsnacht. Da hatte der Abgeordnete Emanuele Pozzolo von Melonis
       Partei Fratelli d’Italia mit einem Pistolenschuss einen Partygast verletzt.
       
       Beide Probleme lächelte Meloni weg und setzte damit den Ton der gesamten
       Pressekonferenz. Der schießwütige Abgeordnete: Sein Gebaren sei einfach
       „unverantwortlich“ gewesen. Deshalb werde seine Parteimitgliedschaft sofort
       auf Eis gelegt, auch werde sein Parteiausschluss geprüft. Die Frage
       hingegen, wie Melonis Partei ihre Führungsfiguren auswählt – Pozzolo fiel
       in den Vorjahren als Mussolini-Verehrer wie als Impfgegner auf –,
       beantwortete sie gleich gar nicht.
       
       Ähnlich ausweichend war ihre Antwort auf die Nachfrage nach dem jetzt
       aufgekommenen Korruptionsskandal. Hier geht es um Mega-Aufträge der
       staatlichen und damit Salvinis Infrastrukturministerium unterstehenden
       Gesellschaft Anas. Die verwaltet das Straßennetz Italiens.
       
       ## Meloni verteidigt Salvini bei Skandal in seinem Umfeld
       
       Die Hauptbeschuldigten sind Denis und Tommaso Verdini, Vater und Bruder der
       Lebensgefährtin Salvinis, der bisher eisern schweigt. Dem schloss sich
       jetzt auch Meloni an, schließlich werde gegen Salvini bisher nicht
       ermittelt.
       
       Auch sonst ist für Meloni alles in Butter. Beispiel Flüchtlingspolitik:
       Natürlich sei sie „unzufrieden“ damit, dass im Jahr 2023 157.000
       Migrant*innen übers Mittelmeer nach Italien kamen, viel mehr als in den
       Vorjahren. Doch sie arbeite an langfristigen Lösungen „in Afrika“, um
       künftig Fluchten nach Italien zu verhindern, durch
       Entwicklungszusammenarbeit wie durch Einrichtung von Auffanglagern an der
       Südküste des Mittelmeers.
       
       Die Frage nach dem schikanösen Umgang mit den NGOs, deren Schiffen
       regelmäßig Häfen weit im Norden Italiens zugewiesen werden, beantwortete
       sie mit keinem Wort.
       
       Ihre Strategie war, den Ball flach zu halten und Misserfolge einfach in
       Erfolge umzudeuten, wie etwa auf dem Feld der [2][Übergewinnsteuer für die
       Banken]. Die war ein Schlag ins Wasser.
       
       ## Meloni fiel in Europa bisher nicht als Störenfried auf
       
       Bisher ist ihre seit Oktober 2022 amtierende Regierung nicht – auf der Spur
       von Ungarn oder bis vor Kurzem Polens – als rechtspopulistischer
       Störenfried in Europa aufgefallen. Doch es gibt erste Zeichen, dass sich
       dies ändern könnte.
       
       Nicht nur lehnte Italiens Parlament es im Dezember ab, den Europäischen
       Stabilitätsmechanismus zu modifizieren. Es weigert sich auch, die
       Bolkestein-Richtlinie der EU zum freien Wettbewerb komplett umzusetzen, und
       will weiter die Strandlido-Betreiber vor Ausschreibungsverfahren schützen –
       beides für Meloni kein Problem.
       
       Ebenso ist es für sie kein Problem, im neuen Jahr Verfassungsreformen zu
       beginnen, die Italiens rechten Umbau vorantreiben sollen. Oben auf ihrer
       Agenda steht, wie sie am Donnerstag betonte, die Einführung der Direktwahl
       des Ministerpräsidenten. Es ist ein alter Traum der Rechten, dass endlich
       mit plebiszitärem Mandat „durchregiert“ wird.
       
       4 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Strompolitik-in-Italien/!5962732
 (DIR) [2] /Uebergewinnsteuer-in-Italien-unwirksam/!5971179
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Italien
 (DIR) Giorgia Meloni
 (DIR) Matteo Salvini
 (DIR) Bootsflüchtlinge
 (DIR) Seenotrettung
 (DIR) Italien
 (DIR) Schwerpunkt Europawahl
 (DIR) Abschiebung
 (DIR) Italien
 (DIR) Giorgia Meloni
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Krippe
 (DIR) Punkrock
 (DIR) Italien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Verfassungsreform in Italien: Der autoritäre Traum der Rechten
       
       Italiens Senat beschließt eine Verfassungsreform, mit der die Position der
       postfaschistischen Regierungschefin Giorgia Meloni massiv gestärkt würde.
       
 (DIR) Von der Leyen und Meloni: Liebe auf den zweiten Blick
       
       EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Italiens Ministerpräsidentin
       Meloni scheinen sich prächtig zu verstehen. Sie brauchen einander.
       
 (DIR) Migrationspolitik in der EU: Grünes Licht für Melonis Lager
       
       Das albanische Verfassungsgericht gibt den Weg frei für ein
       Migrationsabkommen: Italien darf Geflüchtete an der albanischen Küste
       aussortieren.
       
 (DIR) Zentralstaat und Regionen in Italien: Die Lega setzt sich durch
       
       Italiens Senat beschließt eine Staatsreform zur Stärkung der reichen
       Regionen. Damit dürften staatliche Leistungen weiter auseinanderfallen.
       
 (DIR) Italienischer Politiker schießt Mann an: Partyschreck mit Revolver
       
       Ein Abgeordneter der Regierungspartei soll an Silvester einen Partygast mit
       seinem Revolver angeschossen haben. Seine Chefin Meloni ist sauer.
       
 (DIR) Frankreichs Premierminister wechselt: Neues Jahr, neue Regierung
       
       Nach Tagen der Spekulation tauscht Präsident Macron nun Premierministerin
       Élisabeth Borne aus. Wer ihr nachfolgt, soll am Dienstag bekannt gegeben
       werden.
       
 (DIR) Weihnachtskrippen in Italien: Canceln auf Italienisch
       
       Nicht nur Deutschlands Rechte fürchten das Ende traditioneller
       Weihnachtsbräuche. Italienische Politiker machen sich für ein
       Krippen-Schutzgesetz stark.
       
 (DIR) Musik-Subkultur in Palermo: Als Punk überlebenswichtig wurde
       
       Palermo war lange von existenzieller Gewalt geprägt. Gerade deshalb
       entstand in der Metropole Siziliens eine der lebendigsten Musikszenen
       Europas.
       
 (DIR) Flüchtlingsdeal mit Albanien: Italien setzt auf Abschreckung
       
       Die Flüchtlingszahlen in Italien steigen. Die Regierung will nun eine
       restriktivere Unterbringung und vorgelagerte Asylzentren in Albanien.