# taz.de -- Streit um Migrationsgesetz in den USA: Texas pocht auf Selbstverteidigung
       
       > Texas will in Eigenregie Migranten abschieben, was eigentlich
       > US-Bundesbehörden obliegt. Mittwoch debattierten beide Seiten vor
       > Gericht.
       
 (IMG) Bild: Richtung USA: Migrant:innen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA am Mittwoch
       
       WASHINGTON taz | Der Rechtsstreit über ein kontroverses neues Gesetz in
       Texas geht in die nächste Runde. Nachdem der amerikanische Supreme Court in
       dieser Woche das Gesetz kurzfristig genehmigt hatte, [1][stoppte ein
       Berufungsgericht es nur wenige Stunden später wieder]. Am Mittwoch hörten
       sich die Richter des zuständigen Berufungsgerichts dann die Argumente der
       beiden Seiten an. Wann es zu einem Urteil kommen wird, steht noch nicht
       fest.
       
       Der rechtliche Schlagabtausch zwischen der Regierung von US-Präsident Joe
       Biden und der texanischen Regierung um den republikanischen Gouverneur Greg
       Abbott ist nur eine weitere Eskalation in einem Streit, der seit Jahren
       anhält. Abbott wirft der Bundesregierung vor, die eigenen Gesetze nicht
       anzuwenden und damit zur Migrationskrise an der Südgrenze des Landes
       beizutragen.
       
       Die Regierung in Washington kontert, dass es die Unterstützung des
       Kongresses brauche, um das „kaputte“ Einwanderungssystem im Land zu
       verändern. Beide Aussagen sind nicht falsch. Biden könnte durchaus härter
       durchgreifen – Ex-Präsident Donald Trump hatte dies mit Dekreten versucht
       –, und eine Gesetzesreform muss vom Kongress abgesegnet werden. Doch
       politisch ist beides unwahrscheinlich, besonders in einem Wahljahr.
       
       Im vergangenen Haushaltsjahr griffen US-Grenzschützer mehr als 2,4
       Millionen Menschen beim Versuch auf, illegal in das Land zu gelangen. Das
       war ein neuer Rekord. Sowohl Demokraten als auch Republikaner sind sich
       einig, dass sich etwas ändern muss. Doch wie so oft in der US-Politik gehen
       die Lösungsansätze stark auseinander.
       
       Die Untätigkeit in Washington hatte Texas dazu bewegt, im Dezember ein
       neues Gesetz zu verabschieden, das es lokalen Polizeibehörden erlauben
       würde, Personen, die der unerlaubten Einreise verdächtigt werden, zu
       stoppen und zu verhaften. Es würde außerdem texanische Richter ermächtigen,
       illegale Einwanderer abzuschieben.
       
       Dies ist eine Aufgabe, die normalerweise Bundesorganen wie der
       Grenzschutzbehörde CPB obliegt. Die Bundesregierung hatte gegen das Gesetz
       rechtliche Schritte eingeleitet. Die rechtlichen Querelen haben das Gesetz,
       welches das Kürzel SB4 besitzt, zu einem nationalen Thema gemacht. Texas
       hat am Dienstag vor dem Berufungsgericht in New Orleans seine Position
       erneut vertreten.
       
       Am Ende dürfte der Supreme Court entscheiden 
       
       „Texas hat das Recht, sich zu verteidigen“, sagte der texanische
       Generalstaatsanwalt Aaron Nielson während der knapp einstündigen Anhörung.
       Er fügte hinzu, dass ein Bezirksgericht bereits anerkannt habe, dass
       „Kartellmitglieder manchmal die Grenze mit böswilliger Absicht
       überschreiten“.
       
       Die Vorsitzende Richterin des Berufungsgerichts Priscilla Richman zeigte
       sich dem Gesetz gegenüber skeptisch, da Bundesstaaten keine Befugnisse
       hätten, Menschen aus den USA abzuschieben.„Dies ist meiner Meinung nach das
       erste Mal, dass ein Staat behauptet, er hätte das Recht, illegale
       Einwanderer abzuschieben“, sagte die Richterin.
       
       Die texanische Seite erwiderte, dass der Bundesstaat mit seinem Gesetz
       versuche, die Bundesgesetze zu untermauern. „Wir versuchen sicherzustellen,
       dass der Kongress, der die nationalen Einwanderungsgesetze festlegt, diese
       Gesetze befolgt, und in dem Maße, in dem wir Bundesgesetze nicht
       durchsetzen können – was wir nicht behaupten – wir die gleichen Gesetze auf
       Landesebene haben“, sagte Nielson.
       
       Egal wie das Berufungsgericht entscheidet: Es wird erwartet, dass am Ende
       der Supreme Court eine Entscheidung über die Zulässigkeit dieses Gesetzes
       treffen muss.
       
       Zoff im Migrationsgesetz spielt Trump in die Karten 
       
       Neben dem Gesetz hat die Landesregierung in Texas auch andere Maßnahmen
       ergriffen, um den Grenzübertritten von Migranten über die Südgrenze Einhalt
       zu gebieten. Im Januar schickte Abbott die texanische Nationalgarde in die
       Grenzstadt Eagle Pass, um dort die Einwanderung unter Kontrolle zu bringen.
       
       Die [2][Migrationskrise ist auch im Wahlkampf] zwischen Trump und Biden ein
       Topthema. Der Ex-Präsident und sein Team wollen die Themen Immigration und
       Grenzsicherheit daher bis zur Wahl im November in den Schlagzeilen halten,
       da sie davon ausgehen, dass die US-Bevölkerung Biden die Schuld an der
       aktuellen Situation gibt. Umfragen scheinen dies zu bestätigen. Ein
       anhaltender Rechtsstreit zwischen Texas und der Bundesregierung könnte
       daher Trump in die Karten spielen.
       
       20 Mar 2024
       
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