# taz.de -- Islamistischer Terror in Deutschland: Gefährder im Blick, Lage im Griff
       
       > Die Bundesregierung sieht sich ganz gut gewappnet gegen islamistischen
       > Terror in Deutschland. Die Behörden gehen aktuell von 483 Gefährdern aus.
       
 (IMG) Bild: Polizisten bei einem Anti-Terror-Einsatz in Berlin
       
       BERLIN taz | Das Bundesinnenministerium (BMI) sieht Deutschland
       grundsätzlich gut gewappnet gegen einen islamistischen Terroranschlag. Die
       Behörden seien wachsam, hätten die islamistische Szene seit Langem auf dem
       Schirm und die Sicherheitsvorkehrungen seien hoch, so ein Sprecher von
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag in der
       Bundespressekonferenz. Die Gefährdungseinschätzung habe sich durch den
       [1][Terrorangriff in einem Kulturzentrum bei Moskau] nicht verändert.
       „Diese war bereits vorher hoch“, so der Sprecher.
       
       Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei die
       islamistische Szene insgesamt noch stärker im Fokus der
       Sicherheitsbehörden. Das zeigten unter anderem die Verbote von Hamas und
       Samidoun, einer palästinensischen Gruppierung.
       
       Für die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft würden die
       Sicherheitsmaßnahmen fortlaufend angepasst, so das Innenministerium. Um
       solche Großereignisse herum müssen sich die Menschen in der Regel auf
       Grenzkontrollen einstellen. Faeser hatte bereits im Februar angekündigt,
       dass Deutschland Kontrollen zu allen Nachbarstaaten einführen werde. Eine
       endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, so ihr Sprecher am
       Montag.
       
       Der im Januar vorgestellte Leitfaden für die Sicherheit rund um die EM
       sieht zudem eine intensive Kooperation mit den Sicherheitsbehörden der
       Teilnehmer-, Anrainer- und Transitländer vor. Auch auf Cyberangriffe sowie
       schwere Katastrophen und Unwetter bereitet man sich vor.
       
       ## Verhaftung vor Anschlag mit Schusswaffen
       
       Die Gefahr, die vom „Islamischen Staat“ und seinem Ableger „Provinz
       Khorasan“ ausgeht, hält Faeser für akut. „Vom ISPK geht derzeit auch in
       Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus“, sagte sie am
       Wochenende der Süddeutschen Zeitung.
       
       In Gera waren erst in der vergangenen Woche [2][zwei afghanische
       Terrorverdächtige verhaftet worden]. Sie sollen im Namen des ISPK einen
       Anschlag mit Schusswaffen auf das schwedische Parlament geplant haben. Auch
       die rund um Weihnachten und Silvester festgenommenen Männer, die Anschläge
       auf den Kölner Dom und den Wiener Stephansdom vorbereitet haben sollen,
       werden demnach dem afghanischen IS-Ableger zugerechnet.
       
       Die deutschen Sicherheitsbehörden zählen aktuell 483 islamistische
       Gefährder in Deutschland. Der Begriff stammt aus dem Polizeisprech und
       bezeichnet nach Auskunft des BMI eine Person, „zu der bestimmte Tatsachen
       die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von
       erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der
       Strafprozessordnung, begehen wird.“ Die Einstufung, ob eine Person als
       Gefährder gilt, nehmen die zuständigen Länderpolizeien auf Basis ihrer
       Erkenntnisse vor.
       
       Gleichzeitig gibt es auch noch den Kreis der „relevanten Personen“. Zu
       denen zählen auch Kontaktpersonen von Gefährdern, Unterstützer, Logistiker,
       aber auch Akteure und Führungspersonen.
       
       ## Kreis potenzieller Unterstützer weitaus größer
       
       Davon abzugrenzen ist das sogenannte islamistische Personenpotenzial, ein
       Begriff der Verfassungsschutzbehörden, teilt das BMI auf Anfrage der taz
       mit. Diese Gruppe „setzt sich aus den Mitglieder- und Anhängerzahlen der
       einzelnen Beobachtungsobjekte“ des Bundesamts für Verfassungsschutz im
       Bereich ‚Islamismus / islamistischer Terrorismus‘ zusammen.“ Insgesamt
       ergebe sich für das Jahr 2022 ein im Vergleich zum Vorjahr um rund 2,9
       Prozent verringertes Potenzial von 27.480 Personen.
       
       Nicht zu allen Personen aus dieser Gruppe lägen individuelle Erkenntnisse
       vor, teilt das BMI mit. Für die Zuordnungen seien nicht ausschließlich
       formelle Mitgliedschaften maßgeblich.
       
       Die Kriterien für ihre Einstufung legen die Sicherheitsbehörden nicht
       offen, denn dadurch „könnte die entsprechende Szene ableiten, welche
       Umstände/Verhaltensweisen zur Zurechnung einer Person zum
       Terrorismuspotential führen, und dieses Wissen nutzen, um einer Erfassung
       durch die Verfassungsschutzbehörden zu entgehen“, heißt es [3][in einer
       Antwort der Bundesregierung] auf eine Anfrage der AfD.
       
       25 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /IS-Terrorattentat-von-Moskau/!5999858
 (DIR) [2] /Festnahme-von-Islamisten-in-Gera/!5999395
 (DIR) [3] https://dip.bundestag.de/drucksache/auf-die-kleine-anfrage-drucksache-20-2127-begriffskategorie-terroristisches-personenpotenzial/261469
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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