# taz.de -- Omas gegen rechts: Übersehene Feministinnen
       
       > Die Omas gegen rechts sind derzeit die größte Frauenbewegung auf der
       > Straße. Zeit wird es, sie auch in die politischen Diskussionsrunden
       > einzuladen.
       
 (IMG) Bild: Im antifaschistischen Einsatz: die Omas gegen rechts
       
       Sie tragen bunte Mützen oder Regenschirme. In den Händen halten sie
       schlichte Schilder, Schwarz auf Weiß steht dort, wer sie sind: Omas gegen
       rechts. Auf einem Transparent der Omas gegen rechts in Köln stand auch
       einmal: „Alerta, alerta, Omas sind härter.“ Und die Omas sind wirklich hart
       – im Sinne von präsent und ausdauernd. Ist irgendwo eine Demo gegen die AfD
       – die Omas gegen rechts sind da. Ist [1][Klimastreiktag] – die Omas gegen
       rechts sind da. Ist große Solidaritätskundgebung für die Frauen im Iran –
       die Omas gegen rechts sind da.
       
       2017 wurden die Omas gegen rechts von Monika Salzer [2][in Österreich] ins
       Leben gerufen – als Reaktion auf die rechtspopulistische
       Regierungskoalition unter Sebastian Kurz in Österreich. Sie setzten sich
       bunte Mützen auf, zum Teil auch Pussyhats, jene pinken Strickmützen, die
       US-Amerikaner*innen Anfang 2017 zum Amtsantritt von Donald Trump auf
       Demonstrationen einführten.
       
       Als gegen Trump hunderttausende Frauen in allen möglichen Städten auf die
       Straße gingen, wurde immer wieder darüber gesprochen, ob dies der Beginn
       einer Revitalisierung der Frauenbewegung sei. Tatsächlich folgte im Herbst
       desselben Jahres die #metoo-Bewegung, die sich aber nie auf der Straße
       manifestierte. Stattdessen kamen die Omas und lange hat sie niemand richtig
       ernst genommen.
       
       Für viele sind die Omas gegen rechts nur ein paar süße alte Damen, die noch
       mal ein bisschen politisch aktiv sein wollen. Dabei sind sie eine
       hochgradig politische Gruppe, die eine sehr starke und belastbare
       Organisationsstruktur hat. 2018 meldete [3][Anna Ohnweiler], Mitgründerin
       der Initiative Omas gegen rechts in Deutschland, eine Facebookgruppe der
       Omas an. Mittlerweile, schätzt Ohnweiler, gibt es über 150 Regionalgruppen
       und etwa 30.000 Mitglieder in Deutschland.
       
       Zum Vergleich: Die deutsche Frauenorganisation Terre des Femmes hat etwa
       2.000 Mitglieder.
       
       ## Alles andere als gebrechliche alte Damen
       
       Im Sommer 2024 findet das erste Bundestreffen der Omas statt. Denn
       mittlerweile sind die Omas überall und die Bewegung wächst weiter. In
       Neubrandenburg will sich eine an die Omas angelehnte Gruppe gründen. Gerade
       erst entstand in Duisburg eine Gruppe, beim ersten Treffen sind laut
       Westdeutscher Allgemeinen Zeitung schon 60 Personen dabei gewesen.
       Ortsgruppen entstehen permanent – in Neustadt, Düren, Geislingen, Döbeln
       und weiteren Orten.
       
       Oft klingt in Medienberichten über sie die schiere Faszination durch, mit
       der die Omas ja auch bewusst spielen: Diese alten Damen sind alles andere
       als hilfsbedürftige und gebrechliche Omas – sie sind stark genug, um
       unserer Demokratie auf die Beine zu helfen.
       
       Das politische Ziel der Omas gegen rechts ist die Stärkung der Demokratie
       und des Rechtsstaats. Sie stehen auf gegen Rassismus, Antisemitismus,
       Islamfeindlichkeit, Verschwörungsideologien und ein für Toleranz, Vielfalt
       der Kulturen – und für die Rechte von Frauen. Die Omas gegen rechts sind de
       facto die stärkste Frauenbewegung, die wir gerade haben.
       
       Oder fällt Ihnen eine andere Gruppe in Deutschland ein, in der tausende
       Frauen sich zusammenschließen und jede Woche gegen Antifeminismus auf die
       Straße gehen?
       
       ## Rassismus und Sexismus der AfD zusammen erkennen
       
       Die schlauen Omas wissen, was [4][eine AfD mit zu viel Macht] anrichten
       kann. Sie wissen noch, dass „die guten alten Zeiten“ für Frauen eine
       weniger selbstbestimmte Zeit waren, vor allem im Westen. Wenn Maximilian
       Krah, Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, sagt, die Zukunft hänge
       daran, „dass echte, mutige und gesunde Männer und Frauen viele Kinder
       haben“, hören weise Frauen die Glocken der staatlichen Geburtenpolitik
       schrill läuten.
       
       Dass rechtsextreme Politik auch antifeministische Politik ist, haben die
       Omas gegen rechts längst verstanden: Unter der Rubrik „Materialien“ findet
       sich auf der Webseite der Omas gegen rechts ein PDF mit dem Titel „Wie
       frauenverachtend ist die AfD?“ Dort listen die Omas Zitate von
       AfD-Politikern. Etwa von Johannes Normann: „Ein Land, das jeden rein lässt,
       wird genauso ‚geachtet‘ wie eine Frau, die jeden ran lässt.“ Besser könnte
       man die Verbindung von Rassismus und Sexismus gar nicht textlich
       verdichten. Die Omas schreiben am Ende des Infoblattes: „Wir Omas gegen
       rechts werden nicht zulassen, dass die AfD den über hundertjährigen Kampf
       um Gleichberechtigung und Gleichstellung zerstört und ihr reaktionäres,
       frauenverachtendes Weltbild in unserer Gesellschaft umsetzt. Wir werden
       uns für die Rechte der Frau einsetzen – unterstützen Sie uns dabei!“
       
       Die Omas gegen rechts sind feministisch. Ihr Antrieb ist glasklar der
       Rechtsruck in Deutschland – als dessen Ergebnis sich „ein aggressiver
       Anti-Feminismus rechtspopulistischer Färbung ausbreitet“. So steht es auf
       der Seite der Omas gegen rechts in Berlin. Die Gruppe dort hat eine eigene
       AG Feminismus, in der die Frauen sich etwa mit der Frage beschäftigen, wie
       sie die Theorie des Feminismus in praktisches Handeln umsetzen können.
       Dabei sind die Omas aber sehr inklusiv. Es dürfen auch Opas mitmachen und
       natürlich muss niemand biologische Enkel nachweisen, um Mitstreiter*in
       zu werden.
       
       ## Stabiler politischer Kompass
       
       Vor unser aller Augen hat sich in den vergangenen sechs Jahren die wohl
       größte Frauenbewegung der deutschen Gegenwart zusammengetan. Auf jeder
       Demonstration für die Demokratie trifft man heute die Omas gegen rechts an,
       sie sind nahezu unumgänglich.
       
       Warum also werden sie eigentlich nicht zu Markus Lanz und Co eingeladen?
       Dort sitzen schließlich auch Klimaaktivist*innen und
       Landwirt*innen – aber eben noch keine Omas. Zeit wird es.
       
       Die Omas haben einen stabilen politischen Kompass. Sie haben Ausdauer,
       Erfahrung, Zeit und Kraft. Die Omas sind die feministische Antwort auf den
       Rechtsruck – ladet sie ein!
       
       26 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gottschalk
       
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